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"Verlust der Arbeit als Einfallstor für Probleme"

PK Armut
PK Armut ©AK, ifs, Caritas
AK, Caritas und ifs bündeln ihre Kompetenzen, um Arbeitslosen zu helfen. Was jetzt getan werden muss - die gemeinsamen Forderungen.

Die aktuellsten Arbeitslosenzahlen verheißen nichts Gutes: 14.272 Menschen waren zuletzt ohne Arbeit, 3.800 mehr als vor einem Jahr. Und die Arbeitslosigkeit führt – oft unverschuldet – immer öfter schnurstracks in die Armut. „Jede einzelne Person steht für ein menschliches Schicksal, einen jäh unterbrochenen beruflichen Werdegang. Es geht um zerplatzte Träume und vage Hoffnungen, aber auch um betroffene Ehepartner, Kinder und Menschen in Abhängigkeit“, betont AK-Präsident Hubert Hämmerle. Deshalb fordern AK, Caritas und das Institut für Sozialdienste (ifs) eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes. Gleichzeitig soll ein engmaschiges Netz geknüpft werden, damit durch Jobverlust verursachte Not wirksam bekämpft werden kann.

Um die Arbeitslosigkeit so kurz und erträglich wie möglich zu halten, werden die Beratungsdienste von AK, Caritas und ifs künftig noch enger zusammenarbeiten.

„Wir verweisen untereinander auf die jeweiligen Partnerorganisationen, wenn deren Hilfe dem Klienten nützlich ist“, erklärt der AK-Präsident.

Und ifs-Geschäftsführerin Martina Gasser ergänzt: „Wir können zwar keine Jobs aus dem Boden stampfen, aber wir lindern wenigstens dienFolgen der Arbeitsmarktmisere.“

Viele tragische Schicksale

Alle drei Organisationen werden in der Corona-Krise mehr denn je mit den Folgen der Arbeitslosigkeit konfrontiert, sagen sie. Menschen, die kurz vor der Delogierung stehen oder bereits obdachlos geworden sind, viele, die am Rande der psychischen Erschöpfung stehen, werden von Caritas oder ifs aufgefangen.

"Alle drei Organisationen stehen auch dafür, dass Arbeit weder ein Privileg
noch eine Gunst ist. Arbeit ist vielmehr ein Menschenrecht."

AK Vorarlberg: Arbeitslosengeld muss höher werden

Neben der arbeits- und sozialrechtlichen Beratung, dem Härtefonds, Kleinkrediten und dem AK-Wohnkostenzuschuss steht für die AK Vorarlberg eine Maßnahme klar im Mittelpunkt: „Wir fordern die Erhöhung der Nettoersatzrate in der Arbeitslosenversicherung von derzeit 55 auf 70 Prozent für die ersten drei Monate, anschließend eine schrittweise Absenkung auf 60 Prozent“, sagt Hämmerle. Die Ergebnisse der aktuellen Online-Umfrage der AK würden die Forderung untermauern – diese zeichnen demnach "ein düsteres Bild von finanziellen Nöten und psychischer Belastung".

Caritas: Verlust der Arbeit als Einfallstor für Probleme

Corona trifft jede und jeden in irgendeiner Form, aber es trifft Menschen mit weniger Ressourcen härter. „Auf die Pandemie gibt es deshalb genau eine Antwort – ein starkes Miteinander in unserer Gesellschaft“, weiß Caritas-Direktor Walter Schmolly.

Das Einfallstor für viele Problemlagen sei der Verlust des
Arbeitsplatzes. Neben dem Einkommen vermittle Arbeit uns Menschen
Sinn, eine Tagesstruktur, die Erfahrung von Selbstwirksamkeit, Anerkennung, Beziehungen, Gestaltungsspielraum und Sicherheit. Schmolly befürchtet, dass "viele der durch Arbeitslosigkeit bedingten Problemlagen erst dann in aller Schärfe zutage treten, wenn wir die Gesundheitskrise bereits überwunden haben, das Ersparte aber verbraucht ist und die diversen Stundungen und Unterstützungen auslaufen. Diese Probleme gelte es möglichst früh abzufangen, damit sie sich nicht wie ein
Berg vor den Betroffenen aufbauen".

ifs: Falscher Zeitpunkt für Einsparungen

Ohne Einkommen können Miete, Fixkosten und Raten für Kredite nicht
mehr bezahlt werden, weshalb oft der Verlust der Wohnung droht. „In
unserem Beratungsalltag zeigen sich die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit vor allem in der Schuldenberatung und der Delogierungsprävention deutlich“, berichtet ifs-Geschäftsführerin Martina Gasser.

