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Warum wir am 11. November Gans essen – Die Geschichte hinter der Martini-Tradition

Warum wir am 11.11. Gans essen – Die Geschichte hinter dem Brauch
Warum wir am 11.11. Gans essen – Die Geschichte hinter dem Brauch ©CANVA
Warum essen wir ausgerechnet am 11. November Gans? Der Martinstag geht auf den heiligen Martin von Tours zurück – doch hinter dem Festmahl steckt weit mehr als nur eine schöne Legende. Es ist ein Brauch, der aus Landwirtschaft, Kirche und Volkskultur entstanden ist und bis heute nachwirkt.

Jedes Jahr am 11. November wird in vielen Teilen Mitteleuropas nicht nur ein Heiliger gefeiert, sondern auch ein Stück lebendige Kultur gepflegt: das traditionelle Essen der Martinigans. Der Ursprung dieses Brauchs ist eng verknüpft mit der Geschichte des heiligen Martin von Tours – einem Mann, der eigentlich gar kein Bischof sein wollte.

Woher stammt der Martinstag?

Der Martinstag geht auf den Todestag von Martin von Tours zurück, der am 11. November 397 beerdigt wurde. Im kirchlichen Kalender wurde dieser Tag zu einem wichtigen Festtag. In der östlich geprägten Christenheit markierte er lange den Beginn der vorweihnachtlichen Fastenzeit. Für viele Menschen bedeutete das: noch einmal richtig zulangen, bevor der enthaltsame Advent beginnt.

Nicht zu vergessen: Der Martinstag war auch das Ende des bäuerlichen Arbeitsjahres. Es war die Zeit, um neue Weine zu verkosten, das Vieh von den Weiden zu treiben – und vor allem: Steuern zu zahlen. Diese Abgaben, oft als "Zehnter" bezeichnet, wurden nicht in Geld, sondern in Naturalien geleistet. Und dazu zählten eben auch Gänse.

Der Martinstag als Zinstag

Martini war in vielen Regionen mehr als nur ein kirchlicher Feiertag – er war wirtschaftlich von Bedeutung. Dienstverhältnisse und Pachtverträge begannen oder endeten an diesem Datum, was ihm den Beinamen "Zinstag" einbrachte. Dass man an diesem Tag mit einer Festmahlzeit, oft eben mit einer Gans, das Jahr beschloss, war gelebte Realität.

Gesellige Abende mit reichlich Speis und Trank waren rund um den 11. November in vielen Gegenden üblich – sei es in Gasthäusern oder bei privaten Feuern vor dem Haus. Bräuche wie das Martinsfeuer, Fackelumzüge und das sogenannte Martinisingen hatten ebenso ihren festen Platz in der bäuerlichen Welt.

Die Martinigans – Ein Brauch mit Geschichte (und Geschichten)

Das Gansessen zu Martini hat viele Wurzeln – historische wie sagenhafte. Besonders populär ist die Legende, wonach sich Martin, bescheiden wie er war, in einem Gänsestall versteckte, als das Volk ihn zum Bischof machen wollte. Doch das laute Geschnatter verriet ihn – und so wurde er gefunden und geweiht.

Eine andere Erzählung berichtet davon, dass eine Schar Gänse während seiner Predigt in die Kirche watschelte und ihn unterbrach. Die aufgebrachte Gemeinde fing daraufhin die Tiere – und machte sie zum Festmahl.

So schön diese Geschichten auch sind – sie tauchten erst im 16. Jahrhundert auf. Historiker vermuten daher, dass die Verbindung zwischen Gans und Martinstag ursprünglich eher praktischer Natur war: Die Tiere wurden zum Ende des landwirtschaftlichen Jahres geschlachtet – und zur Begleichung von Abgaben verwendet. Die Legenden kamen erst später dazu, um den Brauch zu "erklären".

Ein Fest zwischen Brauchtum und Genuss

Heute hat sich vor allem eines durchgesetzt: das Gansessen. Ob mit Rotkraut und Knödeln oder modernen Beilagen – die Martinigans ist aus heimischen Küchen kaum wegzudenken. Wer besonderen Wert auf Qualität legt, greift zu Weidegänsen aus regionaler Biohaltung.

Auch wenn viele nur mehr wegen des guten Essens feiern – das Brauchtum rund um Martini ist mehr als Folklore. Es ist ein lebendiger Ausdruck unserer Geschichte, unserer Landwirtschaft und unseres Kalenders. Und wer genauer hinsieht, entdeckt zwischen knuspriger Haut und saftigem Fleisch ein Stück europäische Kulturgeschichte.

(VOL.AT)

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