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"Tut schon weh": EAV-Legende Thomas Spitzer wird 70

EAV-Gründer und Musiker Thomas Spitzer feiert seinen 70. Geburtstag.
EAV-Gründer und Musiker Thomas Spitzer feiert seinen 70. Geburtstag. ©APA/EVA MANHART
Er hat Austropop-Klassiker getextet und mit seiner Band EAV die Hitparaden erobert: Thomas Spitzer feiert seinen 70. Geburtstag.
Kultband EAV verabschiedet sich in der Wiener Stadthalle

Am 6. April wird der Musiker, Texter, Grafiker, Sänger und Gitarrist, Thomas Spitzer 70 Jahre alt. "Humor ist das Rettungsboot im Meer des Elends", ist das Credo des Musikers. Zu seinem baldigen Geburtstag zitierte er Elke Heidenreich: "Altwerden ist ein Massaker! Ich schließe mich ihr völlig an."

EAV-Legende Thomas Spitzer feiert seinen 70. Geburtstag

Er werde seinen Geburtstag "in tiefster Depression ganz alleine feiern", schmunzelte der Jubilar, um anschließend zu sagen: "Is' mir eh wurscht, dass da ein Siebener vorn steht." Nachsatz: "Stimmt aber nicht, tut schon weh." Ein Geschenk gibt es trotzdem, Spitzers Frau Nora hat ein Buch, "Geht ein altes Herz auf Reisen", mit 150 handschriftlichen Liebesbriefen und Reiseberichten ihres Mannes gestaltet.

Der Musiker ist in Graz-Liebenau geboren worden

Geboren in Graz-Liebenau als Sohn eines Schriftstellers und einer Journalistin war die Kindheit vom strengen Vater geprägt. "Es gab keinen Fernseher, kein Radio und keinen Plattenspieler im Haus", erzählte der Künstler. "Ich kannte bereits in der ersten Klasse Volksschule alles, was es altersadäquat in der Stadtbibliothek Graz gab. Aber mein Vater hätte mich umgebracht, wenn ich mit einem Comic-Heft nach Hause gekommen wäre. Das Einzige, womit ich mich beschäftigen durfte, waren Wilhelm Buschs gesammelte Werke."

Thomas Spitzer musste seine Comics selber zeichnen und texten

So musste Thomas seine Comics selber zeichnen und texten, dabei entdeckte er früh sein grafisches Talent: "Mein Vater hat am Schreibtisch auf seiner alten Schreibmaschine herumgeklimpert und ich saß daneben und hab' gezeichnet." Aus der Mittelschule sei er "entfernt worden", weil seine Noten alle zwischen Vier und Fünf lagen - "außer in Sport, Musik, Deutsch und Zeichnen". Also besuchte Spitzer eine Kunstgewerbeschule, auch aus einem anderen Grund: "Im Gymnasium waren lange Haare nicht erlaubt. Aber dort durfte man Federn bis zum Arsch haben."

Spitzer war als Werbegrafiker nicht glücklich

Ein Jahr hielt Spitzer als Werbegrafiker durch, glücklich war er nicht: "Da habe ich gesagt, ich geh noch mal nach Wien und verschaff mir noch ein bisserl Narrenfreiheit." Ab 1974 studierte er an der Universität für angewandte Kunst. Die Anarcho-Schock-Rock-Gruppe Drahdiwaberl spielte dort jährlich ein Konzert. "Da dachte ich immer: Das wär's", erinnerte sich Spitzer, der sich mit 14 das Gitarrespielen selbst beigebracht hat - "ich gestehe, weil ich gemerkt habe, dass man damit beim anderen Geschlecht relativ gut ankommt".