Menschen suchen aber auch vermehrt in Trennungs- und Scheidungssituationen Hilfe, Streitereien rund um das Thema Geld führe vermehrt auch zu Gewalt. Der Verlust des Arbeitsplatzes gehe mit grundlegenden Existenzängsten und psychischen Belastungen einher. „Deshalb ist es in der Krise von besonderer Bedeutung, neben existenzsichernden Unterstützungen auch psychosoziale Beratung und Hilfe zu bieten“, so Gasser. Jedenfalls sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um im Sozialbereich einzusparen. Ziel müsse es sein, Betroffene dahingehend zu unterstützen, ihr Leben wieder aus eigener Kraft zu meisten. Präventive und frühzeitige Hilfe könne eine Menge Leid und auch Folgekosten verhindern.

Was jetzt getan werden muss - gemeinsame Forderungen

• Arbeitslosengeld erhöhen: Ein höheres Arbeitslosengeld würde
Menschen ohne Arbeit vor einem wirtschaftlichen Totalabsturz bewahren,
für die Gesamtwirtschaft würde das mehr Kaufkraft bedeuten
und den wirtschaftlichen Einbruch abschwächen. Wir fordern
daher eine Anhebung der Nettoersatzrate von 55 auf 70 Prozent für
die ersten drei Monate der Arbeitslosigkeit und dann eine Schrittweise
Absenkung auf 60 Prozent.
• Zukunftssicherung für Alle: Innerhalb weniger Wochen waren viele
Kleinunternehmer, neue Selbstständige, freie Dienstnehmer und
Künstler die derzeit nicht von der Arbeitslosenversicherung erfasst
sind, existenziell bedroht und auf die Soforthilfe des Staates angewiesen.
Das hat gezeigt, wie prekär die Lebenssituation dieser Menschen
offenbar ist. Deshalb sollten sie künftig verpflichtend Beiträge
in eine Art Betriebsausfallsversicherung einzahlen müssen, um für
derartige, aber auch andere existenzielle Notlagen vorgesorgt zu
haben.
• Nicht auf die Jungen vergessen: Es braucht ein besonderes Engagement
für jene jungen Menschen, die sich beim Einstieg in den
Arbeitsmarkt schwertun. Insbesondere müssen jetzt auch die Plätze
in den Jugendbeschäftigungsprojekten an den gestiegenen Bedarf
angepasst werden. Vor allem Ausbildungsbetriebe unterstützen,
10-Punkte Programm umsetzen, überbetriebliche Lehrwerkstätten
bei Bedarf ausbauen, Ausbildungsplätze in weiterführenden Schulen,
FH und Unis.
• Keine Einsparungen im Sozialbereich: Betroffene benötigen eine
psychische und emotionale Stabilisierung, um sich mit Kraft und
Zuversicht auf die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle zu machen.
Daher ist es besonders wichtig, den Menschen in Vorarlberg psychosoziale
Hilfe und Unterstützung zukommen zu lassen. Ziel des ifs ist
es, Betroffene dahingehend zu unterstützen, ihr Leben wieder aus
eigener Kraft zu meistern und an der Gesellschaft teilzuhaben.
• Aufmerksame Beobachter: AK, Caritas und ifs bekennen sich zu
einer ständigen, aufmerksamen Beobachtung und Kontrolle im Sinne
Ihrer Mitglieder und Klienten. Die Krise ist noch nicht vorbei und wie
die nächsten Schritte gesetzt werden, hat auf viele von uns existenzielle
Auswirkungen.

(Red.)

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