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Wlazny lehrt das Fürchten

©APA/KLAUS TITZER
Gastkommentar von Johannes Huber. Zumindest herkömmliche Parteien müssen zittern, von den Grünen bis zu den Freiheitlichen. Spätestens bei der Wien-Wahl 2025 wird’s ernst.

Stolz präsentiert die Bierpartei von Dominik Wlazny bzw. Marco Pogo (Künstlername) internationale Berichte über das jüngste Umfrageergebnis: Bei einer Gemeinderatswahl in Wien würde sie derzeit auf zwölf Prozent kommen und damit unter anderem die ÖVP hinter sich lassen. Bei einer Bürgermeister-Direktwahl würde Wlazny mit ebenfalls zwölf Prozent auf Platz zwei hinter Amtsinhaber Michael Ludwig landen. Er wäre quasi Vizestadtchef. Das war nicht nur österreichischen Medien eine Erwähnung wert, sondern auch deutschen und niederländischen, wie „Focus“ und „De Telegraaf“.

Es ist ja wirklich ein Hammer: Die Bierpartei ist kaum wahrnehmbar. Sie bezieht Stellung zu sehr ernsten Themen, Wlazny bzw. Pogo liefert aber gerne auch Nonsens. Wer infrage stelle, dass „die Hamas“ Terroristen, Entführer, Mörder seien, gebe eine menschliche und intellektuelle Bankrotterklärung ab, ließ sie nach dem Massaker vom 7. Oktober wissen, um hinzufügen, dass ihre Solidarität allen Opfern und deren Angehörigen gelte. Er selbst machte wenige Tage später Werbung für einen Hoodie, auf dem „I hoss olle Leit“ steht und der in einem Webshop um stolze 54,99 Euro zu haben ist.

Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Es zeigt, wie facettenreich und schwer zu fassen der Mann als Politiker, Künstler und was auch immer ist. Für viele wirkt er möglicherweise gerade deshalb authentisch. Weil er für eine menschliche Asylpolitik und Chancengleichheit im Bildungsbereich eintritt, gilt er als Linker. Schaut man sich Auswertungen zur Bundespräsidenten-Wahl an, relativieren sich solche Zuschreibungen jedoch: Ein Viertel der Stimmen kam von ÖVP- und FPÖ-Anhängern. Ein weiteres Viertel von Neos-Sympathisanten. Nur ein Drittel von Grünen und Sozialdemoraten. Wobei: Vielleicht geht es ihnen nicht darum, ob er ein Linker ist. Vielleicht ist ihnen wichtiger, dass er Dinge fordert wie einen Bewerbungsprozess für Minister:innen oder schlicht anständige Politik.

Spätestens bei der Wien-Wahl 2025 wird’s ernst: Beim letzten Mal erreichte die Bierpartei 1,8 Prozent. In zwei Jahren wird ein Vielfaches davon möglich sein. Aus vielen Gründen: Die Grünen schwächeln. Die Türkisen liegen am Boden. Freiheitliche haben auf kommunaler Ebene nur Dominik Nepp zu bieten. Damit riskieren sie, weniger zu erreichen als sie mit einem Kandidaten wie Herbert Kickl oder einst Heinz-Christian Strache zusammenbringen würden. Nepp zieht nicht wirklich. Die SPÖ muss mit schweren Verlusten rechnen. Alles in allem ergibt das das große Potenzial für Wlazny, das in der eingangs erwähnten „Heute“-Umfrage zum Ausdruck kommt.

Theoretisch wäre auch schon bei einer Nationalratswahl im kommenden Jahr einiges möglich. Diesbezüglich hat er sich bisher aber zurückgehalten; sehr zum Glück aller herkömmlichen Parteien. Wobei: Davon ausgehen, dass er dabeibleibt, sollten sie nicht. Er ist schwer berechenbar und könnte ihnen am Ende glatt auch auf dieser Ebene das Fürchten lehren.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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