Das hat Legistik-Landesrätin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) in einem Schreiben an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) betont. Dieser ist derzeit mit einer Prüfung der landesgesetzlichen Grundlagen Vorarlbergs für Volksabstimmungen beschäftigt.
"Derzeit kann in Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung durch das Gemeindevolk eine verbindliche Entscheidung getroffen werden, ohne dass die Gemeindevertretung bzw. das an sich zuständige Gemeindeorgan daran inhaltlich mitwirken kann", hat der VfGH bereits festgestellt. In den Augen der Verfassungsrichter verstößt das gegen das auch für die Gemeinde geltende repräsentativ-demokratische System der Bundesverfassung.
Land teilt VfGH-Auffassung nicht
Die Vorarlberger Landesregierung teile diese vorläufige Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht, unterstrich Schöbi-Fink. 1984 sei im Bundes-Verfassungsgesetz eine Bestimmung eingezogen worden, die für den Gemeindebereich eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Grundlage für direkt-demokratische Instrumente geschaffen habe. Es sei der ausdrückliche Wille des Verfassungsgesetzgebers gewesen, solche Instrumente abzusichern.
Die oberste Stellung der gewählten Gemeindevertretung werde nicht unterlaufen, da die Durchführung von Volksabstimmungen an verschiedene Voraussetzungen geknüpft werde, so Schöbi-Fink. Die Entscheidungshoheit der Gemeindevertretung werde daher nur im Sinne des Regel-Ausnahme-Prinzips modifiziert. Im Übrigen könne die Gemeindevertretung von einer im Rahmen einer Volksabstimmung getroffenen Entscheidung später bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch ohne neuerliche Durchführung einer Volksabstimmung wieder abgehen.
Rauch-Volksabstimmung als Auslöser
Anlassfall für die Prüfung des VfGH war eine Volksabstimmung in Ludesch vom 10. November 2019. Dabei ging es um die Umwidmung von rund 6,5 Hektar landwirtschaftlicher Fläche zur Expansion des Fruchtsaftherstellers Rauch, die abgelehnt wurde. Etwa einen Monat nach der Volksabstimmung wurde sie von 15 Privatpersonen angefochten, darunter auch von Eigentümern der Grundstücke, die für die Erweiterung umgewidmet werden sollten. Sie verlangen die Aufhebung der Volksabstimmung, unter anderem deshalb, weil die Fragestellung verwirrend gewesen sei.
(APA)
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