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Wenn Heimspiele zu einer Odyssee werden

©Andreas Kempter
Ein Heimspiel, das klingt nach kurzer Anreise, vertrauter Halle und heimischem Publikum. Für die Badminton-Asse Anna Hagspiel und Kilian Meusburger vom UBSC Raiffeisen Wolfurt bedeutet es jedoch: Rucksack schultern, Laptop einpacken und über sechs Stunden im Zug quer durch Österreich.

Die beiden 24-Jährigen leben, trainieren und studieren in Wien und fahren für jedes Heimspiel quer durch Österreich. Kilian Meusburger und Anna Hagspiel meistern ein Leben zwischen Uni, Spitzensport und stundenlangen Zugfahrten.

Lebt seit 2020 in Wien: Kilian Meusburger ©Andreas Kempter

Weite Wege, kurze Nächte

Für ein Bundesliga-Heimspiel im Ländle bei ihrem Stammverein legt das Duo jeweils rund 13 Stunden Reisezeit zurück. Fünf Heimspiele sind es mindestens pro Saison, dazu können je nach Play-off-Verlauf ein bis drei weitere Partien kommen. „Das sind 65 Stunden, nur für die Heimspiele“, rechnet Meusburger vor.

Am Sonntag hat der UBSC Wolfurt um 13.15 Uhr in der Messehalle 5 in Dornbirn Aufsteiger WAT Simmering zu Gast. Für Meusburger und Hagspiel bedeutet das wie für die Gegner: Ab in den Nachtzug durch Österreich.

„Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt“, sagt Meusburger, der seit 2020 in Wien lebt. „Ich verbinde es mit einem Besuch bei meiner Familie, das ist während des Studiums nicht selbstverständlich.“

Belastung auf allen Ebenen

„Klar, das ist eine Belastung“, weiß auch Hagspiel. „Vor allem, wenn der Zug Verspätung hat oder man direkt vom Training ins nächste Abteil hetzt.“ Als Heeressportlerin ist sie mittlerweile Vollzeit im Einsatz, aber die Doppelbelastung bleibt: Zuerst Training mit dem Nationalteam und anschließend die Zugfahr ins Ländle. „Da muss man lernen, sich die Kräfte einzuteilen.“

Anna Hagspiel hat sich mittlerweile an die Reisestrapazen gewöhnt. ©Andreas Kempter

Auch Meusburger spürt die Strapazen: „Nach dem langen Sitzen ist der Körper wie eingerostet. Trotzdem funktioniere es, weil der Kopf mitspielt und man weiß, warum man das alles auf sich nimmt.“

Ein Verein, der verbindet

Trotz der Belastung stand ein Vereinswechsel für beide nur kurz im Raum. „Wolfurt ist mein Kindheitsverein, ich bin tief im Verein verwurzelt“, erklärt Hagspiel. Meusburger sieht das genauso. Sein Vater Otmar ist mittlerweile Obmann, das Umfeld ist bestens vertraut. „Ein Wechsel hätte sich einfach falsch angefühlt.“

Auch deshalb, weil die emotionale Komponente dabei überwiegt: Die kurze Rückkehr in die Heimat, die gemeinsamen Fahrten mit der Teamkollegin, das Gefühl, zusammen durchzuhalten. „Wir sprechen uns ab, nehmen oft den gleichen Zug. Man erlebt diese Reisen gemeinsam, das schweißt zusammen“, betont der Wolfurter.

Verantwortung auf und neben dem Spielfeld

Neben seiner aktiven Karriere übernimmt Meusburger seit Jahresbeginn auch Verantwortung im österreichischen Verband: Als Sportkoordinator für Para-Badminton will er den Nachwuchs fördern, Trainingslager koordinieren, Fördergelder auftreiben. Eine neue Herausforderung und ein weiteres Zeitfenster, das gut geplant sein will. „Die Umstellung war groß, aber ich will diesen Bereich in Österreich wirklich voranbringen.“

Für Hagspiel war 2025 ebenfalls ein turbulentes Jahr: Schulterschmerzen, Grundausbildung, Weltmeisterschaft. Und trotzdem das Ziel nie aus den Augen verloren. „Wir wollen ins Playoff – das ist das Minimalziel“, sagt sie. Alles darüber hinaus sei ein Bonus.

Wenn andere von Heimspielen reden, denken sie an Familie, Fans und kurze Wege. Bei Hagspiel und Meusburger beginnt ein Heimspiel mit dem Griff zum Zugticket. Und endet, wenn sie wieder in Wien sind, erst nach der nächsten stundenlangen Zugfahrt

(VOL.AT)

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