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Verschärfte Sanktionen: Russland demonstriert Gelassenheit

Wirtschaft als Waffe: Westen verschärft Sanktionen - Russland demonstriert Gelassenheit.
Wirtschaft als Waffe: Westen verschärft Sanktionen - Russland demonstriert Gelassenheit. ©EPA
Russland verurteilt die verschärften Sanktionen des Westens in der Ukrainekrise als Weg in die Sackgasse. Und bekräftigt, dass es nicht einlenken wird. Moskau verhängt einen Importstopp für Obst und Gemüse aus Polen.

Russland zeigt sich unbeeindruckt von den verschärften Wirtschaftssanktionen der EU und der USA. Westliche Staaten werfen Russland vor, die prorussischen Separatisten in der Ostukraine in ihrem Kampf gegen die Führung in Kiew zu unterstützen. Die EU hatte sich am Dienstag erstmals auf weitreichende Exportverbote sowie Strafmaßnahmen gegen russische Banken verständigt. Die USA verboten die Ausfuhr bestimmter Güter und Technologien im Energiesektor, weitere Sanktionen betreffen Banken und Rüstungsunternehmen.

Moskau: Sanktionen tragen nicht zur Deeskalation bei

Die Strafmaßnahmen würden keine Lösung des blutigen Konflikts in der Ukraine bringen und keineswegs zur Deeskalation beitragen, der Weg führe in die Sackgasse, sagte Russlands EU-Botschafter Wladimir Tschischow der Agentur Interfax am Mittwoch in Brüssel. Die Europäische Union mache Russland für “alle Todsünden” verantwortlich, während die Ukraine “ungestraft” ihre Militäroperation in der Ostukraine fortsetze.

Russlands Banken fürchten sich nicht

Die russischen Banken indes zeigen sich nach verhängten Wirtschaftssanktionen gelassen. Die zweitgrößte Bank des Landes, VTB, erklärte am Mittwoch in Moskau, sie sei zuversichtlich, sich im Bedarfsfall mit Kapital versorgen und in andere Währungen und Märkte ausweichen zu können.

Die Bank of Moscow und die Landwirtschaftsbank Russian Agricultural äußerten sich ähnlich und erklärten, sie rechneten nicht mit negativen Auswirkungen. Die russische Notenbank teilte mit, sie werde die heimischen Geldhäuser bei Bedarf stützen.

Die großen US-Kreditkartenfirmen Visa und Mastercard erklärten ebenfalls, sie erwarteten keine Beeinträchtigungen in ihrem Russland-Geschäft. Die EU-Sanktionen schließen große russische Banken unter staatlicher Kontrolle vom europäischen beziehungsweise US-Kapitalmarkt aus.

Importstopp für Obst und Gemüse aus Polen

Russland verfügte am Mittwoch einen Importstopp für Obst und Gemüse aus Polen. Die Einfuhr fast aller Sorten an Früchten sei vom 1. August an wegen Verstößen gegen die Lebensmittelsicherheit verboten, teilte die Agraraufsicht in Moskau mit. Warschau gilt als einer der wichtigsten Partner der prowestlichen Regierung in Kiew.

Deutschland rechnet nicht mit schneller Wirkung

Die deutsche Bundesregierung rechnet nicht mit einer schnellen Wirkung der Sanktionen. “Zu erwarten, dass sich kurzfristig etwas ändert, das ist meines Erachtens nicht realistisch”, sagte der Russlandbeauftragte Gernot Erler (SPD) im ARD-“Morgenmagazin”. Erstens brauche es Zeit, bis die Sanktionen wirken. Zweitens werde eine “Wagenburgmentalität” in Russland aufgebaut – “nach dem Motto: Na ja, vielleicht ist das ja sogar eine Chance für uns, etwas unabhängiger vom Westen zu werden.”

Steinmeier: “Sanktionen alleine sind noch keine Politik”

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier dringt darauf, den Gesprächsfaden mit Moskau trotz der Sanktionen nicht abreißen zu lassen. “Sanktionen alleine sind noch keine Politik”, erklärte er in Berlin. Ein für diese Woche geplantes Treffen zwischen der internationalen Kontaktgruppe und Vertretern der Ostukraine in der weißrussischen Hauptstadt Minsk müsse Schritte zu einer Waffenruhe vereinbaren.

