Warum Lochau für 2023 ein Minus von 2,5 Millionen Euro erwartet
Die Gemeinden stehen 2023 in Sachen Budget vor großen Herausforderungen. Das bestätigt auch der Österreichische Gemeindebund. Die Unsicherheit herrsche hier vor allem auf der Seite der Ausgaben. Energiepreise steigen, ebenso die Personalausgaben.
Rund 2,5 Millionen Minus
Die Gemeinde Lochau hat ihren Voranschlag 2023 bereits am 13. Dezember 2022 einstimmig beschlossen. Gegenüber dem Budget von 2022 haben die Aufwände um rund 3,4 Millionen Euro zugenommen.
Personalaufwand, Sachaufwand, Transferaufwand und Finanzaufwand sind allesamt gestiegen. Die Finanzkraft wurde auf 8.370.700 Euro festgelegt. Auffallend ist vor allem das Voranschlags-Minus von 2.528.700 Euro, also rund 2,5 Millionen (Nettoergebnis nach Haushaltsrücklagen).
Lochau: Bürgermeister Frank Matt im VOL.AT-Interview
Der Lochauer Bürgermeister Frank Matt erklärt im VOL.AT-Interview die Bedeutung des Voranschlags und die Hintergründe zum Budgetloch.
VOL.AT: Was bedeutet das Voranschlag-Minus von rund 2,5 Millionen Euro für die Gemeinde Lochau? Und wo liegen die Kostentreiber?
Frank Matt: Zusammenfassend ist zu sagen, dass wir derzeit auf dem niedrigsten Schuldenstand seit 2018 sind. Wir werden natürlich in die Bildung investieren, insbesondere in den Kindergarten Bäumle, der hier mit 3,2 Millionen Euro zu Buche schlägt. Lochau baut die Kundenbetreuung extrem aus. Auch aufgrund des Zuzuges. Wir werden insgesamt in vier, fünf Jahren elf neue Kindergartengruppen errichten oder errichtet haben. Das ist ein geringer Zeitraum. Lochau Süd hat drei Kindergartengruppen und bald elf zusätzliche. Das ist die größte Investition.
Aber auch in Sachen Mobilität wird viel gemacht. Unsere Beteiligung an der Pipeline schlägt ebenfalls zu Buche. Das ist gut investiert in den Fahrradverkehr, aber vor allem auch der Bahnhofsvorplatz soll ja im Sommer begonnen werden. Das sind die großen Ausgaben neben dem Neubau der Wasserleitung von Bregenz nach Lochau, die wir jetzt in die Pipeline verlegen. Das heißt, wenn da schon sozusagen alles offen ist, erneuern wir auch die Wasserleitungen und erhöhen damit die Sicherheit der Wasserversorgung für Lochau. Das gilt natürlich auch für die Feuerwehr, die ein neues Fahrzeug erhält, da das alte ist in die Jahre gekommen ist.
Wenn wir die zukünftige pro-Kopf-Verschuldung – wir hoffen natürlich, dass wir noch darunter bleiben werden können – hernehmen, ist das inflationsbereinigt immer noch bei 2018. Also wir sind da auf stabilem Boden. Wir kaufen ein 940 Quadratmeter großes Grundstück im Zentrum von Lochau und auch das macht sich bemerkbar. Aber es ist gut investiert in eine zukünftige Zentrumsgestaltung.
VOL.AT: Laut Gemeindebund stellen vor allem die aktuellen Energiepreise, die Inflation und Personalausgaben für die Gemeinden eine große Herausforderung darf. Trifft das auch auf Lochau zu?
Frank Matt: Die Gehälter sind es natürlich auch, da insbesondere in der Kinderbetreuung die Zahl der Beschäftigten zunimmt. Aber das gilt auch für die Gehälter in anderen Bereichen. So eine Gemeinde hat mit allen Neben-Organisationen oder Beteiligungen doch an die 100 Beschäftigte. Und da sind die Gehälter die größten Posten.
Energie ist auch ein Faktor, keine Frage. Wir lassen uns hier noch überraschen, weil wir schon ein Sparprogramm gefahren haben in Sachen Heizung und Strom. Wie das dann wirklich aussieht, da muss man abwarten, aber wir haben überall diese Preissteigerungen – wie die Haushalte auch – im Energiebereich. Wir haben im Zentrum ein Fernwärmenetz mit Contracting (Anm. d. Red.: in Anspruch genommene Dienstleistung der Energielieferung). Auch dort gibt es Preissteigerungen.
VOL.AT: Trotz aller Herausforderungen ist man laut Ihnen beim niedrigsten Schuldenstand seit 2018. Kann man also sagen, der Gemeinde geht’s gut? Man ist mit den Finanzen gut aufgestellt – trotz Teuerung und Aufwandsüberschuss?
Frank Matt: Das kann man sehr wohl sagen, weil inflationsbereinigt keine Schuldenerhöhung da ist seit 2018. Und wir eigentlich sehr viel in Grund und Boden investieren und in Gebäude. Das sind ja auch Werte, die erschaffen werden und zum Eigentum der Gemeindebürger beitragen.
VOL.AT: War es herausfordernder, den Budgetvoranschlag für 2023 aufzustellen, als die vergangenen Jahre?
