Urteil gegen Mafia-Pate "Dexter" rechtskräftig: Es bleibt bei lebenslang

Laut Urteil war "Dexter" eine führende Figur eines montenegrinischen Mafia-Clans und verantwortete zwischen Anfang 2020 und Sommer 2021 in Wien den Handel mit insgesamt 340 Kilogramm Kokain, 50 Kilogramm Heroin und fünf Kilogramm Cannabis. Zudem organisierte er Schmuggelfahrten für weitere 140 Kilogramm Kokain und 35 Kilogramm Heroin.
Die Vorsitzende des Senats verwies in der Urteilsbegründung auf das massive Vorstrafenregister des Angeklagten. In Serbien war er bereits wegen schweren Mordes zu 13 Jahren Haft verurteilt worden, in Wien erhielt er elf Jahre wegen schweren Raubes. Angesichts der "Täterpersönlichkeit", der "exorbitanten Suchtgiftmengen" und der zahlreichen Drogentoten, die indirekt mit seinem Handel in Verbindung gebracht wurden, sei eine Strafmilderung ausgeschlossen gewesen.
Verhandlung unter strengsten Sicherheitsmaßnahmen
Die Verhandlung fand unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Dutzende Polizeiautos und Motorräder sicherten die Umgebung des Justizpalastes, um mögliche Befreiungsversuche zu verhindern. Zwei Beamte der Polizei überwachten das Areal mit einer Drohne von der Terrasse des Justizcafés aus. Im Gebäude selbst waren Spezialeinheiten der Cobra, Wega und des Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Justizwache mit Maschinengewehren, Vollvisierhelmen und Schutzausrüstung postiert. Der Zugang zum Verhandlungssaal war hermetisch abgeriegelt, selbst Verteidiger und Dolmetscher mussten sich mehrfach ausweisen.
Im Gerichtssaal sicherten fünf SEK-Beamte, zwei Wega-Polizisten sowie mehrere Verfassungsschützer die Verhandlung. "Dexter" wurde von schwer bewaffneten Einsatzkräften in Hand- und Fußfesseln in den Saal eskortiert. Zusätzlich trug er einen Bauchgurt, der erst während der Verhandlung entfernt wurde. Insgesamt waren laut Polizei bis zu 50 Beamte für den Termin abgestellt, dazu kamen zahlreiche Justizwachebedienstete.
Dexter: "Habe das Gefühl, dass ich das nicht verdiene"
"Dexter" hatte in dem Verfahren stets seine Schuldlosigkeit betont. Vor dem OLG nutzte er sein Schlusswort, um sich über die Justiz zu beschweren: "Ich ersuche das hohe Gericht, die Strafe herabzusetzen. Ich hatte kein faires Verfahren." Dann wollte er aufzählen, womit seines Erachtens das Erstgericht seine Rechte verletzt hätte: "Es wurde abgelehnt, beantragte Zeugen zu vernehmen." Weiter kam er dann aber nicht mehr, da ihm die Senatsvorsitzende ins Wort fiel und darauf hinwies, dass der OGH alle behaupteten Verfahrensmängel als unzutreffend zurückgewiesen hätte. "Wollen Sie noch was zur Strafe sagen?", fragte die Richterin, worauf "Dexter" entgegnete: "Ich habe das Gefühl, dass die Strafe zu hoch ausgefallen ist und dass ich das nicht verdiene."
Auch Verteidiger Werner Tomanek hielt lebenslang für unangemessen. Aus generalpräventiven Gründen die im §28a Absatz 5 Suchtmittelgesetz (SMG) vorgesehene Höchststrafe zu verhängen, sei unangebracht. Mit der Inhaftierung seines Mandanten sei "nicht ein Gramm weniger" Suchtgift auf Wiens Straßen gelangt, dessen Qualität habe sich "nicht verschlechtert", sagte der Anwalt. Daher sei lebenslang "jedenfalls weit überzogen, das hat generalpräventiv überhaupt keine Auswirkungen".
OGH erklärte Auswertung von Kryptohandys für zulässig
Auf die Schliche kam man "Dexter" vor allem mit der Auswertung von vermeintlich abhörsicheren Kryptohandys, die dem Beweisverfahren in der ersten Instanz zugrunde lagen und die der OGH für zulässig erklärte. Die kriminelle Vereinigung hatte sich zur Abwicklung ihrer Geschäfte dieser Geräte bedient, bei denen nicht einmal eine Standort-Peilung möglich war. Man konnte damit nicht telefonieren, aber Bilder, Videos und Audio-Nachrichten verschicken. Ausländischen Strafverfolgungsbehörden gelang es dann jedoch, die Kommunikation der Kriminellen zu knacken und die Inhalte, die über Server in Kanada und Frankreich liefen, zu sichern. In weiterer Folge wurden die Chats mit Hilfe des FBI entschlüsselt, was Ermittlungen gegen Kriminelle in zahlreichen europäischen Ländern zur Folge hatte.
Die Chats, die "Dexter" und seine rund 200 Köpfe umfassende Gruppierung betrafen, wurden über Europol den österreichischen Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung gestellt. Der OGH erblickte in deren Auswertung keinen Verstoß gegen das Beweisverwendungsverbot. Begründung: Die zugrunde liegenden Ermittlungsmaßnahmen wären weder über Veranlassung österreichischer Strafverfolgungsorgane noch unter deren Beteiligung erfolgt. Vielmehr hätten die österreichischen Strafverfolgungsorgane "bereits vorhandene Beweisergebnisse beigeschafft", argumentierte der OGH. Zusätzlich gebe es auch "keine Hinweise darauf, dass der Angeklagte die Mobiltelefone mit den Technologien ANOM und SKY ECC nicht freiwillig benützt hat, dass dem Inhalt der aufgezeichneten Kommunikation ein von behördlicher Seite veranlasster Zwang oder ein sonstiges (etwa listiges) Einwirken staatlicher Behörden auf den Angeklagten zugrunde liegt, dass im Zuge der Ermittlungsmaßnahmen durch in- oder ausländische Behörden auf die Freiheit der Willensentschließung oder -betätigung des Angeklagten eingewirkt worden wäre, oder dass der Angeklagte durch Strafverfolgungsorgane (oder durch von diesen beauftragte Dritte) zur Begehung von Straftaten verleitet worden wäre."
(APARed)
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