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Türkis-grüne Regierung nach Angelobung offiziell im Amt

Das türkis-grüne Regierungsteam wurde offiziell angelobt.
Das türkis-grüne Regierungsteam wurde offiziell angelobt. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Alexander Van der Bellen gelobte am Dienstag die erste Bundesregierung mit Beteiligung der Grünen in der Wiener Hofburg offiziell an.
Bilder der Angelobung

Die türkis-grüne Regierung unter Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist am Dienstag in der Hofburg von Bundespräsident Alexander Van der Bellen angelobt worden. Damit hat Österreich erstmals eine Bundesregierung mit Beteiligung der Grünen.

ÖVP-Grüne-Regierung wurde von Van der Bellen offiziell angelobt

Das türkis-grüne Regierungsteam besteht - Staatssekretäre inklusive - aus 17 Personen und hat damit einen Minister mehr als das erste türkis-blaue Kurz-Kabinett. Die ÖVP stellt neben dem Bundeskanzler zehn Minister und einen Staatssekretär, die Grünen haben vier Minister und eine Staatssekretärin.

Die ÖVP-Minister sind Finanzminister Gernot Blümel, Außenminister Alexander Schallenberg, Innenminister Karl Nehammer, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, Bildungsminister Heinz Faßmann, Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, Integrationsministerin Susanne Raab, Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher, Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler für Europafragen und Magnus Brunner als Staatssekretär im grünen Umweltministerium.

Die grüne Regierungsmannschaft besteht aus Vizekanzler Werner Kogler, Umwelt- und Infrastrukturministerin Leonore Gewessler, Sozialminister Rudolf Anschober, Justizministerin Alma Zadic und Staatssekretärin Ulrike Lunacek.

Van der Bellen dankte Übergangsregierung von Bierlein

Die Objektive der Kameras seien in den letzten Monaten ungewöhnlich oft auf diesen Raum gerichtet gewesen. "Heute schließt sich der Kreis", sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen in seiner Angelobungsrede. "Unsere Demokratie ist lebendig. Sie hat die Kraft zur Selbstreinigung und Erneuerung. (...) Wir haben das gemeinsam ganz gut hingekriegt. Das stimmt mich optimistisch", so der Bundespräsident, der sich ausdrücklich bei der Regierung Brigitte Bierlein bedankte. "Diese Regierung hat der Republik eine großen Dienst erweisen."

Bundespräsident wünscht sich Dialog

Bundespräsident Van der Bellen hat im Rahmen der Angelobung der neuen Regierung an die Dialogbereitschaft von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und dem Rest der Regierungsmannschaft appelliert. Er wünschte sich, die türkis-grüne Regierung werde "zügig, ruhig und gewissenhaft" arbeiten und "im Gespräch bleiben mit Österreich", sagte er am Dienstag in der Hofburg.

"Ich will, dass die Farben dieser Regierung rot-weiß-rot sind", richtete das Staatsoberhaupt mahnende Worte an die neue Regierung. Eigeninteressen müssten zurückgestellt werden, forderte er, während "große Fragen unserer Zeit mutig und zuverlässig" angegangen werden sollten - für alle Österreicherinnen und Österreicher und mit Blick auf die kommenden Generationen.

Ibiza-Affäre "ganz gut hinbekommen"

Nach den "hinlänglich bekannten Ereignissen" im Mai des vergangenen Jahres freute sich der Präsident über die Angelobung des neuen Regierungsteams. Erneut bedankte er sich bei der Übergangsregierung von Kanzlerin Brigitte Bierlein und betonte in Anspielung auf die Ibiza-Affäre, dass "wir das alles ganz gut hinbekommen" haben.

"Unsere Demokratie ist lebendig", sagte Van der Bellen vor der Angelobung der neuen Regierung im aus den Nähten platzenden Maria-Theresien-Zimmer in der Hofburg. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass es auch in einer Demokratie ständig die "Kraft zur Erneuerung" geben müsse, so der Präsident.

Die Übergangsregierung habe der Republik "einen Dienst erwiesen", so Van der Bellen. Das nach der Regierungskrise zurückgewonnene Vertrauen in die Demokratie müsse nun weiter ausgebaut werden, forderte er. Denn das Vertrauen der Österreicher sei nicht selbstverständlich, sondern müsse ständig neu errungen werden, beteuerte Van der Bellen.

