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"Truckerbabe" Vorarlberg

Tamara mit ihrem 40-Tonner.
Tamara mit ihrem 40-Tonner. ©handout/privat
Von wegen Männer-domäne: Tamara Rohner (32) aus Dornbirn steuert hauptberuflich 40-Tonner über die Straßen. WANN & WO erzählte sie, wie sich der Job als (fast) einzige Frau am Steuer anfühlt, was sie von der TV-Show hält – und ob sie mitmachen würde.

5.45 Uhr, Tamaras Wecker klingelt. Um 6 Uhr beginnt ihr Arbeitstag. 15 Minuten also, um sich fertig-zumachen und zur Arbeit zu gelangen. Wenig Zeit? Nicht bei Tamara: Sie schwingt die Beine über die Bettkante, macht einen Schritt nach vorne – und ist an ihrem Arbeitsplatz. Denn der ist das Fahrerhaus eines 40-Tonner-Lkws.

Die Ausnahme von der Regel

„Ja, verwunderte Blicke ernte ich definitiv immer wieder, wenn ich am Steuer meines Lkws sitze“, erzählt Tamara lachend im Gespräch mit WANN & WO. „Am besten sind immer die Kollegen, die schon seit Jahrzehnten fahren und wohl noch nie eine Frau am Lenkrad eines Lasters gesehen haben. Denen fallen fast die Augen aus dem Kopf.“ Und tatsächlich sind weibliche Berufskraftfahrerinnen noch immer eher die Ausnahme als die Regel. „Es gibt schon ein Paar. Aber gemessen an der Gesamtzahl der Fahrer sind es eben ganz wenige“, sagt die 32-Jährige.

Traumjob seit Kindheitstagen? Nicht wirklich ...

Und auch für die Dornbirnerin war das Lkw-Fahren keine Berufung seit frühester Kindheit. „Um ehrlich zu sein, bin ich so ein bisschen auf Umwegen in den Job gekommen“, erklärt Tamara. „Ich habe elf Jahre lang in der Gastro gearbeitet. Und nach dieser langen Zeit in einem so anstrengenden und stressigen Beruf hatte ich einfach genug davon.“ Anschließend arbeitete die Pferdenärrin in verschiedenen Reitställen. Bei einem davon sollte es auch ihre Aufgabe werden, die Tiere zu Turnieren zu fahren. „Dafür musste ich natürlich den Lkw-Führerschein machen“, erinnert sie sich. „Das war immens viel Theorie, die ich über vier Monate lernen musste. Aber das Fahren an sich fiel mir immer leicht und machte mir auch Spaß. Sodass ich irgendwann eben dachte: Warum mache ich das eigentlich nicht hauptberuflich?“

Ihre Devise: "Machen!"

Gesagt, getan: Tamara bewarb sich bei Speditionsfirmen – und wurde auch rasch genommen. „Die waren, glaube ich, selbst erstaunt, dass sich eine Frau um die Stelle bewirbt“, sagt sie lachend. „Und mein Lebenslauf sieht jetzt wahrscheinlich auch ziemlich chaotisch aus – von Gastro zu Pferdeställen zum Lkw-Fahren. Aber ich sage immer, wenn man etwas will und sich die Gelegenheit bietet: Machen!“

So sitzt Tamara jetzt seit März hauptberuflich im Lkw-Sattel. Genauer gesagt auf dem Fahrersitz eines Betonmischers. Und zwischendurch steht sie dann an den großen Silos, in die sie das Material aus ihrem Fahrzeug entweder ablässt oder auflädt. „Die Arbeit macht mir richtig Spaß. Klar, die Tage sind lang und oft keine typischen, geregelten Acht-, sondern durchaus auch mal Zwölf-Stunden-Tage. Aber dafür kann ich mir die flexibel einteilen, habe ein tolles Team im Hintergrund, auf das ich immer zählen kann und trotzdem in meinem eigenen Lkw meinen Freiraum.“

Gegessen wird nur, was nicht bröselt

Und der hat seine Regeln: „In meinem ‚Brownie‘ gilt ganz klar: Schuhe aus! Und gegessen wird nur, was nicht bröselt“, erzählt Tamara und muss selbst lachen.  Doch „Brownie“ hat nicht nur Regeln, sondern auch Style: „In der Windschutzscheibe habe ich auch ganz klassisch ein Namensschild – mit Glitzer und einem Einhorn drauf“, sagt die Dornbirnerin grinsend. „Und statt der typischen Werks-Innenverkleidung hat mein Lkw beige Lederteppiche. Die passenden Vorhänge kommen auch noch.“ Wäre das nicht die perfekte Kulisse für die Teilnahme an der erfolgreichen TV-Show „Truckerbabes“? „Die Sendung schaue ich schon immer wieder einmal an, wenn ich gerade zur richtigen Zeit vor dem Fernseher sitze“, gibt Tamara zu. Und fügt lächelnd hinzu: „Bisher hat mich noch niemand gefragt, aber wenn man mich kontaktieren würde ... wer weiß. Anhören würde ich mir so ein Angebot auf jeden Fall mal.“

Dass sie aus der Masse der Lkw-Fahrer heraussticht, weiß Tamara: „Es gibt auch Fahrer, die sich überhaupt nicht um die Inneneinrichtung und Sauberkeit kümmern. Aber mir ist das schon wichtig – schließlich ist mein Lkw wie mein zweites Zuhause, ich verbringe praktisch jeden Tag darin.“ Und auch so manche Nacht: „Im Schnitt bin ich jede Woche für zwei Tage ganz weg und schlafe dann auch in meinem Laster.“ Dafür befindet sich hinter dem Fahrer- und Beifahrersitz eine kleine Schlafkabine mit ausziehbarem Bett, Schränken und Stauraum. „Das finde ich tatsächlich ziemlich fein. Und so eine längere Fahrt, bei der ich über Nacht bleibe, ist auch jedes Mal wie ein kleiner Roadtrip und bringt etwas Abwechslung“, sagt Tamara.

Eine Sache ist ihr dabei aber wichtig: „Ich schlafe nicht auf Autobahnraststätten, das ist mir dann doch zu unheimlich“, gesteht die 32-Jährige. „Stattdessen bleibe ich direkt auf dem Gelände der Zementwerke stehen. Das ist nie ein Problem und  dort habe ich einfach ein besseres Gefühl.“

Und einen weiteren Vorteil hat das auch: Während ihr Betonmischer um 5.45 Uhr alle Hydraulik-pumpen hochfährt, läuft Tamara einfach ein paar Schritte vom Parkplatz zur Werkskantine, um sich einen Kaffee zu holen. Und sitzt pünktlich um 6 Uhr am Steuer ihres „Brownie“.

(WANN & WO)

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