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Warnung vor Weihnachten als Schuldenfalle

Vor Weihnachten ist das Risiko einer Überschuldung hoch.
Vor Weihnachten ist das Risiko einer Überschuldung hoch. ©Canva (Sujet)
Mit Weihnachten vor der Tür warnen Experten vor der alljährlichen Schuldenfalle, da Kaufverlockungen und emotionale Geschenkbeschaffung zu finanziellen Engpässen führen können.
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In wenigen Wochen ist Weihnachten und der Handel lockt bereits mit Angeboten - von "Black Friday" bis "Cyber Monday". Dabei ist die Versuchung groß, tiefer ins Geldbörserl zu greifen, als es die finanziellen Möglichkeiten erlauben. "Weihnachten und das Schenken sind eine sehr emotional aufgeladene Sache", sagte Clemens Mitterlehner, Chef des Verbandes der Schuldenberatungen ASB, in einem APA-Interview. Er warnt vor Spontaneinkäufen, Konsumkrediten und überzogenen Konten.

Beratung warnt vor Überschuldung wegen Weihnachtsgeschenken

Die Gefahr dabei "ist sicher, dass man etwas kauft, in dieser weihnachtlichen Stimmung, das Zahlen aber ein bisschen vergisst", betonte der Experte. Es gebe immer mehr Ratenkaufangebote vorm Heiligen Abend - auch auf drei Jahre, so Mitterlehner. "Das heißt, ich zahle für das Weihnachten heuer noch bis zum Weihnachtsfest 2027."

Aktionstage wie "Black Friday" am 29. November oder "Cyber Monday" am 2. Dezember sind laut Mitterlehner einfach "Werbemittel der Konsumindustrie". Die Angebote seien "nicht so gut, wie versprochen", sagte der ASB-Chef unter Berufung auf Konsumentenschützer. Erhebungen zeigten, dass die Preise vor diesen Aktionstagen steigen, damit danach mit einem Nachlass geworben werden kann.

Das Problem sieht Mitterlehner bei Konsumentinnen und Konsumenten, die nicht sehr "gefestigt" in ihren Wünschen und Entscheidungen sind. Bei Aktionstagen würde teils mit einer "künstlichen Verknappung" gearbeitet werden - nach dem Motto "nur noch drei Stück verfügbar oder Preis nur mehr heute". Dabei könnte das Gefühl aufkommen: "Wenn ich das jetzt nicht kaufe, dann verpasse ich etwas", warnt der Experte.

Tipps zum Budget für die Feiertage

Um dem Schuldenberg entgegenzuwirken, braucht es Mitterlehner zufolge Finanzbildung. Außerdem rät der ASB-Chef: "Keine Schulden machen für Geschenke, weder Kontoüberzug noch ein Ratenkauf, noch ein Vorschuss mit ausgeborgtem Geld, das muss die rote Linie sein." Möglichst in bar, nicht online und ohne Zeitdruck einkaufen, dann falle es leichter, das Budget für die Weihnachtsfeiertage einzuhalten, erklärt der Experte.

Die Politik muss nach Ansicht Mitterlehners die "Überschuldung im Keim" ersticken. Neben Finanzbildung nimmt er auch die Kreditwirtschaft in die Pflicht. Künftig sollen Konsumentinnen und Konsumenten im Vorfeld besser über Kreditverträge informiert werden, sagte Mitterlehner mit Verweis auf eine EU-Verbraucherrichtlinie, die derzeit verhandelt wird. Außerdem soll es Warnhinweise auf Kreditwerbung geben - ähnlich wie auf Zigarettenpackungen. "Man muss schauen, dass der Kreditmarkt auf jene Menschen trifft, die es sich leisten können."

Mehr Schuldenberatungen Anfang des Jahres

Die Anfragen bei der Schuldenberatung steigen laut Mitterlehner erfahrungsgemäß im Jänner. "Zum Jahresbeginn gibt es einen starken Monat." Zum einen, weil sich die Menschen finanziell übernommen haben, zum anderen spielt der Neujahrsvorsatz - "jetzt gehe ich mein Problem an" - eine Rolle. Irgendwann sei der Leidensdruck zu groß, erklärte Mitterlehner.

Vollständige Zahlen zu den Anfragen im Gesamtjahr 2024 gibt es zwar noch keine, aber die Tendenz ist mit Blick auf die letzten Quartale im Jahresvergleich steigend. Die kriselnde Wirtschaftslage, die Teuerung und die steigende Arbeitslosigkeit bekomme auch etwas zeitversetzt die Schuldnerberatung zu spüren, so Mitterlehner. "Bemerkenswert ist, dass die Privatkonkurse aber nicht steigen", sagte der ASB-Chef. Das liege daran, dass es "immer mehr Menschen existenziell so knapp haben, dass sie sich nicht einmal einen Privatkonkurs leisten können", denn dafür brauche man "relativ stabile Haushaltsfinanzen". Er ortet eine "handfeste soziale Krise".

Dabei nimmt Mitterlehner die jungen Menschen in Schutz. Medial würde immer wieder gesagt werden, die Jungen können nicht mehr mit dem Geld umgehen, so der Experte. Allerdings gibt er auch zu Bedenken, dass heutzutage die Möglichkeiten, sich etwa mit den Zahlungsdienstleistern Klarna oder PayPal zu überschulden, mehr seien als früher. Angesichts dessen "machen es die jungen Menschen ganz schön gut, das ist gar nicht leicht, dem allen standzuhalten", so Mitterlehner mit Verweis auf die Statistik: Der Anteil der unter 30-Jährigen bei der Schuldnerberatung sei seit 2017 von 25 auf 21 Prozent heruntergegangen.

(APA/Red)

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