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Wien-Wahl: Die 23 Bezirke

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Das große Reich der Bundeshauptstadt teilt sich in 23 Kleinreiche. In diesen herrschen die Bezirkskaiser, die ihren Machtbereich zum Teil seit Jahrzehnten regieren. Und auch bei der heurigen Wahl am 10. Oktober dürfte sich an den meisten Herrschaftsverhältnissen wenig ändern, zumal nahezu alle Bezirksvorsteher erneut antreten.
Lediglich die Grünen in der Josefstadt verzichten auf ihren bisherigen Bezirkschef, dieser tritt mit einer eigenen Liste an. Derzeit nennt die SPÖ 16, die ÖVP fünf und die Grüne zwei Vorsteher ihr Eigen.

Seit dem vergangenen Urnengang steht in der Inneren Stadt die 65-jährige Ursula Stenzel (V) den 17.200 Einwohnern des Bezirks vor. Sie wirbt im Wahlkampf unter dem Slogan “Sie kämpft wie eine Löwin” um eine zweite Amtszeit – die dem politischen Raubtier wohl nicht zu nehmen sein dürfte. Bereits 2005 lag die ÖVP, die seit 1946 durchgängig den Bezirksvorsteher stellt, mit 43,32 Prozent deutlich vor der SPÖ, die auf 29,84 Prozent kam – das beste Bezirksergebnis der ÖVP überhaupt. Seither profilierte sich Stenzel als medial rührigste Bezirkschefin, die der regierenden SPÖ mit der Verhinderung der Tiefgarage am Neuen Markt und bei der Neugestaltung der Kärntner Straße verlässlich auf die Füße stieg.

Den 96.000 Einwohnern der Leopoldstadt (2. Bezirk) steht seit 1999 der SP-Politiker Gerhard Kubik (54) vor, der auch heuer wieder antritt. Mit 48,46 Prozent erreichte er beim vergangenen Urnengang einen klaren Vorsprung auf die Grünen als Nr. 2, die 19,60 Prozent der Wähler für sich gewannen. Die Chancen der Sozialdemokraten, den von U2-Verlängerung, Messebau, neuem Praterstern und dem Bau des umstrittenen Riesenradplatzes geprägten Bezirk zu halten, sind hoch.

Ähnlich wohl die Situation für den Bezirkschef der Landstraße (3. Bezirk), Erich Hohenberger (S). Der 62-Jährige dürfte voraussichtlich keine Probleme haben, den Vorsprung auf die Konkurrenz zu halten. 2005 konnte die SPÖ unter den 84.000 Landstraßern 42,68 Prozent erringen – wohingegen die ÖVP auf 21,68 Prozent kam.

In der von 30.400 Menschen bewohnten Wieden (4. Bezirk) residiert seit 2001 Susanne Reichard (V). Und auch wenn seit 1946 durchgängig die ÖVP den Bezirkschef stellte, war das Ergebnis 2005 denkbar knapp: Die Volkspartei kam auf 30,28 Prozent der Stimmen, die SPÖ auf 29,35 Prozent und die Grünen auf 28,13 Prozent. Ob die Wieden bei der heurigen Wahl jedoch an eine andere Partei als die VP fällt, ist zweifelhaft, zumal Reichard gute Chancen auf eine Verteidigung ihrer Position eingeräumt werden.

Im benachbarten Margareten (5. Bezirk) wohnen 52.600 Menschen. Die Bezirksbewohner schenkten seit 1945 mehrheitlich stets der SPÖ das Vertrauen. Der jetzige Bezirkschef Kurt Wimmer (53) amtiert seit 1999 und will dies auch weiterhin tun. Der Abstand von 42,71 Prozent gegenüber 23,48 Prozent für die ÖVP lässt vermuten, dass dieser Plan auch 2010 in Erfüllung gehen könnte.

Wechselwähler in Mariahilf

Historisch gesehen sind die 29.600 Mariahilfer klassische Wechselwähler: Seit 1945 hat der 6. Bezirk vier SPÖ- und fünf ÖVP-Bezirksvorsteher aufzuweisen. Den bisher letzten Wechsel vollzog 2001 Renate Kaufmann (55). Zwar war 2005 der Vorsprung mit 35,55 Prozent gegenüber 28,97 Prozent der Grünen nicht exorbitant, angesichts des Streits innerhalb der Ökopartei um die Bestellung von Susanne Jerusalem und die Abspaltung einiger bisheriger Mandatare als eigene Liste “Echt Grün” gelten Kaufmanns Chancen jedoch als groß.