Beim Studium gründete Spitzer mit Nino Holm die EAV

Im Zuge des Studiums gründete Spitzer mit Nino Holm die EAV. "Spielen konnten wir nicht besonders gut, also machten wir Musiktheater. So ist aus der Not eine Tugend geworden, die sich relativ erfolgreiche entwickelt hat", schmunzelte Spitzer, der fast alle Texte der Band schrieb. Wegen der Tourneen war er am Ende nur selten an der Angewandten zu finden, das Studium schloss er trotzdem ab. Als Diplomarbeit reichte Spitzer das EAV-Album "Cáfe Passé", Bühnenbild, Kostüme und einen Live-Mitschnitt ein. Seine Mutter, mit dem Beruf ihres Sohnes alles andere als glücklich, "war zufrieden".

Erfolg der EAV erst mit Einstieg von Klaus Eberhartinger möglich

Wilfried wurde erster Sänger der EAV, damals noch Erste Allgemeine Verunsicherung, Gert Steinbäcker folgte. Mit beiden blieb Spitzer in Freundschaft verbunden, für beide schrieb er Songtexte. Der kommerzielle Erfolg der EAV sei erst mit dem Einstieg von Klaus Eberhartinger möglich gewesen: "Die Qualität von Klaus liegt im Schlüpfen in tausenderlei Rollen. Wir haben ihn zum Geschichtenerzähler gemacht. Das war im Endeffekt das Erfolgsrezept."

EAV-Durchbruch mit Alben wie "Spitalo Fatalo"

Die EAV feierte mit dem Album "Spitalo Fatalo" sowie den Singles "Afrika - Ist der Massa gut bei Kassa" und "Alpenrap" den kommerziellen Durchbruch. Mit der LP "Geld oder Leben!" ging es 1985 steil bergauf - auch international, nicht zuletzt wegen der Single "Ba Ba Banküberfall". 1987 erschien das kommerziell erfolgreichste Werk "Liebe, Tod und Teufel". Insgesamt verkauften sich Tonträger mit Thomas Spitzer kolportierte zehn Millionen Mal.

Spitzer: "Für uns war der große Erfolg eine Überraschung"

"Für uns war der große Erfolg eine Überraschung", so Spitzer. "In den Anfangsjahren sind wir bei jeder Plattenfirma rausgeflogen. Sie haben uns gesagt, wir seien gut aufgehoben im Bereich der Kleinkunst, aber verkaufen können sie uns sicherlich nicht." Spitzer gestaltete sämtliche Cover der Band und verpackte geschickt Kritik in simpel anmutende Songs: "Das war schon relativ genial, dass durch diese leicht konsumierbaren Melodien drei Generationen darauf abgefahren sind und was zwischen den Zeilen stand, erst später verstanden wurde."

"Zwischen Allerheiligen und Ostern ist es am Indischen Ozean a net schlecht."

In Kenia richtete die EAV ihr Studio ein, das Land wurde zur zweiten Heimat Spitzers: "Ich liebe Österreich, ohne Nationalist zu sein. Aber zwischen Allerheiligen und Ostern ist es am Indischen Ozean a net schlecht."

"Habe einige Teiltalente, bin aber in keiner Disziplin ein Chef"

Über seine lange Karriere resümierte Spitzer: "Ich habe einige Teiltalente, bin aber in keiner Disziplin ein Chef. Auf der anderen Seite ist meine Lebenspalette so bunt. Wäre ich nur ein Top-Maler oder Top-Gitarrist, wäre mein Leben fad. So aber darf ich in fünf Bereichen kreativ sein." Zumindest eines schätzt der Steirer am Alter: "Jetzt habe ich mehr Zeit für meinen vierjährigen Sohn ein besserer Vater zu sein als ich das für meine geliebte Tochter war." Was ihm rückblickend leid tue? "Dass meine Mutter verstorben ist, bevor ich den Ehrenprofessor bekommen habe." Wenn es so etwas wie ein Danach gebe, so richtet ihr Spitzer aus: "Mama, aus deinem versauten Buben, ist doch was geworden."

(APA/Red)

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