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Ursachen und Behandlung von Weichteilschmerzen

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Es sind Krankheiten mit vielen Gesichtern. Das macht eine Diagnose oft schwierig und führt zu hohem Leidensdruck.
Gesundheit im Vordergrund
Auch Indianer kennen Schmerzen

Schmerz bewegt und das in jeder Beziehung. Das Thema füllte einmal mehr auch den Panoramasaal im Landeskrankenhaus Feldkirch, wo Primar Dietmar Striberski über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten von Weichteilschmerzen informierte. Das Landeskrankenhaus Bludenz, in dem er die Abteilung für Innere Medizin leitet, ist bekannt für seinen rheumatologischen Schwerpunkt. Laut Striberski erfordern Weichteilschmerzen immer eine genaue Abklärung, um eine zielgerichtete Behandlung einleiten zu können. Das gestaltet sich zuweilen jedoch schwierig. Besonders das Fibromyalgie-Syndrom gibt häufig Rätsel auf und lässt Patienten oft jahrelang leiden.

Emotionale Komponenten

Weichteilschmerzen haben viele Gesichter. Dass sie sich unterschiedlich äußern, macht eine Diagnostik nicht einfacher. Sie können das Binde- und Fettgewebe, aber auch Bänder, Gelenke, Nerven und sogar Knochen betreffen. Zudem gibt es verschiedene Schmerzqualitäten, was sich auch auf die Behandlung auswirkt. So ist Tiefenschmerz eher schwierig zu therapieren. Beschwerden, bei denen klare Auslösepunkte festgemacht werden können, sind hingegen gut behandelbar. Das schützt allerdings nicht vor einer Chronifizierung. Selbst, wenn der Auslöser beseitigt ist, kann es dazu kommen, weil die Schmerzwahrnehmung im Gehirn gestört ist. „Außerdem hat jede Schmerzwahrnehmung auch eine emotionale Komponente“, erklärte Primar Dietmar Striberski. Ist jemand munter oder satt, empfindet er Schmerz anders, als wenn er müde oder hungrig ist. Dem nicht genug. Weichteilschmerzen können stechend und krampfartig, bewegungsabhängig und bewegungsunabhängig, belastungsabhängig und belastungsunabhängig sowie im Schlepptau von Allgemeinsymptomen wie Müdigkeit, Fieber oder Gewichtsverlust auftreten. Diese Vielfalt erfordert mitunter eine Abklärung durch verschiedene medizinische Disziplinen.

Rheumatischer Notfall

Nach dem allgemeinen Überblick ging Striberski auf häufig vorkommende Krankheitsbilder ein. Dazu zählt das Weichteilrheuma. Leitsymptome sind beidseitige Schulterschmerzen sowie erhöhte Entzündungswerte. „Diese können aber auch Hinweise auf eine Grunderkrankung sein“, erläuterte der Internist. Daher gelte es, zuerst alle andere Krankheitsbilder auszuschließen. Er machte zudem darauf aufmerksam, dass es sich bei der sogenannten Riesenzellarteriitis, die im Verbund mit Weichteilrheuma auftreten kann, um einen rheumatischen Notfall handelt, weil wichtige Blutgefäße verstopft werden. Ein Indiz sind Sehstörungen. Die Behandlung von Weichteilrheuma erfolgt mittels Kortison. „Das ist besser als sein Ruf“, versicherte Striberski dem Publikum.
Eine schwer zu diagnostizierende Erkrankung stellt das Fibromyalgie-Syndrom dar. Es trifft vor allem Frauen im mittleren Lebensalter. Diese nichtentzündliche chronische Krankheit zieht den ganzen Körper in Mitleidenschaft. „Alles tut weh“, brachte es Dietmar Striberski auf den Punkt. Häufig sind anhaltende Müdigkeit, Kopfschmerzen, Kältegefühl sowie Herzrhythmus- und Gefühlsstörungen damit verbunden. Die Entstehung ist weitgehend ungeklärt, eine Rolle könnten Lebenskrisen spielen. Herkömmliche Schmerzmittel helfen nicht weiter. Es braucht eine multimodale Therapie, zu der neben Psychopharmaka auch Physiotherapie gehört, um die Beweglichkeit zu erhalten. Ein wichtiger Faktor ist außerdem die Psychotherapie. Striberski redete auch alternativen Methoden wie der Magnetfeldtherapie das Wort.

