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Weltmeister Frankreich sucht die Lücke in Marokkos Abwehr

Frankreich geht als großer Favorit in das Halbfinale
Frankreich geht als großer Favorit in das Halbfinale ©AFP
Frankreich kämpft um die Chance, als erste Mannschaft seit 60 Jahren den Titel bei der Fußball-Weltmeisterschaft erfolgreich zu verteidigen.
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Die Franzosen treffen im Halbfinale am Mittwoch (20.00 Uhr) in Al Khor auf Marokko und sind vor der defensivstarken Überraschungsmannschaft gewarnt. Der Sieger trifft im Finale am Sonntag auf Argentinien.

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Frankreich fehlen noch zwei Siege, um als dritte Mannschaft nach Italien 1938 und Brasilien 1962 den WM-Titel beim nächsten Turnier zu wiederholen. Die Mannschaft von Didier Deschamps hat im Viertelfinale England mit 2:1 eliminiert und hofft, dass die hochkarätige Offensive um Kylian Mbappé, der die Torschützenliste mit fünf Treffern anführt, auch Marokko knackt. Es gebe für Frankreich die Chance, etwas "sehr Besonderes" zu erreichen. "Das ist uns allen bewusst", erklärte etwa Goalie Hugo Lloris.

Marokko in der Abwehr sattelfest

"Knacken" ist hier fast wortwörtlich zu verstehen. Denn die Nordafrikaner haben im gesamten Turnierverlauf erst ein Gegentor erhalten, und das - beim 2:1 gegen Kanada - durch ein Eigentor. "Wir wollen Geschichte schreiben und Afrika an die Weltspitze setzen", sagte Marokko-Coach Walid Regragui am Dienstag. "Wenn wir zufrieden damit wären, im Halbfinale zu stehen, wären viele Menschen einverstanden - aber ich nicht. Wir sind unter den besten Vier und wollen ins Finale kommen."

Marokko hat als erste afrikanische Mannschaft das Halbfinale einer Weltmeisterschaft erreicht und dabei den Weltranglisten-Zweiten Belgien, Ex-Weltmeister Spanien und Ex-Europameister Portugal um Superstar Cristiano Ronaldo ausgeschaltet. Mbappé und Co. könnten nun das nächste Opfer werden. Besondere taktische Pläne habe er gegen den pfeilschnellen Mbappé nicht entwickelt, sagte Regragui. "Sich nur auf ihn zu konzentrieren, wäre ein Fehler."

Hakimi soll Mbappe entzaubern

Die französischen Weltmeister können sich auf eine um jeden Millimeter Rasen kämpfende Defensive einstellen. "Hoffentlich werden wir eine Lösung finden", sagte Nationaltrainer Didier Deschamps, der mit seinem Team im Viertelfinale gegen England viel Mühe gehabt hatte. Die Herausforderung Marokko nimmt der 54-Jährige entspannt lächelnd an: "Wir werden versuchen, sie zu entschlüsseln, Chancen zu kreieren und Tore zu schießen."

Olivier Giroud (4 Tore) und Mbappé (5) sind die beiden bis zum Halbfinale besten Torschützen des Turniers. Den Engländern war es aber - aus französischer Sicht - gefährlich oft gelungen, insbesondere Mbappé aus dem Spiel zu nehmen. Eine Aufgabe, die am Mittwoch Achraf Hakimi übernehmen soll und damit just ein Teamkollege Mbappés bei Paris Saint-Germain. Als "Halbbrüder" bezeichnete die französische "L'Équipe" die beiden.

Im Internet kursierte in den vergangenen Tagen ein Video des Duos im leeren Education City Stadion zu Jahresbeginn. Mbappé und Hakimi blödeln herum, der Franzose sagt das Spiel gegeneinander praktisch voraus. Es werde sein Herz brechen, aber er müsse seinen Freund "zerstören", sagte Mbappé lachend. Hakimi lacht auch. Als Rechtsverteidiger wird der Marokkaner praktisch über die gesamte Spieldauer auf den Linksaußen Mbappé treffen. "Er kennt ihn besser als ich", sagte Regragui. "Er trainiert jeden Tag mit ihm."

Upamecano und Rabiot fraglich

Gar nicht richtig trainierten am Dienstagnachmittag Frankreichs Verteidiger Dayot Upamecano und Mittelfeldmann Adrien Rabiot. Beide absolvierten drinnen nur ein leichtes Programm und sind damit für Mittwoch fraglich. Als Ersatz bieten sich Ibrahima Konate in der Defensive und etwas weiter vorne Youssouf Fofana an.

Marokko-Fans in der Überzahl

Mit Blick auf die Zehntausenden Unterstützer Marokkos bei der WM erwartet Frankreichs Kapitän Hugo Lloris eine "feindselige Atmosphäre. Das wird hart, aber wir müssen fokussiert bleiben", sagte der 35-jährige Tormann. Marokko wurde bisher bei all seinen Spielen in Katar von zahlreichen Fans unterstützt, Frankreich kann dagegen im Vergleich auf weniger Anhänger hoffen.

"Sie haben eine große Unterstützung, es wird sehr laut", prophezeite Deschamps. In den Partien gegen Spanien und Portugal hatten die marokkanischen Fans den Gegner bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen. "Aber das haben wir den Spielern gesagt, das gehört dazu. Wenn man sich auf so ein Spiel vorbereitet, bereitet man sich auch auf die Atmosphäre vor", sagte Deschamps.

Gemeinsam mit den Anhängern aus Brasilien und Argentinien seien die marokkanischen Fans die "besten der Welt", meinte wiederum Regragui, der die Außenseiterrolle zwar annimmt. Im Grunde ist sie ihm aber herzlich egal. "Wir sind hungrig, ich weiß nicht, ob das ausreicht, aber ich hoffe es."

Die besondere Geschichte zwischen den Marokkanern und Frankreich kommt noch dazu. Über eine Million Menschen aus der marokkanischen Diaspora in Europa lebt in Frankreich. Regragui ist wie Stürmer Sofiane Boufal und Kapitän Romain Saïss in Frankreich geboren. Schon nach den Siegen in den vorausgegangenen K.o.-Runden hatten Tausende in etlichen Städten Europas gefeiert - und teilweise randaliert. Entsprechend hoch dürften mancherorts die Sicherheitsvorkehrungen sein.

(APA)

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