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Wie steht es um Betreuung krebskranker Kinder?

Das Thema Kinderonkologie wird weiter heftig diskutiert. Landesrätin Rüscher und Andrea-Tschofen Netzer vertreten unterschiedliche Positionen.
Das Thema Kinderonkologie wird weiter heftig diskutiert. Landesrätin Rüscher und Andrea-Tschofen Netzer vertreten unterschiedliche Positionen. ©Hartinger, handout/Tschofen-Netzer, Land Vorarlberg
Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
Kürzlich informierte das Land bei einer Pressekonferenz über das neue Vorarlberger Onkologie-Netzwerk. VOL.AT erkundigte sich bei LR Rüscher über den Stand um die kinderonkologische Betreuung. Kritik vonseiten Andrea Tschofen-Netzer, #ProKinderOnko.

VOL.AT: Wieso wurde bei der kürzlichen Pressekonferenz nicht auf das Thema Kinderonkologie eingegangen?

LR Martina Rüscher: Das Onkologie-Netzwerk Vorarlberg basiert auf dem entwickelten Onkologie-Konzept und ist in der ersten Ausbaustufe ein Netzwerk für onkologisch erkrankte erwachsene Patienten. Die eingebundenen Stationen sind nur auf Erwachsene ausgerichtet, die eingebundenen Fachärzte kommen aus den betroffenen Fachrichtungen der Inneren Medizin, Thorax- und viszeralen Chirurgie. Im Gegensatz dazu werden onkologisch erkrankte Kinder von Fachärzten der Pädiatrie mit onkologischen Sonderausbildungen behandelt. Bei der Pressekonferenz wurde der Start dieses Netzwerks präsentiert. Eine spätere Erweiterung des Netzwerks um die Kinderonkologie ist in Abstimmung mit allen Beteiligten möglich. Pro Jahr treten in Vorarlberg rund 1700 bis 1800 Neuerkrankungen bei Erwachsenen auf, sowie rund 8 bis 12 Neuerkrankungen bei Kindern.

VOL.AT: Wie sieht der aktuelle Stand um die kinderonkologische Betreuung in Vorarlberg aus?

LR Martina Rüscher: Bei der kinderonkologischen Betreuung übernimmt die Universitätsklinik Innsbruck die Diagnosestellung, das sogenannte Staging (das Erfassen des Ausmaßes der Erkrankung) sowie die medikamentöse Chemotherapie-Behandlung. Nach diesem ersten Therapieblock übernimmt das Team am Krankenhaus Dornbirn die weiteren Kontrollen und nötigen Untersuchungen für die verschiedenen Krebserkrankungen. Bei der Diagnose Leukämie kann als behandelndes Zentrum – nach Abstimmung mit dem Land Vorarlberg – die Ostschweizer Kinderklinik St. Gallen gewählt werden. Das  Team der Kinder- und Jugendheilkunde in Dornbirn übernimmt in den Wochen der Therapiepause die Betreuung mit Blutabnahmen, klinischen Kontrollen und Erstbeurteilungen von Komplikationen. Dabei werden die betreuten Patientinnen und Patienten zu wöchentlichen Sprechstunden zu den ambulanten Visiten einbestellt und gemeinsam mit den Zentren besprochen. Dabei erfolgt ein Austausch auf vielen Ebenen.

VOL.AT: Gibt es noch Bestrebungen, die kinderonkologische Station in Dornbirn weiterzuführen?

LR Martina Rüscher: In Dornbirn führen wir eine kinderonkologische Anlaufstelle, diese soll jedenfalls weitergeführt werden.

VOL.AT: Wie steht es um die Kooperation mit St. Gallen?

LR Martina Rüscher: Die Kooperation läuft ausgezeichnet, wir sind in regelmäßigem Austausch. Verbesserungsvorschläge von betroffenen Familien oder auf aufgrund von Rückfragen aufgrund von Einzelfällen werden laufend bearbeitet.

VOL.AT: Ein Kritikpunkt der Elterninitiative bleibt der Transport krebskranker Kinder. Wie sieht hier die Situation aus?

LR Martina Rüscher: In Kooperation mit der ÖGK wurde eine österreichweit ergänzte Regelung für Transportkostenübernahmen erarbeitet. Diese Kritikpunkte sind gelöst, uns liegen derzeit keine negativen Rückmeldungen dazu vor.

#ProKinderOnko kritisiert
Haltung des Landes

Andrea Tschofen-Netzer, Sprecherin der seit Jahren agierenden Elterninitiative "#ProKinder-Onko", äußerte in Form einer schriftlichen Stellungnahme Kritik. Hier das Schriftstück im Wortlaut:

Andrea Tschofen-Netzer, Sprecherin der Initiative #ProKinderOnko

Haben Kinder mit Krebs keine Lobby bei uns in Vorarlberg?

Es freut mich, wenn wir in Vorarlberg ein zertifiziertes Tumorzentrum bekommen, von der Diagnostik über die Therapie, bis zur Nachsorge sollen künftig erwachsene Krebspatienten die beste Behandlung erhalten. Laut Landesrätin Rüscher sollen alle an Krebs erkrankten Personen die bestmögliche Behandlung erfahren – auf aktuellstem Stand der Wissenschaft, möglichst wohnortnah.

Ich hoffe sehr, dass krebskranke Kinder auch zu dieser Personengruppe zählen! Oder ist es Kindern mit Krebs weiterhin zumutbar, für jede Chemotherapie, jede Behandlung nach Innsbruck zu fahren? Besonders für Kinder ist das familiäre Umfeld, während einer Chemotherapie zur Genesung so immens wichtig.

Seit 2019 haben wir knapp 40 neuerkrankte Kinder mit Krebs in unserer Elterngruppe. Von offizieller Seite wurde immer von Fallzahlen unter 10 pro Jahr gesprochen und deshalb eine kinderonkologische Außenstelle für nicht relevant angesehen.

Schauen Sie einem 5-jährigen Kind in die Augen und erklären ihm, warum sie nicht 20 Minuten zur nächsten Chemotherapie fahren müssen, sondern zweieinhalb Stunden hin und wieder retour! Wer schon einmal eine Chemotherapie durchgemacht hat, kann vielleicht erahnen, was solche Strapazen für ein krebskrankes Kind und dessen Familie bedeuten.

Es gibt bereits einen bestehenden Kooperationsvertrag mit dem Kinderspital St. Gallen, dem Land Vorarlberg und der Stadt Dornbirn für Kinder mit Leukämie oder einem Lymphom. Ich bin mir sicher St. Gallen wäre gesprächsbereit für eine Erweiterung der Angebotsstruktur. Nachfragen würde sich lohnen. Mit einem erfahrenen Kinderonkologen könnte ein Neuaufbau einer kinderonkologischen Station geplant und koordiniert werden.

Ich bitte die Verantwortlichen, unsere krebskranken Kinder nicht zu vergessen!

Landeshauptmann Markus Wallner hat 2018 versprochen, dass eine Lösung für krebskranke Kinder aus Vorarlberg nicht am Geld scheitern werde, es sollen so viele Therapiemöglichkeiten wie möglich auch künftig angeboten werden.

Wenn man will, ist vieles möglich.

Andrea Tschofen-Netzer, Elternvertreterin #ProKinderOnko

(VOL.AT)

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