Ebenfalls einst wechselwillig, scheinen sich die benachbarten 30.200 Neubauer mittlerweile sehr an ihren Grünen Bezirkschef gewöhnt zu haben. Seit 2001 residiert der Ex-Trafikant Thomas Blimlinger (53) als erster Grüner in dieser Position und dürfte auch bei der heurigen Wahl im 7. Bezirk nicht zu schlagen sein. Zu hoch der Abstand 2005, als Blimlinger 43,26 Prozent holte und damit die SPÖ deklassierte, die auf 27,54 Prozent der Stimmen kam.

Spannend wird es heuer in der Josefstadt (8. Bezirk). Nach durchgängiger ÖVP-Herrschaft seit 1945 konnten die Grünen 2005 mit Heribert Rahdjian (74) bei den 24.100 Josefstädtern punkten und 32,26 Prozent der Stimmen ergattern, während die ÖVP auf 29 Prozent kam. Nach internen Streitigkeiten bei der Listenerstellung im Juni wurde allerdings Alexander Spritzendorfer als neuer Spitzenkandidat der Ökopartei installiert – worauf Rahdjian im August ankündigte, mit eigener Liste anzutreten.

Dies dürfte in der Josefstadt die Chancen von ÖVP und SPÖ erhöhen, die beide mit 32-jährigen Kandidaten ins Rennen gehen. Während die ÖVP mit Veronika Mickl und nun wieder unter eigenem Namen antritt (nachdem man 2005 nach der Vereinigung mit dem Bürgerforum als “Pro Josefstadt” auf dem letzten Platz des Stimmzettels zu finden war), schickt die SPÖ Raphael Sternfeld ins Feld.

Interessant dürfte heuer auch werden, wie sich die 39.600 Alsergrunder (9. Bezirk) entscheiden. Zwar konnte die seit 2003 amtierende SP-Bezirksvorsteherin Martina Malyar (51) 2005 noch 33,81 Prozent und damit mehr als die Grünen mit 29,43 Prozent ergattern. Von der Ökopartei kommt mit Stefan Freytag (46) auch der wichtigste Herausforderer der Bezirkschefin, dessen Sieg im Alsergrund – zumindest vor den grünen Querelen – als nicht unwahrscheinlich galt.

Favoriten (10. Bezirk) war bisher stets ein ungefährdeter Bezirk für die SPÖ. Von den 171.600 Favoritnern votierten 2005 56,71 Prozent für die Sozialdemokratie und ihre seit 1994 amtierende Galionsfigur Hermine Mospointner (57). Trotz erwarteter Zuwächse dürfte deshalb die FPÖ, die damals auf 19,48 Prozent der Stimmen kam, keine Chance auf den Posten der Bezirksmatriarchin haben.

Ebenso werden die 85.900 Simmeringer seit Menschengedenken von der SPÖ regiert. Aktuell steht dem 11. Bezirk Renate Angerer (62) vor, die ihr Amt seit 2003 innehat. Auch heuer dürfte der SPÖ-Posten nicht wackeln, wenn man auf das Ergebnis 2005 blickt, als die Sozialdemokraten mit 60,65 Prozent ihr bestes Bezirksergebnis holten und damit vor der FPÖ lagen, die 18,16 Prozent lukrieren konnte.

Ebenso hat die 54-jährige Gabriele Votava (S) in Meidling (12. Bezirk) ein dickes Polster für die Wahl. Sie holte, seit 2003 im Amt, von den 86.000 Meidlingern 2005 50,85 Prozent, während ÖVP und Grüne jeweils bei 15,5 Prozent landeten. Ein Vorsprung, der im traditionell rotregierten Bezirk wohl nicht zu nehmen sein dürfte.

Den 51.000 Hietzingern steht indes der 69-jährige Heinrich Gerstbach (V) vor. Seit 1990 hat der Politiker den Chefsessel inne – und das in einem Bezirk, der zuvor abwechselnd von SPÖ und ÖVP regiert wurde. Auch nach 20 Jahren Amtszeit im 13. Bezirk gilt Gerstbach als weitgehend unangefochten, auch wenn sein Vorsprung 2005 mit 39,50 Prozent zu 33,38 Prozent, die auf die SPÖ entfielen, nicht überbordend war.

Welcher Bezirk wird überraschen?

Seit 1945 regieren im nebenliegenden Penzing (14. Bezirk) die Sozialdemokraten – seit 2001 mit Andrea Kalchbrenner (51). Beim vergangenen Urnengang entfielen 44,53 Prozent der Stimmen auf ihre Partei – gefolgt von der ÖVP mit 22,14 Prozent. Entsprechend dürften die 83.800 Penzinger wohl auch diesesmal nicht einen andersfarbigen Politiker in die Bezirksvorstehung wählen.

