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Wider das Vergessen - "Schriib's doch uf"

Die Teilnehmer der Schreibwerkstatt im Domino, wo Lebenserinnerungen ausgetauscht und aufschrieben werden
Die Teilnehmer der Schreibwerkstatt im Domino, wo Lebenserinnerungen ausgetauscht und aufschrieben werden ©Helmut Köck
Schreibwerkstatt

Frastanz. Seit vergangenem Jahr bietet Domino s’Hus am Kirchplatz eine Schreibwerkstatt an, bei der sich Interessierte treffen, Erlebnisse und Ereignisse aus dem Leben zu erzählen und dann schriftlich festhalten.

Unterstützung durch Autorin

Die Idee dahinter ist, Erinnerungen über Brauchtum, an die Kindheit, Jugend, an Schule und Arbeit, an Feste oder über die eigene Familie zu erzählen und zu dokumentieren. “Es ist sehr wichtig, was wir im Herzen haben, auch Unausgesprochenes weiter zu erzählen und nieder zu schreiben”, ist Christl Stadler, Obfrau vom Domino überzeugt.
Begleitet wird die Gruppe von der erfahrenen Vorarlberger Autorin Elisabeth Amann, bekannt durch ihre Publikationen “Frühere Hände” und “Dieses bisschen Glück”. Sie gibt den TeilnehmerInnen Anstöße und Anregungen zum Schreiben und ermuntert sie: “Schriba, schriba, schriba – damit es nicht verloren geht”.

Beim Reden kamen Erinnerungen

Die Gruppe ist bunt gemischt, Teilnehmende kommen aus dem Montafon bis zum Bregenzerwald. Heidi, ursprünglich aus Gargellen trägt als ihre Erinnerung ein spannendes Ferienerlebnis von 1950 bei. Lustig waren die Ferien bei Oma in Altach und besonders die abenteuerliche Fahrt zum alten Rhein auf dem alten Herrenfahrrad, sie auf der Stange sitzend hinten noch die Schwester auf dem Schutzblech. Ganz genau erinnert sie sich an den wollenen Schwimmanzug, den Bademeister in langem Hemd und langer Hose, der nicht einmal schwimmen konnte. Selbstverständlich gab es Applaus über diese Geschichte und im Gespräch “sprudelten” von den anderen Teilnehmern alle möglichen persönlichen Gedanken heraus – beim Reden kamen einfach eigene Erinnerungen zurück.

Alte Begriffe

Ob es das Zähneputzen mit Zahnpulver aus der gemeinsamen Dose war, oder die “Christenlehre”, der Beiname “Hase” für den Holzschlitten usw. Schon wieder waren neue Geschichten für die Aufarbeitung geboren. Waltraud aus dem Bregenzerwald war auf Spurensuche ihrer Großeltern. An die Großmutter könne sie sich nur als eine gestandene Frau in Juppentracht erinnern, vom Großvater existiere leider nur ein alte Fotografie. Aber bei einem Kusinentreffen soll nun mehr aus der Familiengeschichte in Erfahrung gebracht werden.

Katharina Kirchmann, die heute in Tosters lebt und im Montafon aufgewachsen ist, spürte ganz penibel ihren Wurzeln nach und präsentierte die dramatische Geschichte über die Lawinenabgänge im Jänner 1950. Nur knapp wurde ihr Wohn- und Gasthaus in Gargellen durch einen schützenden Felsen vor dem Stall von der verheerenden Lawine verschont. Solche Lebenserinnerungen sind unvergessen und bleiben einfach im Gedächtnis eingebrannt.

Karges Leben

Otto schilderte das karge Leben des Vaters, der im Winter mit Holzarbeiten im Silbertal etwas dazuverdienen konnte. Bis zu vier Mal täglich waren auf Holzschlitten die Langhölzer ins Tal zu transportieren, ein großes Risiko und zudem noch in kurzen Hosen. Heute kaum mehr vorstellbar, welch gefährlichen Job unsere Vorfahren da ausübten, um die Familie zu ernähren.

Und Heidi, die heute in Liechtenstein wohnt, schilderte ihrer Geschichte “eine kurioses Brauchtum” von ihrem Gang durch die Hotellerie in Gargellen. Als junges Mädchen wollte sie bei den Neujahrswünschen die Erste sein und konnte es nicht fassen, dass sie dabei soviel Geld dafür bekam, wohl wissend wahrscheinlich, dass sie dafür keinen Gast “anbettle”. Der Großteil des Geldes ging aufs Sparbuch und für die restlichen acht Schillinge kaufte sie vier Mohrenköpfe, einen für sich und die drei anderen für die Geschwister. Der gute Vorsatz hielt nicht lange und sie verschlang alle vier. Ihr wurde elend schlecht und bis heute könne sie keine Mohrenköpfe mehr essen.

Die kreative Gruppe ist mit dem Niederschreiben ihrer Gedanken und Erinnerungen auf dem richtigen Weg, um Geschichten unserer und den kommenden Generationen zu hinterlassen – damit es nicht verloren geht. In zwei Monaten gibt es wieder neue Geschichten aus “Alltag und Brauchtum” in Domino s’Hus am Kirchplatz.

Umfrage:
“Warum machen sie bei “Schriib’s doch uf” mit ?

Heidi Hörburger, 70 Altach:
Ich lese viel und finde auch die Alltagsgeschichten aus der Gruppe sehr interessant. Das Lesen von Elisabeth Amanns Buch war auch der Auslöser, nun eigene Geschichten aufzuschreiben.

Otto Vonier, 70 Schruns:
Weil mich authentische Geschichten viel mehr interessieren als jeder Spielfilm. Mir ist es auch viel Wert, die Geschichte meiner Familie zu erforschen. Das bisherige Echo von dort ist sehr positiv.

Heidi Naf, 64 Vaduz:
Mit 15 Jahren bin ich nach Liechtenstein ausgewandert. Heute finde ich es spannend, die Geschichten für die Nachkommen festzuhalten. Erlebnisse aus der Gruppe bringt die eigene Erinnerung wieder zurück.

Elisabeth Amann, 75 Feldkirch:
Aufgrund meiner Publikationen wurde ich eingeladen, mitzumachen. Ich gebe aus meiner Erfahrung Anstöße, Anregungen und Tipps zum eigenen Schreiben weiter und ermuntere authentisch zu recherchieren.

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