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Vorarlberger Model-Manager enthüllt "ein krankes System"

Dominik Wachta über Modebranche: „Das ist krank, nicht schön“.
Dominik Wachta über Modebranche: „Das ist krank, nicht schön“. ©handout privat
Ein Vorarlberger Model-Manager berichtet über fatale Schönheitsideale und strukturelle Probleme in der internationalen Modebranche.

Dominik Wachta, Gründer von 1st Place Models, erhebt in einem Social-Media-Beitrag schwere Vorwürfe gegen die Modebranche.

Eine persönliche Geschichte mit systemischer Dimension

Auslöser war ein Gespräch mit einem ehemaligen Model, das einst zu seinen vielversprechendsten Talenten zählte. Nach einem Aufenthalt in Mailand habe sich die junge Frau abrupt aus dem Beruf zurückgezogen – nun offenbarte sie die Gründe.

"Sie wurde von einem ranghohen Vertreter eines bekannten Modelabels öffentlich bloßgestellt", schildert Wachta. Der Vorwurf: "ein zu dicker Hintern" – bei einem Hüftumfang von 88 Zentimetern und 1,75 Meter Körpergröße. Anschließender Spott unter Kolleginnen habe das Fass zum Überlaufen gebracht. Die Betroffene beendete ihre Karriere, um einer Essstörung zu entgehen.

Kritik an Systemversagen

Wachta spart nicht mit Kritik an etablierten Praktiken in der Branche: "Ich habe immer versucht, den Spagat zu schaffen zwischen gesunden Körperbildern und markttauglichen Maßen", schreibt er. In seinem Beitrag nennt er sieben Beispiele für problematische Entwicklungen – von "Alibimodels" für Diversitätskampagnen bis zu medizinisch fragwürdigen Tricks bei Gewichtskontrollen.

So würden Models in Frankreich bei staatlichen Kontrollen dazu angehalten, vor dem Wiegen große Mengen Wasser zu trinken, um die vorgeschriebenen BMI-Grenzwerte zu erfüllen. "Die Regelung ist zahnlos", sagt Wachta. Auch Diversität sei vielerorts nur Fassade: "Zwei bis drei untypische Models im Pool – der Rest bleibt wie gehabt."

Diversität bleibt chancenlos

Ein selbst organisiertes Side-Event während der London Fashion Week bestätigt Wachtas Einschätzung. Dort besetzte er rund ein Drittel der Laufstegplätze mit sogenannten "Normal Size"-Models, trans* und älteren Models. Das Ergebnis: Kaum Buchungen.

"Das liegt nicht nur an den Agenturen oder Designern", betont er. "Wir alle bedienen eine Nachfrage – und die orientiert sich nach wie vor an fragwürdigen Normen."

Druck durch globale Märkte

Besonders drastisch schildert Wachta einen Fall aus Asien, wo ein Model mit 88 Zentimetern Hüftumfang nur unter der Bedingung gebucht worden wäre, diese auf unter 85 zu reduzieren. Wachta lehnte ab – ein Mitbewerber erfüllte die Vorgabe.

Ein weiteres Problem sei die Erwartung, dass besonders große Models dieselben Maße einhalten müssten wie kleinere. "Das ist schlicht unlogisch und ungesund", sagt er.

Der Gegenentwurf: Profis statt Ideale

Für Wachta besteht die Lösung in einem grundlegend neuen Ansatz: "Models sollten wie Leistungssportler*innen betrachtet werden: gut trainiert, gesund, definiert." Dabei brauche es nach wie vor ästhetische Kriterien – "aber keine krankhaften Zentimeter-Vorgaben".

Er betont: "Wir bei 1st Place Models halten den Kader bewusst klein, führen persönliche Gespräche, bieten Coaching an und intervenieren bei Anzeichen gestörten Essverhaltens." Dennoch sei auch das nicht immer erfolgreich – zwei ehemalige Models hätten sich trotz aller Hilfestellung für einen selbstzerstörerischen Weg entschieden.

Fazit: Verantwortung und Menschlichkeit

Wachta sieht sich selbst in der Pflicht, weiterhin für Veränderung zu arbeiten. Sein emotionales Resümee: "Ich wollte die Branche menschlicher machen – und wenigstens ein paar Models vor dem Absturz bewahren."

(VOL.AT)

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