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Wohnen auf kleinstem Raum

Julia Felder vor ihrem Tiny Haus
Julia Felder vor ihrem Tiny Haus ©privat
Julia Felder über ihren Lebenswandel und kleine Häuser in Vorarlberg.
Wohnformen der Zukunft

Hohenems. Julia Felder hat 2015 ein halb-fertiges Ausstellungsmodell für ein mobiles Wohnmodul aus Holz aufgekauft, dass sie als Atelier und Forschungsraum für Tiny Living nutzt. Auf 25m² Grundfläche lässt sich gut leben. 

Anlass für ihre Überlegungen in Richtung Tiny Haus (winzig-kleines Haus) wäre in erster Linie ihr eigener Lebenswandel gewesen. Denn: Die beachtlichen Lebenserhaltungskosten seien nicht mit einer Arbeitsweise, die sich nach natürlichen Lebenszyklen, Gemeinwohlvisionen oder Herzensanliegen orientieren, kombinierbar. Außer man verfüge über ein beachtliches Erbe. „So habe ich mich gefragt, welche Möglichkeiten es im Rheintal gibt, um die Wohnkosten zu senken“, erzählt uns die Hohenemserin mit Bregenzerwälder Wurzeln.

Wohnformen der Zukunft
Julia Felder ist Politikwissenschafterin, Entwicklungs- und Friedensforscherin, Autorin und Journalistin. Sie leitete inkontra, die interkulturelle Konflikttransformation. Vor allem aber liebt sie die Natur und das draußen sein.

Die Frage „Was brauchen wir wirklich zum Leben?“ wäre eine der Wichtigsten im Leben von Felder bislang gewesen. Sie meinte, dass viele Produkte, die wir kaufen oder nutzen in einer Weise produziert und gebaut sind, die nicht im Zeichen des Respektes vor der Natur und den Mitmenschen stehen. „Der Konsum und Besitz vieler dieser Produkte hindert uns selbst daran, uns auf Wesentliches zu konzentrieren. Denn ein Übermaß an Privatbesitz kann auch belastend sein. Einfach zu leben, kann hingegen frei machen.“ Als sie länger keine „normale“ Küche und Kühlschrank nutzte, merkte die engagierte Frau, dass das Fenstersims oder eine Isolierbox sehr gute Dienste erweisen würde. Julia sichtlich begeistert von Ihrer kleinen Unterkunft und ergänzt: „Und bis auf Socken und Unterwäsche lege ich mir sowieso so gut wie nichts mehr Neues zu.“ Sie selbst hat mit 20.000,00 Euro ihr Tiny Haus in Hohenems erbaut.

Mobil, ressourcenschonend, naturnah
Während die Zahlen an leerstehenden Wohnungen und von Einzelpersonen bewohnten Einfamilienhäusern im Verhältnis zu den Zahlen von wohnungssuchenden Menschen und entsprechenden Mietpreisen erschreckend sind, gibt es aus Felders Sicht wenig Grund ein Tiny Haus leer stehen zu lassen. „Steht es nicht am gewünschten Ort, kann es versetzt werden. Ist es zu klein für den Bedarf (z.B. durch familiären Zuwachs) kann ein weiteres dazu- oder darüber gestellt werden oder dann auch wieder verkleinert werden.“ Siedlungsgebiete könnten so verdichtet werden oder leerstehender Grund durch die kleinen, mobilen Häuser eine Zwischennutzung erfahren. Dabei würden die Böden nicht versiegelt und 18 Parteien könnten auf rund 1500m² wohnen.

Intergenerationales, gemeinschaftliches Wohnen
Sie selbst war es, die 2018 zur gemeinschaftlichen Gründung von „Tiny Haus Gemeinschaft Vorarlberg“ hin führte. Diese Gemeinschaft mit neun bis vier aktiv Mitwirkenden schafft Raum für das einfache Leben miteinander. Eine neue Art des Wohnens in Vorarlberg. Die umtriebige, junge Frau: „Miteinander leben heißt Raum und Ressourcen zu teilen und sich Zeit für eine Kultur des gemeinschaftlichen Wandels in Wertschätzung zu geben.“ Einfach zu leben hieße, wenig Ressourcen und Boden zu verbrauchen und damit Spielraum zu gewinnen: Für gesundes, naturnahes intergenerationales Zusammenleben in Autonomie und Gemeinschaft. Die Reduktion auf Kleinstwohnraum und das selbständige Ausbauen und Einrichten ebendieses wäre zudem eine gute Möglichkeit herauszufinden, welche Bedürfnissen tatsächlich hinter den gewohnten Strategien zu derer Befriedigung liegen und welche neuen, kreativen Möglichkeiten es gibt diesen Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen.

Wohnen in intergenerationaler Gemeinschaft ist Kernthema, welches den Nerv unserer Zeit trifft. Denn wenn mehr und mehr Menschen vereinsamen, Familien- und Arbeitsstrukturen verändern sich, der Ressourcenverbrauch ist nach wie vor zu hoch. „Es geht uns nicht darum zu sagen, dass jetzt alle so leben sollen wie wir. So vielfältig wie die Menschen und ihre Bedürfnisse sind, so vielfältig wie die Natur ist, so vielfältig sind auch die Formen von Gemeinschaft, die wir bereits leben und die wir weiterentwickeln können im Sinne von globalem Denken und Fühlen, wie lokalem Handeln.“

Mehr Informationen
bei Julia Felder unter E julia.felder@inkontra.at.

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