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Unwürdiges Ende für Zidane

Erst ein Elfmetertor für die Raritätenkiste, dann eine böse Entgleisung: Die große Karriere des Zinedine Zidane ist im WM-Endspiel gegen Italien denkbar unwürdig zu Ende gegangen.  | Dennoch "Bester Spieler" | Die Attacke

Nach einem wuchtigen Kopfstoß gegen Marco Materazzi sah einer der größten Ballzauberer in der Geschichte des Fußballs im Olympiastadion zehn Minuten vor Ende der Verlängerung die Rote Karte. Das Finale war für den 34-Jährigen das letzte seiner 108 Länderspiele und seine 785. Partie als Profi, in der er die Fans nicht nur verzauberte, sondern auch manchmal durch seinen Jähzorn verstörte.

Seine Mitspieler bescherten ihm mit einer 3:5-Niederlage im Elfmeterschießen den “Vizeweltmeistertitel” als Abschiedsgeschenk. Stürmer David Trezeguet avancierte mit einem Lattenpendler zum tragischen Helden. Er war der Einzige, der seinen Penalty nicht verwandelte. Bei der Siegerehrung blieb Zidane in der Kabine, holte sich seine Medaille nicht ab.

Die letzte Zugabe des Hauptdarstellers begann mit einer wie auf ihn zugeschnittenen Szene mit dramaturgischem Effekt. Bei seinem in der 7. Minute verwandelten Foulelfmeter verlud er Italiens Torwart Gianluigi Buffon genauso aufreizend wie der Tscheche Antonin Panenka 1976 Sepp Maier im EM-Finale. Der mit Rückdrall gelupfte Ball sprang dann von der Querlatte eindeutig hinter die Torlinie. Das 32. Länderspieltor des Stars wäre fast noch gefolgt: Buffon verhinderte in der Verlängerung, dass Zidane wie 1998 im Finale ein Kopfballtor gelang.

Wenig später passierte es: Nach einem verbalen Scharmützel mit Materazzi brannten Zidane in der 108. Minute die Sicherungen durch. Schiedsrichter Horacio Elizondo hatte keine andere Wahl, als dem Kapitän Rot zu zeigen. Schon auf dem Weg zum WM-Titel vor acht Jahren war Zidane in der Vorrunde vom Platz geflogen.

Die neuerliche Undiszipliniertheit überschattete die Lobeshymnen, mit denen das Ballgenie nach 18 Profijahren vor der Partie überschüttet wurde. Ein weiterer Beweis für die Beliebtheit des bescheidenen Stars ohne Allüren: 80 Prozent der vom Ausrüster Adidas verkauften 500.000 Trikots trugen seinen Namen mit der Rückennummer 10.

Pele hatte diese auf ewig berühmt gemacht. Auf einer Ebene mit Brasiliens Legende, seinem großen Idol Alfredo Di Stefano, Franz Beckenbauer, Johan Cruyff, Diego Maradona oder Landsmann Michel Platini wäre auch Zidane ohne die Rote Karte vom Sonntag in das Adelsverzeichnis des Fußballs eingegangen. Die Künste des “Nurejew in Stollenschuhen” (“Frankfurter Allgemeine Zeitung”), des “Fred Astaire des Fußballs” (“Liberation”) werden in den Stadien der Welt dennoch fehlen. Auch der Ball, den er immer gut behandelte, wird “Zizous” Streicheleinheiten vermissen.

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