Noch klarer war das Ergebnis 2005 für die SPÖ im von 70.800 Menschen bewohnten Rudolfsheim-Fünfhaus (15. Bezirk), als man sich mit 49,47 Prozent weit von der grünen Konkurrenz mit ihren 17,56 Prozent absetzte. Der 50-jährige Gerhard Zatlokal wurde 2008 von der Partei installiert, nachdem sein Amtsvorgänger Walter Braun gegen die Pläne der Stadtregierung Einspruch erhoben hatte, ein Wohnprojekt für Punks in seinem Bezirk anzusiedeln.

Ebenso ungefährdet für die Sozialdemokratie dürfte heuer mit Ottakring (16. Bezirk) der Wohnbezirk von Bürgermeister Michael Häupl (S) sein. Beim vergangenen Mal holte Franz Prokop (52) 50,43 Prozent der Stimmen, wohingegen ÖVP, Grüne und FPÖ jeweils im 15-Prozent-Bereich landeten. So steht zu vermuten, dass die 94.200 Ottakringer erneut ihrem seit 2004 amtierenden Vorsteher die Mehrheit überantworten.

Nicht ganz so deutlich, aber immer noch komfortabel war 2005 die Mehrheit, welche die 52.700 Hernalser der SPÖ-Vorsteherin Ilse Pfeffer (55) bescherten, die 2002 ihr Amt antrat: 41,14 Prozent holte sie und landete im 17. Bezirk damit vor der ÖVP mit 21,82 Prozent. Ein Puffer, der genügen dürfte.

Unbeschadet unter anderen farblichen Voraussetzungen dürfte auch der Währinger Bezirksvorsteher Karl Homole (V) die Wahl überstehen. Seit 1946 führt die ÖVP durchgängig den von 47.700 Menschen bewohnten 18. Bezirk, dem Homole seit 1990 vorsteht. 2005 konnte er mit 34,85 Prozent immerhin 4,45 Prozentpunkte Vorsprung vor der SPÖ halten.

Der Veteran der Wiener Kommunalpolitik findet sich allerdings in Döbling (19. Bezirk): Seit 1978 amtiert Adolf “Adi” Tiller im Namen der ÖVP im Nobelbezirk – der bis dahin stets von SPÖ-Politikern regiert wurde. 2005 konnte Tiller, Jahrgang 1939, seinen Vorsprung auf 40,67 Prozent gegenüber 34,31 Prozent für die SPÖ ausbauen. Und auch heuer glaubt niemand so recht daran, dass die 68.200 Döblinger dem alten Haudegen nicht erneut eine Mehrheit bescheren.

Erst seit 2008 im Amt ist auf der anderen Donaukanalseite der 46-jährige Hannes Derfler von der SPÖ. Auf komfortable 56,32 Prozent kamen die Sozialdemokraten bei der vergangenen Wahl in der Brigittenau (20. Bezirk) – gefolgt von der FPÖ mit 16,62 Prozent. Dass die 82.300 Einwohner diese Mehrheitsverhältnisse substanziell ändern könnten, gilt als unwahrscheinlich.

Bereits 14 Jahre länger regiert der 60-jährige Heinz Lehner, ebenfalls SPÖ, die 138.700 benachbarten Floridsdorfer, denen er seit 1994 vorsteht. Bei 57,41 Prozent gegenüber 16,14 Prozent für die FPÖ dürfte sich daran wohl auch beim diesjährigen Urnengang im 21. Bezirk nichts ändern.

Noch größer der SPÖ-Vorsprung im benachbarten Flächenbezirk Donaustadt (22. Bezirk), den 155.000 Wiener bewohnen: 57,09 Prozent davon votierten 2005 für die SPÖ, 15,92 Prozent für die FPÖ. Bezirkschef Norbert Scheed (48) kann sich also voraussichtlich beruhigt zurücklehnen, wenn er an den 10. Oktober denkt – auch wenn der seit 2006 amtierende Bezirkschef in dieser Funktion noch keine Wahl geschlagen hat.

Und auch der 23. Wiener Bezirk Liesing wird seit jeher von der SPÖ regiert. Seit 1995 beauftragen die 91.000 Liesinger verlässlich Manfred Wurm (60) mit dem Chefposten, weshalb dieser auch heuer wieder antritt. Immerhin 51,11 Prozent stimmten 2005 für ihn – und 19,41 Prozent für die FPÖ.

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