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Wiener Grüne hoffen auf Comeback als Koalitionspartner

Spitzenkandidatin Pühringer will Rot-Grün in Wien wiederbeleben.
Spitzenkandidatin Pühringer will Rot-Grün in Wien wiederbeleben. ©APA/GEORG HOCHMUTH
2020 ist man trotz Rekordergebnis von der Regierungsbank geflogen, nun streben die Grünen nach der Wien-Wahl ein Comeback der rot-grünen Koalition an. Für eine Rückkehr an die Macht hofft man am 27. April auf den erneuten Rückenwind der Wähler.
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In den Zehnerjahren war die Bundeshauptstadt so grün wie nie - zumindest politisch: Von 2010 bis 2020 waren die Wiener Grünen nämlich zwei Legislaturperioden lang mit der SPÖ in einer Regierungskoalition. Nach der Wahl vor fünf Jahren hieß es zurück auf die Regierungsbank. Nun appelliert die Partei via Plakate an den "Mut" der Wienerinnen und Wiener und hofft mit möglichst viel Rückenwind der Wählerschaft auf ein Comeback von Rot-Grün.

Trotz Rekordergebnis bei Wien-Wahl zurück in die Opposition geschickt

Dabei war die Ausgangslage, Juniorpartner der Roten zu bleiben, nach dem bis dato letzten Urnengang zumindest ergebnismäßig nicht die schlechteste: Die Wiener Grünen fuhren im Herbst 2020 nämlich 14,80 Prozent und damit das bisher beste Resultat überhaupt ein. Auch die Sozialdemokraten konnten damals zulegen - ein klarer Wählerauftrag für die Fortführung von Rot-Grün, hätte man meinen können. Bürgermeister und SPÖ-Parteichef Michael Ludwig entschied sich allerdings für die NEOS als neuen Koalitionspartner.

Das lag nicht zuletzt an der Person der damaligen Grünen-Chefin und Vizebürgermeisterin Birgit Hebein, die in ihrer zweijährigen Amtszeit mit allerlei konfrontativen Alleingängen die Roten vor den Kopf gestoßen hatte. Und nicht nur diese: Nach dem Abstieg in die Opposition entschieden sich die Grünen zu einer Volte, wodurch Hebein keinen Posten mehr im Rathausklub erhielt. Sie selbst legte im Groll den Parteivorsitz zurück und trat später überhaupt aus der Partei aus.

Grünes Führungsduo folgte auf abgesägte Chefin Hebein

Seither setzen die Ökos auf eine Doppelspitze: Judith Pühringer und Peter Kraus wurden im Oktober 2021 bei einer Landesversammlung offiziell zum Führungsduo gewählt, mit 83,6 Prozent Zustimmung ohne Gegenkandidatur. Für die nun anstehende Wien-Wahl wurde Mitte Februar mit 87 Prozent Pühringer zur Spitzenkandidatin auserkoren, Kraus kandidiert auf dem zweiten Platz. Interessanter Aspekt: Die Betriebswirtin Pühringer wurde vor fünf Jahren ausgerechnet von Hebein als Quereinsteigerin mit fixem Listenplatz präsentiert, nach dem unfreiwilligen Abgang ihrer "Entdeckerin" rückte sie in die erste Reihe der Grünen auf.

Als Listenerste will sie die rot-grüne Zusammenarbeit nun wiederbeleben und hat etwa beim kürzlichen Wahlkampfauftakt als Argumentationshilfe auch aus Parteisicht große Erfolge dieser politischen Liaison ins Treffen geführt: verkehrsberuhigte Mariahilfer Straße, 365-Euro-Öffi-Jahresticket, Kindermindestsicherung. Damals sei Wien noch mutig gewesen, unter Rot-Pink eher weniger, so der Tenor.

Unaufgeregte Oppositionsrolle mit Klima und Verkehr als Themen

Ob die Grünen bei der Wien-Wahl am 27. April an ihr Rekordergebnis von 2020 herankommen werden, ist freilich fraglich. Nach Verlusten bei der Nationalratswahl und den Landtagswahlen in der Steiermark und Vorarlberg im Vorjahr könnte der Wiedereinzug der Landespartei im Burgenland im heurigen Jänner als gutes Omen für Wien interpretiert werden. Inhaltlich setzten die Wiener Grünen in den vergangenen fünf Oppositionsjahren, die mehr unaufgeregt als aufsehenerregend angelegt waren, natürlich hauptsächlich auf das Klima- und Verkehrsthema.

So forderten sie etwa vor zwei Jahren eine markante Umgestaltung der Zweierlinie im Zuge des derzeitigen U-Bahn-Baus in einen radfahr- und fußgängerfreundlichen Prachtboulevard oder zuletzt den deutlichen Ausbau des Straßenbahn- und Schnellbahnnetzes. Außerdem machen sie sich weiterhin gegen den Lobautunnel stark. Zudem wollen sie etwa eine Leerstandsabgabe im Wohnbereich, eine Photovoltaik- und Sanierungsoffensive für Gemeindebauten und kritisieren die NEOS, die als Ressortzuständige im Wiener Bildungssystem einen "Scherbenhaufen" hinterlassen hätten.

Drei Grüne Bezirkschefs in Wien

Bei weitem keinen Scherbenhaufen, aber immerhin ein paar Brösel gab es zuletzt auch parteiintern. So wurde der Gemeinderatsabgeordnete Ömer Öztas von der Partei ausgeschlossen, nachdem er offenbar Anhänger als neue Parteimitglieder "eingeschleust" hatte, um bei der Listenerstellung im Zuge der Landesversammlung im Februar seine Wiederwahl abzusichern. Bei diesem Parteitreffen musste Urgestein Martin Margulies das abrupte Ende seiner Politkarriere hinnehmen. Die Basis verweigerte dem langjährigen Budgetsprecher die nötige Unterstützung bei der sogenannten Zulassungsabstimmung, der sich langjährige Mandatare stellen müssen, um erneut kandidieren zu dürfen.

Grundsätzlich zeigte sich die Partei zuletzt aber harmonisch. Das war nicht immer so. Vor allem in den Anfangszeiten gab es immer wieder laut ausgetragene Streitigkeiten zwischen dem einstigen "Fundi" und "Realo"-Flügel. Den ersten Versuch in den Landtag und Gemeinderat zu kommen, unternahmen die - aus der schon 1983 angetretenen Alternative Liste Wien (ALW) hervorgegangenen - Grün-Alternativen übrigens 1987. Damals scheiterten sie knapp, erst die Wahl 1991 brachte den Einzug ins Stadtparlament - mit 9,08 Prozent der Stimmen und sieben Mandaten. Durchaus erfolgreich sind sie auch auf Bezirksebene, aktuell stellen sie in drei Bezirken die Vorsteherin bzw. den Vorsteher.

(APA/Red)

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