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"Über "Sechsündentee" und andere Kräutlein

Horst Schwaiger bekommt oft Besuch von Franz Bahl.
Horst Schwaiger bekommt oft Besuch von Franz Bahl. ©est
Kräuterbauer Horst Schwaiger erzählt aus seinem Leben
Der Kräuterbauer vom Ziegerberg

Tschagguns Vor 30 Jahren haben Monika und Horst Schwaiger hier auf 1038 Metern mit dem Anbau von Kräutern begonnen, in einem Zeitalter in dem die Naturprodukte noch ein einsames Nischendasein fristeten. Monika verstarb vor einem Jahr, sie stand ihm stets zur Seite. „Sie war nicht nur meine ehelich Getraute, sie war auch meine Kameradin in allen Lebenslagen“, blickt Horst mit Wehmut zurück.

 Aus den Anfangszeiten

In den 1980ern-Jahren bekam der gebürtige Kleinwalsertaler das Angebot, den botanischen Alpengarten bei der Lindauer Hütte zu sanieren. Vier Jahre lang war er mit dem Projekt beschäftigt und zehn Jahre hatte er die Leitung inne. Damals wanderte der Kräutermann regelmäßig auf Schusters Rappen vom Montafon nach Mittelberg. Eine Tagesreise weit über Pässe und Berge nach Hause zu seiner Familie. „Das war die schönste Zeit in seinem Leben“, erinnert er sich gerne zurück.

Der Kräuterbauer war geboren

Im Jahr 1990 legte das Paar den Grundstein für das Geschäft mit den Kräutern und kaufte das Anwesen mit Stall auf dem „Ruch“, was Fels heißt. Das Maisäßhaus wurde im Jahr 1742 erbaut. Monika war die geborene Geschäftsfrau und hatte ein gutes Händchen für die Kunden. Horst war der Visionär mit guten Ideen und packte tatkräftig mit an. Bis hoch hinauf auf die Alpen zog es die Pioniere zum Kräutersammeln, mit den Jahren konnten sie zwei Drittel ihrer Kräuter im eigenen Anwesen ernten. Neben dem fachmännischen Trocknen nahm die Vermarktung auf dem Bauernmarkt in Schruns und auf anderen Märkten landauf, landab viel Zeit in Anspruch. „Die Arbeit mit den Kräutern war sehr aufwendig, aber wohltuend“, erwähnt Horst und blickt dabei auf ein bewegtes Leben zurück.

 Alkoholisches und Heilendes

Auch Schnäpse und Liköre hatte das geschäftstüchtige Paar im Sortiment. Zu den Spezialitäten zählten Schlüsselblumen, Spitzegerichkraut, Beinwell, Schafgarben, Brennnesseln, Tannen- und Latschenwipfele. Verkaufsschlager war der „Sechssündentee“ der gegen die Wohlstandsünden nützlich sei und aus sechs Kräutern besteht, aber auch der Holundersirup, die Rotholunder- und Vogelbeer-Marmelade und der wilde „Masero“ (Majoran) fanden guten Absatz.

 Das Leben auf dem Ruch

Im Anwesen gab es anfangs kein fließendes Wasser, 20 Jahre holten sie dies vom Brunnen vor dem Haus. „Das war ein bisschen unser Sport“, sagt Horst. Heute ist alles eingerichtet, sogar einen Fernseher steht in der Stube. „Ich möchte nicht komplett urbanisiert werden, ich bin sehr zufrieden auch ohne Internet“, so Schwaiger. Er sitzt gerne in der Stube am urigen Tisch vor dem Herrgottswinkel und studiert naturwissenschaftliche Literatur vom Alpen- und Mittelmeerraum sowie über die Atlantikinseln. Im Moment schreibt er auf dem Laptop an seinem Buch „Vom Kleinenwalsertal ins Montafon“. Das Credo war und ist heute noch von Horst, die Natur nicht zu schädigen, sie aber auch nicht unter die Glasglocke zu stellen. Für das im Werden entstehende Kompendium über Pflanzen, Kräuter und über die Gesetzmäßigkeiten der Natur sucht der 75-Jährige noch einen Verlag.

Mit dem Auto erledigt Horst, der seine zweite Heimat am Ziegerberg hat, noch selber Besorgungen im Dorf. Oft besucht ihn sein r Freund Franz Bahl und hilft wo es nur geht. Die Gesundheit macht dem sonst so rüstigen Kräutermann im Moment jedoch schaffen. „Wir haben die halbe Welt bereist. Ich möchte aber so lange es geht, hier oben bleiben, hier fühle ich mich am Wohlsten“, so der Kräuterpionier. EST

 Zur Person:

Horst Schwaiger, 1944 in Obersdorf/DE

Beruf: Kräuterbauer

Verheiratet mit Monika, verwitwet seit 2018

Vier Kinder

Hobbies: Naturwissenschaft, Pflanzensoziologie, Pflanzen in Lebensgemeinschaften

Motto: Lebe dein Leben

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