Auch USA zieht Sanktionsschraube weiter an

Nach der EU hatten auch die USA die Sanktionsschraube angezogen. US-Präsident Barack Obama sagte, die Strafmaßnahmen gegen den russischen Finanzsektor sowie gegen den Energie- und Militärsektor würden jetzt “noch mehr Biss haben”. Auf Fragen machte Obama aber klar: “Dies ist kein Kalter Krieg.” Kremlchef Wladimir Putin müsse die Unterstützung der Separatisten beenden. “Russland isoliert sich heute erneut selbst von der internationalen Gemeinschaft”, sagte er.

Drei weitere russische Banken auf Sanktionsliste

Das US-Finanzministerium setzte unter anderem drei weitere Banken auf die Sanktionsliste. Betroffen seien auch Technologiefirmen im Militärbereich und Unternehmen aus der Ölbranche. Nur Stunden zuvor hatte sich die EU auf ein Paket von Strafmaßnahmen geeinigt, in dem erstmals russische Wirtschaftsbereiche im Zentrum stehen.

Der Sprecher der deutsch-russischen Außenhandelskammer in Moskau hält die finanzpolitischen Sanktionen für besonders schmerzhaft. Russlands große Staatsbanken finanzierten sich bisher vor allem über den US-amerikanischen oder den europäischen Kapitalmarkt, sagte Jens Böhlmann im “Deutschlandradio Kultur”. Auf deutscher Seite rechnet er mit Auswirkungen auf den Maschinen- und Anlagenbau.

Tschetschenien weist demonstrativ humanitäre Hilfe an

Der vom Westen mit Sanktionen belegte tschetschenische Republikchef Ramsan Kadyrow wies demonstrativ humanitäre Hilfe von 7,5 Millionen US-Dollar (5,59 Mio Euro) für das Kriegsgebiet Ostukraine an. Das Geld aus der russischen Teilrepublik Tschetschenien sei für die medizinische Versorgung der Bevölkerung, teilte Kadyrow mit. Unterstützt würden die von Kiew nicht anerkannten “Volksrepubliken Donezk und Lugansk”, in denen bei Attacken täglich Menschen getötet würden.

Russland liefert Irak Waffen für 750 Mio. Euro

Moskau selbst liefert unterdessen an andere Länder Kriegsgerät. Nach einem Medienbericht hat Moskau mit dem Irak ein Waffengeschäft in Höhe von umgerechnet rund 750 Millionen Euro abgeschlossen. Zwei Mitarbeiter der Waffenindustrie hätten bestätigt, dass Russland Panzerabwehrraketen, Granatwerfer und Haubitzen in den Irak exportiere, berichtete die russische Tageszeitung “Wedomosti” (Mittwoch). Zu dem Kriegsgerät gehöre auch der gepanzerte Mehrfachraketenwerfer TOS-1.

Kein Ende der Gewalt in Ostukraine in Sicht

In der krisengeschüttelten Ostukraine ist kein Ende der erbitterten Kämpfe zwischen Regierungseinheiten und Separatisten in Sicht. Innerhalb von 24 Stunden seien mindestens 19 Zivilisten im Raum Donezk getötet worden, 31 Menschen wurden verletzt, teilten die örtlichen Behörden mit. Zudem seien bei der Explosion einer Mine zwei Menschen ums Leben gekommen. Mehrere Kinder mussten mit Verwundungen in eine Klinik gebracht werden. Die Armee und die prorussischen Aufständische gaben sich gegenseitig die Schuld an den Opfern.

730.000 Ukrainer auf der Flucht

Rund 730 000 Ukrainer überquerten den Behörden in Moskau zufolge seit Beginn der Gefechte Mitte April die russische Grenze. Einen Status als Flüchtling hätten rund 50 000 davon beantragt. Die humanitären Zustände in der Region würden immer schwieriger, sagte ein Sprecher. (dpa/red)

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