Immunsystem auf Abwegen

Bei entzündlichen Muskelerkrankungen kann sogar die Haut betroffen sein. Diese Weichteilschmerzen gehen mit einer zunehmenden Muskelschwäche einher. Sie gehören in die Kategorie der Autoimmunerkrankungen, bei denen sich das Immunsystem gegen körpereigenes Gewebe richtet. Hohe Dosen an Kortison halten die Schmerzen in Schach. Virusinfekte, Medikamente, und hier besonders die cholesterinsenkenden Statine, Gefäßerkrankungen sowie Essstörungen verursachen ebenfalls Muskelschmerzen. Alkohol und Diabetes schädigen die Nerven und führen zu Nervenschmerzen. Abschließend kritisierte dietmar Striberski, dass hochpotente Schmerzmittel in Österreich immer noch nur sehr selten verwendet würden und Patienten deshalb oft unnötig leiden müssten.

Fragen aus dem Publikum

Seit einer Bandscheiben-Operation verspüre ich Schmerzen am ganzen Körper. Was kann das sein?
Striberski Es kann sich um eine Chronifizierung der Schmerzwahrnehmung handeln. Normale Schmerzmittel helfen da nicht, es braucht eine multimodale Therapie.

Was tun, wenn Statine zur Cholesterinsenkung starke Muskelschmerzen verursachen?
Striberski Sie können die Statine eine Weile absetzen und schauen, ob die Schmerzen verschwinden. Ist das der Fall, muss auf eine alternative cholesterinsenkende Behandlung umgestiegen werden.

Was ist eine hohe Dosis Kortison?
Striberski: Das sind zwei Milligramm pro Kilo Körpergewicht.

Gibt es für Weichteilschmerzen auch Ernährungsempfehlungen?
Striberski Nein, das muss jeder selbst ausprobieren.

Kann man Kortison einfach absetzen?
Striberski Das sollte nicht gemacht werden. Besser ist ein langsames, stufenweises Ausschleichen.

Wer macht eine seriöse Fibromyalgie-Abklärung?
Striberski Das ist ein sehr, sehr komplexer Vorgang. Es braucht viel Zeit und Geduld und ein Eingehen auf den Patienten. Sowohl ein Hausarzt wie ein Facharzt können eine solche Abklärung durchführen. Es braucht nur das nötige Engagement. Auch der Patient sollte hartnäckig bleiben.

Welche Ernährung nützt bei Gicht?
Striberski Da empfiehlt sich eine purinfreie Diät. Unter anderem sollten Innereien, rotes Fleisch und Alkohol gemieden werden.

Kann ein Weichteilrheuma komplett ausheilen?
Striberski Jein: Es gibt gutartige Verläufe, bei denen der erste Schub der letzte sein kann. Es können nach langer Zeit aber auch wieder Schübe kommen. Warum das so ist, wissen wir nicht genau.

Hat Kortison viele Nebenwirkungen?
Striberski Sie sind schon zahlreich, aber dosisabhängig, also je niedriger die Dosis, umso weniger Nebenwirkungen. Außerdem müssen sie nicht bei jedem auftreten. Bei Frauen, die eine Kortison-Dauertherapie haben, ist eine Osteoporose-Prophylaxe mit jährlicher Knochendichtemessung wichtig, weil Kortison den Knochenabbau begünstigt.

Wer stellt die Diagnose bei Weichteilrheuma?
Stribersik Das kann auch der Hausarzt, weil die Symptome meist eindeutig sind. Der Hausarzt sollte überhaupt immer erster Ansprechpartner sein, weil er schon viel herausfiltern kann.

Wenn aber keine Entzündung vorliegt?
Stribersik Dann ist ein Weichteilrheuma ausgeschlossen.

(Red.)

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