Frank Matt: Natürlich. Nach zwei Jahren des Schuldenabbaus kommt es jetzt zu größeren Investitionen, die natürlich erforderlich sind. Aber oft ist es dann immer besser, als es prognostiziert wurde und das hoffen wir natürlich auch.
VOL.AT: Also lieber jetzt beim Voranschlag mehr Minus mit reinnehmen und dann schlussendlich weniger haben?
Frank Matt: Genau. Das ist immer schön. Es ist eine Vorausschau und auch die Garantie, dass wir diese Investitionen tätigen können und dürfen. Wenn die nicht budgetiert sind, tun wir uns natürlich schwer, auch die notwendigen Investitionen zu tätigen. Es sind ja keine Prestigeobjekte mit dabei – lediglich Kindergarten und Bahnhofvorplatz. Da handelt es sich um notwendige Infrastruktur und Bildungseinrichtungen.
Schmid: Investment mit Gegenwert
"Ja, wir haben ein Minus. Natürlich sind wir nicht ganz glücklich mit der ganzen Situation", meint Vizebürgermeister Christophorus Schmid (Das Team für Lochau-Volkspartei und Parteifreie). Auf der anderen Seite habe man natürlich in den Kindergarten Bäumle investiert, den Kauf einer Wiese für einen etwaigen Waldkindergarten und in den Erwerb einer Liegenschaft mit altem Gebäude angrenzend an den Gemeindegrund getätigt.
"Das ist natürlich ein Investment, das uns Geld kostet, aber es ist auch ein Gegenwert da“, verdeutlicht Schmid gegenüber VOL.AT. Vor allem aber sieht die Gemeinde es als "Investment in die Zukunft". "Lochau investiert schon seit Jahrzehnten sehr viel Geld in Abwasserkanäle am Pfänder", meint Schmid zudem. Hier müsse kanalisiert werden.
"Diese Krot müssen wir schlucken"
Es gebe einige langfristige Investitionen und Verbindlichkeiten. Natürlich werde es von Bund und Land entsprechend gefördert, aber es bleibe doch ein „erquicklicher Teil“ bei Lochau. Vergangenes Jahr sei auch ein Kunstrasenplatz als Investment in den Sport gemacht worden. Es gelte zu "investieren, um etwas zu bewegen", so der Vizebürgermeister. "Dass jetzt diese Gebäude dazukommen, das sind Gelegenheiten und hier haben natürlich alle gesagt – es klingt jetzt blöde – diese Krot müssen wir schlucken, weil es einfach eine Chance ist für die Gemeinde", verdeutlicht Schmid im Gespräch mit VOL.AT. Es handle sich um "Investitionen, die man in einem Moment macht, in dem man es nicht sollte, aber man muss sie machen, sonst ist die Chance vorbei".
"Uns überholen die Chancen"
"Natürlich haushalten wir vernünftig", so Schmid. "Bürgermeister Matt, hier bin ich mir sicher, gibt sein Bestes." Unter den politischen Parteien gebe es natürlich Diskussionen über gewisse Sachen, aber im Prinzip habe man doch ein "vernünftiges Miteinander". Auch in die Pipeline werde investiert, mit dreimal 200.000 Euro in den nächsten Jahren. "Das haben wir auch gesagt, das machen wir, weil die Chance sonst für die Förderung vom Bund nicht mehr vorhanden ist." Der Ausbau würde dann in große Ferne rücken oder nicht mehr möglich sein. "Das sind auch Sachen, bei denen wir einstimmig über alle Fraktionen gesagt haben, das ist einfach ein Sicherheitsprojekt und das müssen wir machen", so Schmid.
Beim Bahnhofsvorplatz das Gleiche: hier seien Fördermittel von ÖBB und Land da. Es sei "Gebot der Stunde", dass dies eine moderne Anlage werde. "Uns überholen die Chancen", verdeutlicht der Vizebürgermeister. "Wir haben so viele Chancen, die wir nutzen wollen, weil es für die Bevölkerung und alle gut ist und das heißt halt einfach, dass wir im Moment doch vielleicht eine Neuverschuldung oder Auflösung von Rücklagen haben, um dies zu bewerkstelligen."
2023 und 24 "vernünftig haushalten"
Die Frage des Ausgleiches des "Lochs" stelle sich im Moment nicht: "Es sind sinnvolle Sachen, von denen Gemeinde und Bevölkerung was haben", so Schmid. "Klar wäre es uns lieber, wenn in jedem Jahr was anderes kommen würde, dass man es planen kann." Jetzt müsse man alles aufnehmen und auflösen und danach wieder richtig haushalten, damit man die Schuldenlast wieder runter bringe. "Ab 2024 gibt’s aufgrund der aktuellen Verpflichtungen und Leasing-Sachen wieder ein bisschen mehr Raum für die Gemeinde Lochau. Dann hat man einiges zurückgezahlt." Auch mehr Pouvoir für Rückzahlungen und Investments soll es dann geben. 2023 und 2024 müsse man "vernünftig haushalten". "Große Sprünge sind da halt nicht möglich", sagt Schmid abschließend.
(VOL.AT)
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