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Wien: 85 Prozent des Spital-Personals erlebten bereits Aggressionen

Der Großteil des Krankenhauspersonals ist mit Aggressionen konfrontiert.
Der Großteil des Krankenhauspersonals ist mit Aggressionen konfrontiert. ©APA
Die Arbeit im Spital kommt meist nicht mit Dank einher: 85 Prozent der Mitarbeiter wurden bereits beschimpft, viele berichteten auch von körperlichen Attacken.

Gewalt und Aggressionen sind im Spital eine nicht seltene Begleiterscheinung: 85,4 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) haben in ihrem Berufsleben bereits Gewalterfahrungen gemacht. Der Bogen reicht von Beschimpfungen bis zu körperlichen Angriffen. Das geht aus einer Umfrage hervor, die im Sommer in den KAV-Häusern durchgeführt wurde.

Anlass für die Befragung war ein besonders extremer Fall im Kaiser-Franz-Josef-Spital. Dort wurde im Juli ein Kardiologe niedergestochen. Nach diesem Vorfall wurden rund 30.000 Personen befragt, wobei nicht nur Ärzte oder Pfleger an der Studie teilnehmen konnten, sondern auch Bereiche wie die Technik umfasst waren. Rund ein Viertel der Mitarbeiter haben sich letztendlich daran beteiligt. Finanziert wurde die Umfrage von der KAV-Personalvertretung. Mit der Durchführung wurde die Fachhochschule Bern beauftragt.

Gewalt im Spital: Personal häufig mit Beschimpfungen konfrontiert

Von den 85,4 Prozent der Befragten, die bereits Aggressionserfahrungen gemacht haben, mussten 61,6 Prozent solche auch in den vergangenen zwölf Monaten erleben. Der überwiegende Teil war mit Beschimpfungen konfrontiert, rund die Hälfte wurde jedoch auch bedroht und eingeschüchtert bzw. tatsächlich tätlich angegriffen - also etwa geschlagen oder gestoßen. Problematische Bereiche sind etwa die Notfallambulanzen oder die Psychiatrie.

Frauen sind laut der Umfrage im selben Ausmaß betroffen wie Männer. Wenig überraschend sind Angestellte mit Patientenkontakt am ehesten mit Aggression konfrontiert, wobei diese oft auch von Angehörigen oder Besuchern ausgeht. Acht Prozent fühlten sich auch von Kolleginnen bzw. Kollegen angegriffen, vier Prozent von den jeweiligen Vorgesetzten.

Wie Sabine Hahn vom Department Gesundheit an der FH Bern erläuterte, liegen die Werte im internationalen Durchschnitt. Menschen in Krisensituationen seien oft sehr emotional oder auch verunsichert, etwa wenn sie noch keine Diagnose hätten und nicht wüssten, wie es weitergeht. "Menschen suchen sich ein Ventil", verwies sie auf eine mögliche Konsequenz belastender Situationen.

Angenehme Warteräume und geschultes Personal

Möglichkeiten dies zu reduzieren, gebe es etwa dadurch, dass man sich um die Menschen in Wartebereichen kümmert bzw. diese Bereiche angenehmer gestaltet, betonte Hahn. Wichtig seien auch Schulungen des Personals, wobei Wien hier gut liege, wie sie beteuerte. Die Schulungsrate im Aggressionsmanagement sei überdurchschnittlich hoch im europäischen Vergleich. "Man könnte aber noch mehr schulen", befand sie. Vor allem würden Vorfälle derzeit noch verhältnismäßig selten gemeldet.

Man sei nach dem Vorfall im Kaiser-Franz-Josef-Spital nicht zur Tagesordnung übergegangen, hielt KAV-Generaldirektorin Evelyn Kölldorfer-Leitgeb fest. Stattdessen wolle man das Thema offen ansprechen. Konkrete Maßnahmen sollen erst Anfang kommenden Jahres erörtert werden - wenn dann auch die Ergebnisse der Sicherheitsüberprüfungen in den städtischen Spitälern vorliegen. Diese wurden nach dem Messerattentat in die Wege geleitet. In deren Rahmen wird auch die räumliche Situation in den Häusern unter die Lupe genommen.

(APA/red)

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