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Umstrukturierung des Sozialwesens

Gemeinderat: „Fonds Soziales Wien“ künftig zuständig, politische Verantwortung wandert von Laska zu Pittermann - Kritik von Opposition.

Eine grundlegende Umstrukturierung des Sozialwesens wird am Freitag im Wiener Gemeinderat beschlossen. Im Jahr 2004 wird ein Großteil der Sozialagenden unter der operativen Führung des „Fonds Soziales Wien“ (FSW) zusammengefasst. Die politische Verantwortung wandert von Vizebürgermeisterin Grete Laska zu Gesundheitsstadträtin Elisabeth Pittermann (beide S). ÖVP, Grüne und FPÖ befürchten durch die Reform eine Ausschaltung der Oppositionskontrolle und Verschlechterungen für die Empfänger der Sozialleistungen.

„Fonds Soziales Wien“ übernimmt
Zunächst werden die Agenden der bisher für Soziales zuständigen Abteilungen MA 12 und 47 ab 1. Jänner 2004 in einer provisorischen MA 15A zusammen gefasst. Nach dem 30. Juni soll dann der „Fonds Soziales Wien“ unter der Leitung des ehemaligen Drogenkoordinators der Stadt, Peter Hacker, die Aufgaben übernehmen. Es geht dabei um ein Budget von jährlich 500 Millionen Euro und 500 bis 600 Mitarbeiter.

Als die SPÖ die Pläne dafür im vergangenen Februar bei ihrer Klubtagung in Rust präsentierte, war sogar noch von jährlich 1,2 Mrd. Euro die Rede. Damals wollte man auch die Sozialhilfe ausgliedern, diese bleibt nun aber in der Verantwortung des Magistrats, so ein Sprecher des FSW.

Im Gemeinderat wird am Freitag mit absoluter SP-Mehrheit die neue Satzung des Fonds und das Budget 2004 für die MA 15A bzw. den FSW beschlossen. Abgesegnet wird außerdem eine Nachdotierung von 500.000 Euro. Damit würden „notwendige Schritte für die Umstrukturierung“ abgedeckt, die der Fonds vorfinanziert habe, hieß es.

Opposition: Hilfsbedürften werden „Bittsteller“
Der FSW entscheidet künftig über die Finanzierung und Förderung von Leistungen zur Behinderten-, Wohnungslosen-, Senioren- oder Flüchtlingshilfe. Die Richtlinien definiert der Fonds, ein gesetzlicher Rechtsanspruch besteht nicht. Hier setzt auch bereits die Kritik der Opposition an, die die Hilfsbedürften zu „Bittstellern“ degradiert sieht.

Weiters werde durch die Konstruktion des Fonds die politische Kontrolle ausgeschaltet, meinen FPÖ, ÖVP und Grüne. Die entscheidenden Organe (Präsidium, Kuratorium, Geschäftsführer) würden von der SPÖ, die über eine absolute Mehrheit verfügt, im Alleingang bestellt. Der Beirat, in dem auch die Rathaus-Opposition vertreten ist, tage nur zwei Mal jährlich und habe keine Entscheidungskompetenz. Fragen zu den Sitzungen müssen schriftlich und im Voraus deponiert werden.

Begünstigung für SP-nahe Vereine?
Umgestellt wird auch die Förderpraxis. Die Leistungen werden nicht mehr wie bisher ausgeschrieben. Der Einzelne bekommt vom Fonds Fördergelder und muss einen individuellen Vertrag (ähnlich wie beim Pflegegeld) mit Sozialeinrichtungen (z.B. Essen auf Rädern) abschließen. Die Opposition sieht dahinter die Absicht, SP-nahe Vereine zu begünstigen. Außerdem werde dadurch das Bundesvergabegesetz bzw. das EU-Wettbewerbsrecht umgangen, weshalb Klagen von nicht berücksichtigten Firmen nicht auszuschließen seien.

Redaktion: Claus Kramsl

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