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Vorhang auf für Brasilien

Im Vertrauen auf den heiligen Antonius, die eigene Stärke und mit Superstar Ronaldinho an der Spitze des Ballkünstler-Ensembles startet Weltmeister Brasilien am Dienstagabend (21.00 Uhr) in die 18. Fußball-WM 2006.

Mit einem Sieg gegen Kroatien im ersten Gruppenspiel (F) in Berlin will die „Selecao“ den ersten Schritt auf dem langen Weg zur „Hexa“ machen, zum sechsten Titel nach 1958, 1962, 1970, 1994 und 2002.

Trainer Carlos Alberto Parreira verlangt im Auftaktmatch „keine Luxusvorstellung“ von seiner Star-Truppe und beruhigte die Kritiker schon im Vorfeld: „Wir werden nicht gleich bei 100 Prozent sein. Wichtig ist, dass sich die Mannschaft im Laufe des Turniers entwickelt.“

Genau auf dieser Startmüdigkeit, die schon anderen Favoriten bei dieser WM zu schaffen gemacht hat, ruhen die Hoffnungen der Kroaten. „Oft war Brasilien im ersten Spiel nicht gut“, betonte deshalb auch Trainer Zlatko Kranjcar, der ausgerechnet in Berlin, der Heimatstadt seiner Aktivposten Niko und Robert Kovac, ein großes Fußballfest mit Heimvorteil erwartet. „Gegen Brasilien zu spielen, wird ein Spektakel“, meinte der Ex-Rapidler. Obwohl er und seine Spieler eine Niederlage eingeplant haben, spekulieren sie damit, den Südamerikanern im Optimalfall doch einen Punkt abzuknöpfen.

„Jeder erwartet, dass Brasilien nicht nur das Spiel, sondern auch den Titel gewinnt. Aber wir werden nicht die weiße Fahne schwenken“, verkündete Kranjcar. Und Mittelfeldakteur Igor Tudor fügte hinzu: „Es wäre eine Sensation, würden wir gewinnen. Doch selbst wenn wir verlieren, bleiben wir der Top-Favorit auf den zweiten Platz in der Gruppe.“

Bei der letzten Pressekonferenz der Brasilianer im Quartier in Königstein stieg auch Mario Zagallo aufs Podium. Der Technische Koordinator des Nationalteams, mittlerweile 74 Jahre alt, ist in Brasilien eine Legende: Als Spieler war er 1958 und 1962 Weltmeister, als Trainer 1970. „Der Dienstag, 13. Juni, ist der Tag des heiligen Antonius. Die 13 ist eine Glückszahl“, erklärte Zagallo und verwies auf das Bild des Heiligen, das er ständig im Hosensack trägt. Parreira ist ebenfalls „sehr abergläubisch, aber mir bringt die Sieben mehr Glück, weil es meine siebente WM ist“. Da lächelte Zagallo: „Mir gefällt die 13 – aber es ist auch meine siebente WM.“

Klare Verhältnisse herrschen innerhalb der Mannschaft: Parreira hat sich bereits vor acht Monaten nach der gewonnenen WM-Qualifikation in Südamerika auf seine Stammelf festgelegt. Ihr Herzstück ist das „magische Offensiv-Viereck“ mit Ronaldinho, Kaka, Ronaldo und Adriano, ihr Kapitän der 36-jährige Außenverteidiger Cafu. In der Innenverteidigung soll das Bundesliga-Duo Lucio (Bayern München) und Juan (Bayer Leverkusen) die kroatischen Stürmer Ivan Klasnic (Werder Bremen) und Dado Prso (Glasgow Rangers) am Toreschießen hindern.

„Wir wollen zeigen, dass wir eine einzige Familie sind“, erklärte Milan-Tormann Dida pathetisch, gestand aber gleichzeitig: „Unsere Abwehr ist in der Vorbereitung nicht gefordert worden.“ Eben dort haben auch die Kroaten die Schwachstelle ausgemacht. „Da gibt es ein paar taktische Sachen, die ich mit den Spielern auch schon durchgesprochen habe“, glaubt Kranjcar zu wissen, wie Brasiliens Abwehr zu knacken ist. Deshalb ließ er in den letzten Trainingseinheiten vor dem Auftakt verstärkt Standardsituationen einstudieren.

Parreira hätte gerne „drei oder vier Testspiele mehr eingebaut“, vertraut aber auf seine Routiniers. In Cafu, Roberto Carlos, Lucio, Ronaldo und Ronaldinho stehen fünf Akteure aus dem WM-Finale von 2002 in der Anfangsformation gegen Kroatien. Die Augen der Fußball-Welt werden vor allem auf den zweifachen „Weltfußballer“ Ronaldinho gerichtet sein. „Er hat alle Freiheiten der Welt. Er kann machen, was er will, er muss nur ruhig bleiben“, sagte Ronaldo über den grandiosen Barcelona-Regisseur.

Parreira ging sogar noch einen Schritt weiter: “Über Ronaldinhos Technik brauchen wir erst gar nicht zu reden. Er macht mit dem Ball, was er will. Er ist intelligent – und alle Entscheidungen, die er auf dem Platz trifft, sind richtig. Die beste Strategie bei Ronaldinho ist deshalb, dass man ihm einfach einen Ball gibt.“

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