Wie es jetzt weitergeht - Das hat Van der Bellen zu sagen

Das Statement des Bundespräsidenten ist für 18.30 Uhr geplant, den APA-Livestream gibt es VOL.AT.
Van der Bellen live
Die blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen sind am Mittwochnachmittag geplatzt. FPÖ-Obmann Herbert Kickl hat am Nachmittag in der Hofburg den Auftrag zur Regierungsbildung zurückgelegt, wie er in einer Aussendung mitteilte. Dem vorausgegangen war ein letztes persönliches Treffen mit VP-Obmann Christian Stocker. Kickl machte die ÖVP für das Scheitern verantwortlich, sei man dieser doch in vielen Punkten entgegengekommen. Die Volkspartei sah einen "Machtrausch" des FPÖ-Chefs.
Alexander Van der Bellen - Wieder am Zug
Nach dem Aus der blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen ist wieder einmal der Präsident am Zug. Damit hat Amtsinhaber Alexander Van der Bellen durchaus Erfahrung: Anders als viele frühere Präsidenten, deren Hauptaufgabe im Warten auf den Abschluss rot-schwarzer Verhandlungen bestand, hat er bereits diverse Farbkonstellationen angelobt - inklusive einer Expertenregierung. Ein glückliches Händchen bei der aktuellen Regierungsbildung kann man ihm dagegen nicht nachsagen.
Dass der 81-Jährige kein Freund von FPÖ-Chef Herbert Kickl ist, der ihn schon als "Mumie in der Hofburg" und "senil" bezeichnet hat, davon kann man ausgehen. Schon vor seiner zweiten Amtszeit hatte Van der Bellen die umstrittene Ankündigung gemacht, Kickl auch dann nicht fix mit der Regierungsbildung zu beauftragen, wenn dieser mit der FPÖ Erster werden sollte - und lieferte damit den gern gegen die angeblichen "Systemparteien" wetternden Freiheitlichen weitere Munition. Konsequenterweise ließ er ihn bei der Vergabe des Regierungsauftrags nach der Nationalratswahl Ende September auch erst einmal außen vor - mit dem Argument, dass sich für eine FPÖ-geführte Regierung keine Mehrheit im Parlament abzeichne. Als Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) nach dem Scheitern der Gespräche mit SPÖ und NEOS den Auftrag zurücklegte, bekam Kickl dann doch noch das ersehnte Mandat. Letztlich aber auch ohne Ergebnis.
Van der Bellen steht in den meisten Fragen konträr zu Kickl: Das beginnt bei seiner proeuropäischen Haltung und geht über sein Engagement bei der Verteidigung der liberalen Demokratie bis hin zu Fragen der Umweltpolitik, die dem ehemaligen Grünen-Chef besonders am Herzen liegt. Und auch vom Auftreten her hebt sich der verbindlich und intellektuell auftretende Raucher vom asketisch und oft aggressiv wirkenden Ausdauersportler Kickl ab.
Präsident gelobte schon zahlreiche Regierungen an
Mit Unterbeschäftigung hatte Van der Bellen in seiner Amtszeit generell nicht zu kämpfen: Er startete mit einer rot-schwarzen Regierung unter Kanzler Christian Kern (SPÖ) ins Amt, um bald danach Türkis-Blau unter Sebastian Kurz (ÖVP) anzugeloben. Die Ibiza-Affäre um Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) samt Entlassung Kickls als Innenminister brachte dann zunächst eine ÖVP-Minderheitsregierung und danach ein Expertenkabinett, nach Neuwahlen stand dann Türkis-Grün unter wechselnder Führung auf der Tagesordnung. Neben reger Angelobungs- und Enthebungstätigkeit musste Van der Bellen auch andere ungewohnte Schritte setzen - etwa die Exekution eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), nachdem der damalige Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) Unterlagen nicht dem Ibiza-Untersuchungsausschuss übermittelte.
Rechnungshof-Kandidat, Grünen-Chef und Wiener Gemeinderat
Fast schon vergessen ist der Einstieg des Volkswirtschaftsprofessors in die Politik: Das ehemalige SPÖ-Mitglied wurde Anfang der 1990er-Jahre von den Grünen als Kandidat für den Rechnungshof-Präsidenten vorgeschlagen, unterlag aber bei der Abstimmung im Parlament Franz Fiedler. 1994 zog er für die Partei ins Parlament ein, 1997 wählte sie ihn zum Bundessprecher, zwei Jahre später wurde er auch Klubobmann im Nationalrat. Diese Ämter hatte er bis 2008 inne, eine Regierungsbeteiligung konnte er für die Öko-Partei jedoch nie einfahren.
Von seinem Auftreten her brachte Van der Bellen damals einen neuen Stil in die Politik - auf Fragen dachte er zuweilen länger nach, gab sich zurückhaltend und antwortete mit Gegenfragen. Nicht ohne Grund bekam er die Bezeichnung "Der grüne Professor" umgehängt, mit dem er offenkundig gut leben konnte. 2012 schied Van der Bellen aus dem Parlament aus - schon davor war er in die Wiener Gemeindepolitik gewechselt, zunächst als "Universitätsbeauftragter" und Kandidat für die Gemeinderatswahl, dann auch tatsächlich als Abgeordneter im Gemeinderat.
Fast unmittelbar nach seinem Ausscheiden aus der Kommunalpolitik folgte dann der Anlauf auf das höchste Amt im Staat: Anfang 2016 gab Van der Bellen seine Präsidentschaftskandidatur als unabhängiger Kandidat bekannt - die Wahlen dazu entschied er nach Platz zwei im ersten Wahlgang hinter Norbert Hofer dann im zweiten Urnengang gegen den FPÖ-Kandidaten knapp für sich. Eine Wahlanfechtung später konnte er Hofer dann auch in der Wiederholung der Stichwahl, diesmal etwas deutlicher, schlagen. Weniger aufregend war es dann sechs Jahre später bei Van der Bellens Wiederwahl. 2022 erhielt er schon im ersten Wahlgang mit rund 57 Prozent eine deutliche Mehrheit.
Zur Person: Alexander Van der Bellen, geboren am 18. Jänner 1944 in Wien als Sohn einer estnischen Mutter und eines russischen Vaters. Aufgewachsen im Tiroler Kaunertal. Studierte Volkswirtschaft und unterrichtete als Uni-Professor sowohl in der Tiroler Hauptstadt als auch in Wien. Aus seiner ersten, im Herbst 2015 geschiedenen Ehe hat er zwei Söhne. In zweiter Ehe ist er mit Doris Schmidauer verheiratet.
(APA)
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