Wahl Mikl-Leitners: Parteien beraten über VfGH-Beschwerde

Wegen einer laut dem Verfassungsjuristen Karl Stöger "unklaren Rechtslage" bei der Wahl von Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zur niederösterreichischen Landeshauptfrau und Udo Landbauer (FPÖ) zu ihrem Stellvertreter beraten SPÖ, Grüne und NEOS am Dienstag über das weitere Vorgehen. Eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof müsste innerhalb von vier Wochen nach der konstituierenden Sitzung, also bis Donnerstag, eingebracht werden, informierte die Landtagsdirektion auf Anfrage. SPÖ-Klubobmann Hannes Weninger hat angekündigt, in der Sitzung der Präsidialkonferenz Dienstagmittag eine verfassungsrechtlich eindeutige Klarstellung einzufordern. Eine etwaige Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof müsste bis Donnerstag eingebracht werden. Die niederösterreichischen Grünen unterstützten den roten Vorstoß nicht. Die Beschwerdefrist läuft bis Donnerstag. Die NEOS würden im Gegensatz zu den Grünen eine Verfassungsbeschwerde unterstützen. Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP) beauftragte ein Gutachten.
Obwohl Wilfing einer Aussendung zufolge keine offene Rechtsfrage sieht, wurde Verfassungsexperte Peter Bußjäger mit einem Gutachten beauftragt. In einer Vorabstellungnahme des Juristen sei die Richtigkeit der Vorgehensweise bei der Wahl der Landeshauptfrau bzw. ihrer Stellvertreter in der konstituierenden Sitzung des Landtags bestätigt worden, teilte die Landtagsdirektion im Anschluss an die Sitzung der Präsidialkonferenz mit. Es komme auf die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen an. Mit einer Verfassungsbestimmung in der Geschäftsordnung des Landtages sei "klargestellt, dass leere Stimmzettel auch bei der Wahl des Landeshauptmannes und der Stellvertreter nicht zu berücksichtigen sind", wurde auf die Vorabstellungnahme von Bußjäger verwiesen.
"Alle Parteien sollten Interesse daran haben, dass die Wahl der Landeshauptfrau und ihrer Stellvertreter verfassungskonform über die Bühne gegangen ist", betonte Weninger. Um die derzeit "rechtlich unklaren" Verhältnisse nicht im Raum stehen zu lassen, forderte der SPÖ-Klubobmann eine gemeinsame Entscheidung. Kritik übten die Sozialdemokraten an "extra neu gestalteten Stimmzetteln, um der FPÖ die Nichtwahl von Mikl-Leitner zu ermöglichen". Auch Grüne und NEOS berieten am Dienstag über das weitere Vorgehen. Die Frist für eine Beschwerde läuft laut Landtagsdirektion vier Wochen ab der konstituierenden Sitzung.
Kritik von den Grünen
Nach Einschätzung der Grünen wurden Landeshauptfrau und Stellvertretung "gesetzesmäßig gewählt". Für Klubobfrau Helga Krismer ist es "bedauerlich und ein politisches Fiasko, dass solche 'Tricksereien' möglich sind und nicht einmal der Koalitionspartner die Landeshauptfrau gewählt hat". Die Grünen fordern weiterhin die Abschaffung des Proporzes, "damit klare und transparente Verhältnisse geschaffen werden und wir uns solche Diskussionen in Zukunft ersparen." Auch die NEOS berieten am Dienstag über das weitere Vorgehen. Die Frist für eine Beschwerde läuft laut Landtagsdirektion vier Wochen ab der konstituierenden Sitzung am 23. März.
NEOS-Landessprecherin Indra Collini erklärte in einer Aussendung: "Die Tatsache, dass es bei der Wahl der Landeshauptfrau unterschiedliche Auszählungsmöglichkeiten gibt, schafft kein Vertrauen in Rechtsstaat und Demokratie. Damit der Verfassungsgerichtshof für die Zukunft Klarheit schaffen kann, würden wir uns einer entsprechenden Beschwerde anschließen." Die aktuelle Debatte zeige einmal mehr, dass die Landeshauptfrau nicht das Vertrauen des Landtags genieße. Collini forderte: "Mikl-Leitner sollte die Zeichen der Zeit erkennen und sich freiwillig von ihrem Posten zurückziehen."
Parteien beraten über VfGH-Beschwerde zu Wahl von Mikl-Leitner
Eine Beschwerde müsste von mindestens einem Zehntel der 56 Mitglieder des Landtages, also sechs Abgeordneten, eingebracht werden, bestätigte Stöger am Dienstag auf Anfrage einen Bericht des ORF NÖ. Im Kern geht es um die Berücksichtigung der ungültigen Stimmen bei der Wahl von Mikl-Leitner und Landbauer in der konstituierenden Sitzung am 23. März. Die FPÖ hatte angekündigt, weiß zu wählen. Mikl-Leitner wurde mit 24 von 41 gültigen Stimmen als Landeshauptfrau bestätigt. Ähnlich war die Situation bei Landbauer. Der Freiheitliche kam als LH-Stellvertreter auf 25 von 44 gültigen Stimmen.
Rechtslage ist für Stöger "nicht eindeutig"
Die Rechtslage ist für Stöger "nicht eindeutig", dementsprechend habe eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) Chancen. Während für den Juristen zwei Lesarten der Bestimmungen möglich sind, verwies die Landtagsdirektion auf die Geschäftsordnung des Landtages. Demnach werden alle Wahlen im Landtag durch einfache Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen entschieden, leere Stimmzettel sind ungültig. Der Verfassungsrechtler sieht das laut "Standard" aber nicht als entscheidend an, da der entsprechende Passus in der Geschäftsordnung nur dann greife, wenn nichts anderes bestimmt ist. Das wäre bei einer möglichen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes der Fall.
Würde der VfGH die Wahl für ungültig erklären, wären Mikl-Leitner und Landbauer ab der Kundmachung nicht mehr im Amt. In dem Fall würden Vertretungsregelungen greifen, erläuterte Stöger. Die beiden Wahlvorgänge müssten im Landtag erneut durchgeführt werden.
Während SPÖ, Grüne und NEOS Kritik übten, sah VPNÖ-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner am Montag eine "völlig eindeutige" Rechtslage. Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP) betonte, es habe weder in der Präsidiale noch während der Abstimmung im Plenum organisatorische oder rechtliche Kritik am Wahlprozedere gegeben.
(APA/Red)
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