Groß war der Schock bei Klaus Koros aus Bodolz im schwäbischen Landkreis Lindau am Samstag.
Als er frühmorgens nach seinen Rindern schaute, hatte er wohl mit einigem gerechnet, aber nicht mit dem Bild, das sich ihm bot.
Zwei tote Kälber
Bereits von Weitem sah er einen schwarzen Fleck auf der Weide. Er dachte gleich an ein neugeborenes Kalb. Unter den zwölf Aberdeen Angus befanden sich nämlich einige trächtige Kühe, die Nachwuchs erwarteten. Das Kälbchen war auf den ersten Blick unversehrt. Nur die Nabelschnur war etwas angefressen.
Auf dem Weg zurück über die Weide entdeckte er schließlich einen zweiten schwarzen Punkt im Gras. Ein zweites Kalb. "Da lag allerdings nur die Hälfte da", erzählt Koros gegenüber VOL.AT. Zuerst sah er nur Kopf, Brustkorb und Vorderbeine – Hinterbeine und Hautreste lagen 20 Meter weiter.
Wirbelsäule war durchgebissen
"Dann hab ich die zwei toten Kälber erstmal geholt", so Koros. Der Landwirt verständigte den verantwortlichen Kreisjagdberater, Michael Hornstein. Dieser riet, das Veterinäramt zu verständigen. Die zuständige Beamtin war zufällig in der Nähe und kam mit dem Fahrrad nach Bettnau. Bei der gemeinsamen Begutachtung der Kälber fiel auf: Die Wirbelsäule eines der Kälber war durchgebissen.
Weder Fuchs noch Dachs seien zu so etwas fähig, meint Koros. "Unsere Vermutung ist, dass es ein Wolf war, aber wir können’s halt nicht bestätigen", erklärt er. Auch ein Luchs käme infrage. Andere Tiere wurden nicht verletzt. Direkt neben dem einem toten Kalb lag eine Ohrenmarke am Boden. "Mir hat das eigentlich gesagt, dass da ein Kampf stattgefunden hat", meint der Landwirt. Eine andere Kuh habe wohl versucht, das Raubtier zu verscheuchen.´ "Also mein Eindruck ist, dass es ein Wolf war. Wir haben auf dem Boden auch Spuren gefunden."
Überreste werden untersucht
Die Überreste der Kälber gab Koros der Mitarbeiterin des Veterinäramts mit. Anhand von Speichelproben soll die DNA und somit das Raubtier bestimmt werden. Bis spätestens Mitte nächster Woche sollen die Ergebnisse der Analyse feststehen. "Ich habe mich halt gefreut, weil es die erste Kuh war, die dieses Jahr Kälber auf die Welt bringt", erzählt der Landwirt. Zwillinge seien eigentlich immer gut. "Die zwei Jahre, die sie bei mir gelebt hätten, wäre es auch schön gewesen, die Zwillinge aufwachsen zu sehen", meint er. "Ich hätte sie lieber lebend gehabt."
Ersatzkälbchen gefunden
Die Mutterkuh steht derzeit im Stall und erholt sich von der Geburt. Am Sonntagmorgen kontaktierte Klaus Koros einen befreundeten Bauern und kaufte ihm ein vierwöchiges Kalb ab. Die Kuh gewöhnt sich momentan an das Ersatz-Kälbchen. So kann sie die Milch loswerden. "Vielleicht ist es für die Mutter, die ihre Kälber verloren hat, auch irgendwo ein Trost", erklärt Koros.
"Ich persönlich bin pro Wolf", erklärt der Landwirt abschließend. Solche wilden Tiere seien am Bodensee bei den kleinen Waldstücken allerdings fehl am Platz. Sie bräuchten ein größeres Gebiet für sich. "Die Wölfe gehören in große Wälder", meint er. An Orte mit mehr Waldfläche und weniger Bevölkerung. "Hier im Touristengebiet, wo auch ganz viele Leute im Wald spazieren gehen", gehöre das Raubtier nicht hin.
Zeichen stehen auf Wolf
"Der Luchs war es eher nicht, vom Fraßbild her", meint Jäger Michael Hornstein gegenüber VOL.AT. Es gelte, die Untersuchung abzuwarten. "Ich habe das zerrissene Kalb gesehen", meint er. Die Wirbelsäule und Rippen des Kalbes waren durchtrennt, der große Röhrenknochen am Oberschenkel gebrochen oder durchbissen. "Das macht kein Fuchs, das macht kein Dachs", gibt Hornstein zu verstehen. Der Luchs fresse keine Innereien, diese hätten bei einem der Kälber gefehlt. Auch die Menge des fehlenden Fleisches legt die Vermutung nahe, dass ein Wolf der Übertäter war: "Ein Haushund frisst nicht solche Mengen", so der Jäger.
Klar sei, dass der Wolf in Vorarlberg öfter gesichtet werde, so Hornstein. Auch im Landkreis Lindau ist eines der Raubtiere unterwegs. Im Mai wurde etwa bei Niederstaufen ein Wolf beobachtet, als er eine Schafsherde angreifen wollte – er wurde verjagt. Derzeit sei zudem "ungewöhnlich wenig" Rehwild umher, weiß Hornstein. "Es würde darauf hindeuten, dass ein Störenfried da ist. Das sind alles Zeichen, die aus meiner Sicht dafür sprechen."
Ergebnisse nächste Woche erwartet
"Wir warten auf die Untersuchungsergebnisse", hieß er auf VOL.AT-Anfrage vom Landratsamt Lindau. Vorher könne man noch nichts Genaueres zum Fall sagen. Sollte sich herausstellen, dass es tatsächlich ein Wolf war, wird das Landratsamt Lindau entschieden, wie es weitergeht. Die Tiere stehen in Deutschland unter Artenschutz, dürfen nicht gejagt werden.
Update: Die zuständige Behörde im Fall der zwei toten Kälber ist das "Wildtiermanagement große Beutegreifer" des Bayerischen Landesamt für Umwelt. Die zwei toten Kälber wurden dort am 22. August gemeldet, wie die Pressestelle auf VOL.AT-Anfrage bestätigt. "Eines davon weist starke Fraßspuren auf", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. "Nach der Erstaufnahme werden die Kadaver durch das zuständige Veterinäramt weiter untersucht." Das weitere Vorgehen hänge von den Ergebnissen der Untersuchungen ab.
(VOL.AT)
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