Neuer Regierung "Macht in die Hände gelegt"

Mit der Angelobung werde der neuen Regierung "Macht in die Hände gelegt", wies der Präsident das sichtlich nervöse Team auf die große Verantwortung hin. Die Macht sei aber nur ein Mittel zum Zweck, erinnerte Van der Bellen. "Es ist ein Mittel, um den Menschen in unserem Land zu dienen", sagte er und wünschte sich, dass der Zusammenhalt weiter gestärkt wird.

Nach seiner kurzen Ansprache enthob Van der Bellen die alte Regierung um Kanzlerin Bierlein des Amtes und lobte als ersten Sebastian Kurz als Kanzler an. Nach dessen Unterschrift folgten Werner Kogler als Vizekanzler und die restlichen Minister und Staatssekretäre. Die Ernennungen der Minister beziehen sich bisher einmal auf die momentan bestehenden Ressorts, betonte Van der Bellen, und noch nicht auf die neuen Zuständigkeitsbereiche einiger türkis-grüner Ministerien.

SPÖ bietet Regierung die Hand, FPÖ beklagt Macht der ÖVP

Die SPÖ hat der neuen Regierung am Dienstag zur Angelobung gratuliert. Nationalratspräsidentin Doris Bures plädierte für eine "Zusammenarbeit auf Augenhöhe" im Parlament, Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser bot ihr eine "ausgestreckte Hand" für konstruktive Gespräche. Anders die FPÖ, die Bundespräsident Alexander Van der Bellen vorwarf, der ÖVP zur "totalen strukturellen Macht" zu verhelfen.

Nach der massiven Kritik der vergangenen Tage am Regierungsprogramm - die Rede war von einem türkisen Programm mit grüner Tarnfarbe - gaben sich SPÖ-Vertreter nach der Angelobung am Dienstag konziliant. Sowohl Bures als auch Kaiser gratulierten der neuen Regierung und zeigten sich gesprächsbereit. "Das Parlament ist und will ein starker Partner der Bundesregierung sein", sagte Bures in einer Aussendung. Ähnlich Kaiser, der für eine konstruktive Zusammenarbeit plädierte, die natürlich auch Platz für inhaltliche Kritik bieten müsse.

Deutlich unfreundlicher fiel dagegen die Begrüßung der neuen Ministerinnen und Minister durch die FPÖ aus. "Bundespräsident Alexander Van der Bellen ebnet heute den Weg der ÖVP zur totalen strukturellen Macht", kritisierte Klubchef Herbert Kickl in einer Aussendung. Er sieht durch Türkis-Grün das "pechschwarze System Niederösterreich" etabliert, ergänzt um "gemeingefährliche linkslinke Experimente". Einmal mehr schoss sich Kickl auch auf die bosnisch-stämmige Justizministerin Alma Zadic ein, gegen die es bereits am Wochenende eine Reihe von teils rassistischen User-Kommentaren auf den Facebook-Seiten diverser FPÖ-Politiker gegeben hatte.

NEOS wünschen Regierungsparteien "alles Gute"

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger hat der neuen Regierung am Dienstag "alles Gute" gewünscht. "Jetzt gilt es, die vielfach vagen Absichtserklärungen des Regierungsprogramms mit Leben zu füllen", so Meinl-Reisinger in einer Aussendung. Ihre Partei werde genau beobachten, ob bei großen Zukunftsthemen wie Umwelt, Bildung und Entlastung die Dringlichkeit erkannt und wie die Finanzierung geklärt werde.

Namens der SPÖ deponierte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner neuerlich, dass man sich von der neuen Regierung Dialog auf Augenhöhe sowie ständigen Austausch erwarte. Gleichzeitig kritisierte sie in einer Aussendung, dass Geringverdiener bei der geplanten Steuersenkung sowie bei der Erhöhung des Familienbonus weniger bekommen als Menschen mit mittleren oder höheren Einkommen. Darüber hinaus sei die Ausgliederung der Arbeitsmarktpolitik aus dem Sozialressort sowie die Tatsache, dass alle sicherheitsrelevanten Ressorts in ÖVP-Hand sind, mit Sorge zu betrachten.

Die Volksanwaltschaft begrüßt die im Regierungsprogramm angekündigte "Stärkung der Volksanwaltschaft und Ausstattung mit bedarfsgerechten Ressourcen hinsichtlich der Abwicklung der Heimopferrentenregelung" sowie die Erweiterung der Prüfzuständigkeit des Rechnungshofs. Eine solche Ausweitung sollte auch für die Prüfkompetenz der Volksanwaltschaft angedacht werden, so diese in einer Presseaussendung.

(APA/Red)

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