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Vorarlberg: Grüne und NEOS reagieren wütend auf Kanzler-Vorwurf

Johannes Rauch übt harsche Kritik an Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Johannes Rauch übt harsche Kritik an Bundeskanzler Sebastian Kurz. ©VOL.AT/Stiplovsek, Rauch
Landesrat Johannes Rauch findet es "schäbig" wie Bundeskanzler Sebastian Kurz mit Kritik zu Abschiebefällen in Vorarlberg umgeht.
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Bundeskanzler Sebastian Kurz reagierte ungewöhnlich scharf auf Kritik, die nach dem missglückten Abschiebeversuch einer Familie aus Sulzberg gegenüber der schwarz-blauen Asylpolitik geäußert wurde. Demnach seien die Vollzugsbehörden in Vorarlberg für die Entscheidung verantwortlich, Vater und Sohn getrennt von der schwangeren Mutter abzuschieben.

Vollzugspraxis ist vorgegeben

Landesrat Johannes Rauch reagiert auf diese Aussagen empört, der Bundeskanzler könne offensichtlich schwer mit gerechtfertigter Kritik umgehen. „Es dürfte auch dem Kanzler bekannt sein, dass hier erstens Bundesgesetze vollzogen werden und zweitens die Behördenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter weisungsgebunden sind”, so der Landesvorsitzende der Grünen in Vorarlberg.

Die Vollzugspraxis bei Einvernahmen im Asylverfahren und bei Abschiebungen sei vom Innenministerium und damit von der Bundesregierung vorgegeben. “Auch das dürfte dem Kanzler bewusst sein”, so Rauch. Diese Vorgaben seien seit Amtsantritt der aktuellen Bundesregierung noch einmal verschärft worden.

“Schäbiges Verhalten”

Johannes Rauch: “Es ist also ziemlich schäbig, sich als Politiker und noch dazu als Kanzler nach völlig berechtigter Kritik an unmenschlichen Abschiebepraktiken an der Beamtenschaft abzuputzen.“

Kurz könnte sehr rasch eine Verbesserung herbeiführen, wenn er von seiner Haltung abrücken würde, dass Länder und Gemeinden auch in Zukunft bei besonderen Härtefällen nichts mitzureden haben. Rauch droht dem Bundeskanzler abschließend mit Widerstand aus Vorarlberg: “Was Sebastian Kurz vielleicht nicht weiß: Es ist noch keinem Bundeskanzler gut bekommen, wenn er sich mit Vorarlberg angelegt hat.“

Auch NEOS entsetzt

Ähnlich reagiert auch NEOS-Landessprecherin Sabine Scheffknecht auf die Äußerungen von Bundeskanzler Sebastian Kurz: „Die Verantwortung an uns Vorarlberger abzuschieben ist wohl nichts anderes als eine Trotzreaktion. Die Verantwortung liegt in diesem Bereich bei der Bundesregierung. Etwas mehr Rückgrat würde auch einem Bundeskanzler gut stehen.“

Kritisch sieht Scheffknecht auch die Rolle von Landeshauptmann Wallner. „Wallner war offensichtlich beim Besuch und damit dem Interview bei den Vorarlberger Nachrichten dabei. Statt sich lautstark für die Interessen Vorarlbergs einzusetzen und ungerechtfertigte Angriffe zu verteidigen, hält er sich bedeckt.“

SPÖ stellt sich hinter Vorarlberger Behörden

Für die SPÖ sind die Schuldzuweisungen von Bundeskanzler Sebastian Kurz an die Vorarlberger Behörden aufgrund ihrer Abschiebepraxis inakzeptabel. “Die Behörden haben nichts anderes getan, als ihre Aufgabe: ein Bundesgesetz zu vollziehen. Sie sind dabei an die Weisungen des Innenministeriums gebunden. Das sollte man als Bundeskanzler eigentlich wissen”, so SPÖ-Nationalratsabgeordneter Reinhold Einwallner. Schlussendlich müsse Sebastian Kurz seine Kritik daher an seinen Innenminister Herbert Kickl richten.

„Verantwortlich für den Beschluss von Gesetzen ist die Politik. Es ist einem Bundeskanzler unwürdig, sich hier aus der Verantwortung zu stehlen. Wenn er eingesehen hat, dass das Gesetz falsch ist, liegt es an ihm, es zu ändern”, so Reinhold Einwallner.

Scharfe Kritik von AK-Vizepräsidentin Auer

Als „Armutszeugnis“ bezeichnet AK-Vizepräsidentin Manuela Auer die Aussagen von Bundeskanzler Sebastian Kurz zu den jüngsten Abschiebungsfällen in Vorarlberg. „Die Polizei und Beamte in Vorarlberg zu beschuldigen und pauschal in ein schlechtes Licht zu rücken, ist eines Bundeskanzlers nicht würdig“, kritisiert Auer Kanzler Kurz massiv.

Auer stellt sich hinter die Beschäftigten bei der Vorarlberger Polizei. „Ich kann es nicht fassen, dass Sebastian Kurz die Polizei für die unmenschliche Asylpolitik der Regierung verantwortlich macht und beschuldigt“, betont Auer. „Unter ÖVP und FPÖ ist das humanitäre Bleiberecht de facto abgeschafft worden, aus dem Innenministerium gibt es offenbar die Weisung an die Behörden, dass Menschen mit allen Mitteln abgeschoben werden“, hält die AK-Vizepräsidentin fest. “Die Verantwortung den Behörden und der Polizei in die Schuhe zu schieben, ist erbärmlich und eines Bundeskanzlers nicht würdig!“ Kurz solle auch endlich aufhören, Innenminister Kickl und der FPÖ die Stange zu halten.

Frühstück vermisst sachliche Argumentation

In der Debatte rund um die Aussagen von Kanzler Sebastian Kurz während seines gestrigen Vorarlbergbesuches vermisst VP-Klubobmann Roland Frühstück eine sachliche Argumentation: „Man kann die Einstellung des Bundeskanzlers zum humanitären Bleiberecht sowie zur versuchten Abschiebung der Sulzberger Familie teilen oder nicht. Deswegen die Person Sebastian Kurz persönlich zu kritisieren, das geht jedoch zu weit.“

Frühstück vermutet hinter den Attacken von Landesrat Johannes Rauch sowie der grünen Abgeordneten Vahide Aydin und der Neos-Abgeordneten Sabine Scheffknecht ausschließlich parteipolitische Motive: „Nur so lässt es sich auch erklären, dass die Abgeordnete Aydin einen Bürgerdialog dazu missbraucht, um ihren Unmut über die Bundesregierung kundzutun. Als Abgeordnete hat sie andere Möglichkeiten ihre Meinung zu artikulieren.“

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