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Wiener Kurdenmorde erschütterten Österreich: 25 Jahre nach der Tat

Die Wiener Kurdenmorde erschütterten vor 25 Jahren Österreich
Die Wiener Kurdenmorde erschütterten vor 25 Jahren Österreich ©APA (Archiv)
Am 13. Juli 1989 wurden in einer Wiener Privatwohnung der Chef der Kurdischen Demokratischen Partei/Iran, Abdul Rahman Ghassemlou, sein Stellvertreter Abdullah Ghaderi-Azar und der in Österreich eingebürgerte Kurde Fadel Rasoul bei einem Geheimtreffen mit Emissären der Teheraner Führung ermordet.
"Schwere Ermittlungsarbeit"
Kontakt zu Zeuge "D"
Vorwürfe gegen Ahmadinejad
Ahmadinejad "dringend tatverdächtig"

Die Tatverdächtigen tauchten in der iranischen Botschaft unter und konnten nach Interventionen der iranischen Regierung unbehelligt ausreisen; einer von ihnen wurde sogar unter Polizeischutz zum Schwechater Flughafen geleitet.

Wiener Kurdenmorde vor 25 Jahren

Nach Darstellung des grünen Parlamentariers Peter Pilz, der sich jahrelang mit dem Fall beschäftigte, saß zumindest ein Akteur von damals in höchster Position: Der frühere iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad höchstpersönlich sei “dringend verdächtig”, an der Ermordung der drei Kurdenführer in Wien beteiligt gewesen zu sein. Möglicherweise habe er selbst geschossen, dies lasse sich allerdings nicht mehr eindeutig eruieren.

Laut Aussage eines deutschen Waffenhändlers aus dem Jahr 2006, so Pilz, habe es in der ersten Juliwoche 1989 ein Treffen in der iranischen Botschaft gegeben. Bei diesem Treffen sei auch ein “gewisser Mohammad”, welcher “später Präsident der iranischen Republik wurde”, anwesend gewesen. Zweck dieses Treffens seien laut Protokoll illegale Waffenlieferungen gewesen.

Erschütterung in Österreich

In Österreich war die Empörung über die Morde groß. Der damalige Außenminister Alois Mock (V) sprach im Zusammenhang mit den Tötungen von einer “Schweinerei”, am Ballhausplatz war von “erpresserischen Methoden der Iraner” die Rede. Der damalige Chef der Politischen Sektion des Außenamts, Botschafter Erich Maximilian Schmid, sagte im April 1997 nach seiner Pensionierung in einem TV-Interview, der iranische Botschafter habe “mit ziemlicher Klarheit” zu verstehen gegeben, dass “es gefährlich werden könnte für die Österreicher im Iran”, sollten die Tatverdächtigen in Österreich vor Gericht gestellt werden. Über die iranischen Drohungen war nach Angaben Mocks auch der damalige Außenamts-Generalsekretär und spätere Bundespräsident Thomas Klestil informiert.

Druckmittel gegen Österreich

Am 30. November 1989 sagte Innenminister Franz Löschnak (S) nach einem Treffen mit dem Chef der Terrorbekämpfungsabteilung im US-Außenamt, Morris Busby, dass Haftbefehle gegen die Tatverdächtigen erlassen worden seien. Allerdings hatte der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Robert Danzinger, am Vortag per Weisung die Überwachung der iranischen Botschaft “reduzieren” lassen.

Im August 1991 erklärte der in Frankreich im Exil lebende Ex-Präsident Abolhassan Bani-Sadr, Teheran besitze ein Druckmittel gegen Österreich, nämlich die Unterlagen über die illegalen österreichischen Waffenlieferungen im irakisch-iranischen Golfkrieg. In der Noricum-Affäre war eine Woche vor dem Attentat eine Voruntersuchung gegen die SPÖ-Politiker Altbundeskanzler Fred Sinowatz, Ex-Außenminister Leopold Gratz und Ex-Innenminister Karl Blecha eingeleitet worden.

Das “Mykonos”-Urteil

Am 17. August 1992 wurde Ghassemlous Nachfolger Sadegh Charafkandi nach einer Tagung der Sozialistischen Internationale (SI) mit drei Mitarbeitern im Restaurant “Mykonos” in Berlin ermordet, der Lokalbesitzer lebensgefährlich verletzt. Charafkandi hätte am darauffolgenden Tag nach Wien kommen sollen. Österreichische Beamte sagten im deutschen “Mykonos”-Prozess aus, dass sich der Iran für die mutmaßlichen Attentäter von Wien eingesetzt hatte. Die deutsche Justiz warf dem Iran Staatsterrorismus vor. Nach ihren Erkenntnissen wurden auch die Wiener Morde von der obersten iranischen Führung angeordnet. Das “Mykonos”-Urteil veranlasste die EU-Staaten, ihre Botschafter 1997 vorübergehend aus Teheran abzuziehen.

Rede von “bösen, brutalen Verbrechen”

Im November 1992 wurde die Amtshaftungsklage der Ghassemlou-Witwe in Wien in dritter Instanz abgewiesen; die Republik Österreich bescheinigte ihren Organen, dass es “keinerlei schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten” gegeben habe. Grüne und Liberale scheiterten 1997 mit ihrer Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung möglicher Vertuschungsversuche am Widerstand der Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP.

Von einem “bösen, brutalen und vorbereiteten Verbrechen” sprach der damalige Nationalratspräsident und heutige Bundespräsident Heinz Fischer bei einer Gedenkfeier zu Ehren von Ghassemlou. Es sei “bitter und traurig”, dass die Aufklärung im Einzelnen und die Bestrafung der Täter nicht zustande gekommen seien.

(APA)

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