"Walk My Walk": Erfolg ohne Mensch dahinter
Mit "Walk My Walk" hat es ein KI-generierter Song an die Spitze der digitalen Country-Verkaufscharts von Billboard geschafft. Die Stimme klingt auf den ersten Blick authentisch – beim genaueren Hinhören aber fällt auf: Es handelt sich nicht um einen echten Sänger. Verzerrungen, unnatürliche Übergänge und technische Artefakte lassen erkennen, dass hier keine menschliche Stimme, sondern eine KI im Einsatz war.
KI-Stimme mit Charakter
Musiktechnologe Jason Palamara von der Indiana University erkennt in dem Song dennoch Fortschritte: Der "Stimmcharakter" sei konstant und könne wiederverwendet werden – ein technischer Sprung im Vergleich zu früheren KI-Bands. Gleichzeitig merkt er an, dass digitale Kompression und ein "seltsamer Schimmer" hörbar seien, und kritisiert die inhaltliche Leere: Der Text sei "vage und bedeutungslos".
Band ohne Gesicht
Breaking Rust tritt nicht öffentlich auf, der Spotify-Account wurde 2025 gestartet, das Profil auf YouTube zeigt nur ein generisches Cowboy-Bild. Die knapp 23.000 Abonnenten bekommen ausschließlich Lyric-Videos zu sehen. Persönliche Einblicke? Fehlanzeige. Auf Instagram dasselbe Bild – anonym, künstlich, glatt.
Kritik an moderner Country-Szene
Palamara sieht im Erfolg von Breaking Rust ein Zeichen für eine gewisse Beliebigkeit: "Vielleicht zeigt das, dass viele moderne Country-Fans sich lieber von pompöser Produktion und geistlosen Texten unterhalten lassen als von echten Künstlern mit echten Geschichten."
Menschliche Künstler haben Vorteile
Josh Antonuccio, Leiter der School of Media Arts and Studies an der Ohio University, sieht dennoch Chancen für Musiker aus Fleisch und Blut. Wer auf langfristigen Austausch mit dem Publikum setzt, könne sich von KI-Werken abheben. Denn: "Bemerkenswerte Musik, eine überzeugende Perspektive und eine packende Geschichte" seien Eigenschaften, die künstliche Systeme bislang nicht nachbilden könnten.
KI auf dem Vormarsch – auch mit Schattenseiten
Auf der Streamingplattform Deezer stammen mittlerweile 30 Prozent aller neuen Songs von KI-Systemen. Musikschaffende zeigen sich zunehmend verärgert – nicht nur wegen der geringen kreativen Tiefe, sondern auch, weil viele KI-Modelle mit urheberrechtlich geschützten Inhalten trainiert wurden. Kritiker werfen den Anbietern Rechtsverletzungen vor, einige Fälle landen bereits vor Gericht.
Menschliche Cover als Gegenbewegung
Ein neues Nischengenre formiert sich als Antwort: Menschen covern KI-Songs, um ihnen emotionale Tiefe zu verleihen. Die Band Sons of Legion etwa veröffentlichte eine Version des KI-Hits "Dust on the Wind" der ebenfalls künstlich erschaffenen Band Velvet Sundown. Ob das gelingt, bleibt Geschmackssache – aber der Versuch zeigt: Musik lebt vom menschlichen Ausdruck.
Kurzlebiger Hype?
Auch die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Velvet Sundown brachte 2025 drei Alben heraus. Während frühere Tracks über 500.000 Streams erreichten, kommt das aktuelle Werk "Paper Sun Rebellion" nur bei einem Song über 200.000 Abrufe. Seit Juli wurde kein neues Lied mehr veröffentlicht – möglicherweise ist das Projekt schon wieder eingestellt.
(VOL.AT)
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