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Wirtshaus-Tradition mit Geschichte in Dornbirn

Thomas Niedermair (Verein Arbeiterheim) und Markus Fäßler (Stadtrat Dornbirn, SPÖ) über die Zukunft der Immobilie.
Thomas Niedermair (Verein Arbeiterheim) und Markus Fäßler (Stadtrat Dornbirn, SPÖ) über die Zukunft der Immobilie.
Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
Die Dornbirner Bevölkerung fürchtet um das nächste Traditions-Wirtshaus, Baueingabe für ein neues Projekt ist erfolgt.

Ein Stück Geschichte und Tradition

Legendär und weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist Kathis Spezialität: ein Wiener Schnitzel, das im Vorarlberger Hof traditionell mit Kässpätzle, dazu Kartoffel-Blattsalat, serviert wird.

Vorarlberger Hof, das nächste
Opfer im Wirtshaussterben?

Seit Monaten kursiert in Dornbirn aber das Gerücht, dass mit dem Traditionswirtshaus der nächste Gasthof dem Wirtshaussterben zum Opfer fällt. Die kürzlich erfolgte Baueingabe befeuert diese Befürchtungen. VOL.AT hat beim "Verein Arbeiterheim", dem Eigentümer und Verwalter des Vorarlberger Hofs, nachgefragt.

Der Vorarlbeger Hof im Zentrum Dornbirns.

Eigentümer bestätigen neues Projekt, geben aber Entwarnung

"Das Gebäude ist in die Jahre gekommen und muss in den nächsten Jahren grundsätzlich saniert werden. Eine Sanierung ist aber wirtschaftlich nur sehr schwer vertretbar. Daher wird derzeit ein Abriss und erweiterter Neubau samt neuem Gasthaus geprüft", informiert Thomas Niedermair, Obmann vom "Verein Arbeiterheim" gegenüber VOL.AT.

"Völlig unabhängig davon, ob der Vorarlberger Hof in der derzeitigen Form bestehen bleibt oder einem Neubau weichen muss, er wird auch in Zukunft ein Gasthaus beherbergen. Der Verein Arbeiterheim bekennt sich auch in Zukunft zu einem Gasthaus mit gutbürgerlicher Küche. Solche Gasthäuser sind in Dornbirn leider rar geworden", führt der SPÖ-Stadtpolitiker weiter aus.

Der Vorarlberger Hof als "roter Punkt im schwarzen Meer"

Auch Tiefbau-Stadtrat Markus Fäßler, Fraktions- und Parteivorsitzender der SPÖ Dornbirn, schlägt in dieselbe Kerbe: "Unsere Vorgänger im Verein Arbeiterheim haben das Gebäude nach bestem Wissen und den wirtschaftlichen Möglichkeiten entsprechend in den letzten Jahrzehnten saniert, umgebaut und erhalten. Dafür möchten wir ihnen danken und wir wollen diese Tradition fortsetzen und den Vorarlberger Hof in einer der modernen Zeit angepassten Form erhalten."

Deshalb befinde man sich mitten in der Planungsphase des Projektes „Vorarlberger Hof neu“. So ein großes Projekt stelle den Verein Arbeiterheim vor große wirtschaftliche Herausforderungen und müsse deshalb auf das Genaueste durchdacht und überprüft werden.

Direkt an der Stadtstraße zählt das Lokal zum Treffpunkt der Dornbirner Bevölkerung.

"Ein besonderes Anliegen ist es für uns als Verein Arbeiterheim, die historische Bedeutung des Gebäudes 'als roter Punkt im Schwarzen Meer' hervorzuheben und zu erhalten. Diese Aufgabe beinhaltet auch den Erhalt einer gutbürgerlichen Gaststätte für alle Dornbirner und Dornbirnerinnen", führt der ehemalige Vize-Bürgermeister weiter aus.

Heimat der Dornbirner und Wiege der Vorarlberger Sozialdemokratie

Die junge Sozialdemokratie in Dornbirn hatte es zur Zeit der vorletzten Jahrhundertwende sehr schwer. In vielen bürgerlichen Wirtshäusern waren Sozialdemokrat*innen nicht gerne gesehen. Die wenigen Dornbirner Wirte, die sozialdemokratische Veranstaltungen zugelassen haben, wurden damals öffentlich, z.B. im „Volksblatt“, der Parteizeitung des christlich sozialen Lagers, als „Sozi-Wirte“ diffamiert. 

Das imposante Gebäude ist in die Jahre gekommen.

Gründung Verein Arbeiterheim

Aus diesem Grund wurde der Verein Arbeiterheim vor genau 120 Jahren, zum Zweck eine sichere Heimstätte für die Sozialdemokratie in Dornbirn zu schaffen, gegründet. 

Der Verein Arbeiterheim erwarb das Gebäude von der Genossenschaft der "Vereinigten Schreiner" im Jahr 1919. ©Verein Arbeiterheim Dornbirn (Buch von Werner Bundschuh und Reinhard Mittersteiner)

Vorarlberger Hof zunächst
in der Viehmarktstraße 3

Der Vorarlberger Hof ist für die demokratiepolitische Geschichte Dornbirns und des Landes ein sehr bedeutendes Gebäude. Im März 1919 gelang es dem Verein Arbeiterheim, das Gebäude Viehmarktstraße 3 von der Genossenschaft der "Vereinigten Schreiner" zu erwerben und damit ein Vereinslokal den Dornbirner Sozialdemokrat*innen zur Verfügung zu stellen. Der Kauf dieses Hauses von der Schreiner-Genossenschaft ist Ausdruck der sozialdemokratischen Tradition: Denn die Dornbirner Sozialdemokrat*innen stammten anfänglich hauptsächlich aus dem Handwerks- und Facharbeitermilieu. Noch heute ist das teilweise so: Der aktuelle Vorsitzende der Dornbirner SPÖ, Stadtrat Markus Fäßler, hat beispielsweise den Beruf des Schlossers erlernt.

Am 8. November 1933 war die Zentrale der Vorarlberger SDAP Ziel eines nationalsozialistischen Terroranschlags. ©Verein Arbeiterheim Dornbirn (Buch von Werner Bundschuh und Reinhard Mittersteiner)

Enteignung 1934, Rückkauf 1948 und langjähriger Sitz der SPÖ Vorarlberg

Der Vorarlberger Hof hat eine sehr wechselvolle Geschichte erlebt, so wurde der Hof im Februar 1934 durch das Unrechtsregime des autoritären Ständestaates (Regierung Dollfuß) beschlagnahmt. Über mehr als 13 Jahre, während der Zeit des Austrofaschismus und dem darauffolgenden NS-Regime, war der Vorarlberger Hof nicht im Besitz des Vereines Arbeiterheim. Im Mai 1948 erhielt der wiedererstandene Verein Arbeiterheim seinen "Hof" wieder zurück, jedoch nicht gratis. Das Gebäude musste um viel Geld von den „Besitzern“ und ohne Unterstützung durch den Staat zurückgekauft werden. Danach war der Vorarlberger Hof über Jahrzehnte auch die Heimat der Landesorganisation der Sozialdemokratischen Partei Vorarlbergs. Bis heute ist er der Sitz der Dornbirner Sozialdemokratie.

(VOL.AT)

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