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Tourismus erholt sich auch im Sommer nur zum Teil

Die Betten in den österreichischen Städten sind laut Wirtschaftskammer je nach Hotelgröße nur zu 10 bis 30 Prozent belegt.
Die Betten in den österreichischen Städten sind laut Wirtschaftskammer je nach Hotelgröße nur zu 10 bis 30 Prozent belegt. ©pixabay.com (Sujet)
Auch im Sommer gibt es im Tourismus kein großes Aufatmen. Insbesondere in Städten fehlen die internationalen Gäste.

Die Coronavirus-Pandemie hat den Tourismus weitgehend lahmgelegt - die Branche erholt sich auch jetzt in der Hochsaison nur zum Teil. Die Ferienhotels sind diesen Sommer vielfach schwach ausgelastet. Die Nachfrage ballt sich an Hotspots wie den Kärntner Seen oder in der Südsteiermark. In den Städten fehlen die internationalen Gäste und auch die Bustouristen, auf der Donau die Schiffsreisenden.

"Stadthotellerie erlebt jetzt einen Sturz ins Bodenlose"

"In den Städten fallen die Fluggäste weg - die Stadthotellerie, das absolute Boom-Segment der letzten Jahre, erlebt jetzt einen Sturz ins Bodenlose", berichtete der Sprecher der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Martin Stanits, im Gespräch mit der APA. "Das ist die Hölle."

"Jetzt bilden den allergrößten Teil der Gäste Österreicher, dann kommen die Deutschen und dann noch ein paar Schweizer - alle anderen Gruppen, die wir sonst sehen, fehlen", sagte der Branchenvertreter. "Hotels wie das Sacher in Wien leben normalerweise zu 80 Prozent von Touristen aus dem Ausland, von dem sehr zahlungskräftigen arabischen und amerikanischen Publikum", betonte die WKÖ-Obfrau des Fachverbands Hotellerie, Susanne Kraus-Winkler. "Die fallen alle weg - im Grunde steht nur ein Teil des europäische Marktes zur Verfügung."

Auch das Trinkgeld fehle

"Die früher so vielen Italiener fehlen, auch die Asiaten, die Amerikaner - das trifft uns hart", erzählte ein Vier-Sterne-Stadthotelier aus Wien. Das werde "nicht im Geringsten aufgewogen von anderen Buchungen etwa von Inländern oder Deutschen". Dem Personal, so überhaupt im Einsatz, fehle auch Trinkgeld. "Da gaben die Amerikaner mit großem Abstand am meisten."

"Es gibt auch keinen Bustourismus und keine Donauschiffsreisenden - die großen Terrassen mit Außenflächen für 300 Personen, etwa in der Wachau, sind alle leer", so Stanits. "Schiffe, Flugzeuge, Busse - all das kommt ja nicht, du hast keine Nächtigungsgäste, aber auch keine Tagesgäste." Einige Unternehmen hätten auf Freitag-Samstag-Sonntag-Betrieb umgestellt.

Betten nur zu 10 bis 30 Prozent belegt

Die Betten in den österreichischen Städten sind laut Wirtschaftskammer je nach Hotelgröße nur zu 10 bis 30 Prozent belegt. Die größeren Betriebe hätten meist nur eine Auslastung unter 20 Prozent, sagte Kraus-Winkler zur APA.

Das deckt sich mit den Erhebungen des Hotelberaters MRP hotels im gesamten deutschsprachigen Raum: In vielen Großstädten ist demnach immer noch rund die Hälfte der Hotels geschlossen. Und jene, die offenhaben, kamen im Juni im Schnitt lediglich auf eine Auslastung von 20 Prozent. "Würden alle - und nicht nur die tatsächlich offenen - Hotels berücksichtigt werden, beträgt die Auslastung 11 Prozent", so Martin Schaffer, Geschäftsführender Partner bei MRP hotels.

"Wenn sie nicht 50 bis 60 Prozent Auslastung haben, sind sie operativ negativ - das heißt, die Stadthotels gehen derzeit alle operativ drauf", verdeutlichte Branchenvertreterin Kraus-Winkler den Ernst der Lage. Da hilft auch die Senkung der Mehrwertsteuer von 10 auf 5 Prozent nichts, welche die Regierung für Logis, Speisen und Getränke bis 31. Dezember 2020 beschlossen hat.

Krise bei den Hotels bringt auch Krise für andere

"Also wenn das so weitergeht, dann ist das ganz schlimm - nicht nur für die Hotels und die Gastronomie, auch für die Fremdenführer in der Stadt, Reiseveranstalter, Seilbahnen, Gesundheitsbetriebe", so Kraus-Winkler. Massive Umsatzeinbrüche haben zudem all die regionalen Lieferanten der Hotels und Restaurants - die Bauern, Bäcker, Fleischhauer, Jäger etc., die Milchprodukte, Gemüse, Fleisch und Fisch liefern.

Hinzu komme, dass die Zimmerpreise in der Stadthotellerie derzeit im Schnitt um 30 Prozent unter den üblichen Werten lägen. "Den Hoteliers in Salzburg fehlt beispielsweise auch die Hochpreisphase der Festspielzeit", vermerkte die WKÖ-Fachverbandsobfrau. Die Festspiele finden zwar statt, aber coronabedingt in deutlich abgespeckter Version.

Nichtplanbarkeit als zusätzliche Herausforderung

"Verschärft wird die Situation derzeit im städtischen Bereich noch durch die jetzt gerade wieder beginnenden Flugrestriktionen wegen der Einschleppung von Corona-Infektionen", meinte Kraus-Winkler mit Blick auf die Landeverbote für Flugzeuge aus sogenannten "SARS-CoV-2-Risikogebieten", die Gesundheitsminister Rudolf Anschober diese Woche von acht Staaten und einer Region Italiens auf 18 Länder massiv ausgeweitet hat.

"Für die Stadthotellerie ist die Nichtplanbarkeit zusätzlich zu allen finanziellen Problemen die größte Herausforderung", so die Hotelierssprecherin der Wirtschaftskammer. "Es ist im Moment einfach nicht möglich, einen Lichtstreif am Horizont zu erkennen - sie sind noch immer bemüht, nicht die Nerven zu verlieren und irgendwie durchzutauchen, sie sind halt im Überlebensmodus."

Auch Ferienhotellerie leidet

Doch auch in der Ferienhotellerie geht es nur einigen wirklich sehr gut: "Die erste Reihe an den Kärntner Seen, die Fünf-Sterne-Luxushäuser in den Wandergebieten und Thermen sind gut ausgelastet - aber das ist nur ein ganz kleiner Teil", betonte Stanits. Der Zulauf ist dort sogar zum Teil so stark, dass zum Schutz vor Corona-Infektionen punktuell die Maskenpflicht verschärft wurde - in Velden, Pörtschach, Krumpendorf am Wörthersee sowie in St. Kanzian am Klopeiner etwa ist seit vergangenen Freitag auf öffentlichen Plätzen zwischen 21.00 und 2.00 Uhr wieder ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen.

"Alle wollen an die Topadressen und die anderen tun sich schwer", brachte der Sprecher der gehobenen Hotellerie die Lage auf den Punkt. "Mit Wellnessangebot oder wenn es an einem See liegt und wenn es ein Vier- oder Fünf-Stern-Superior Hotel ist mit Klientel, die nicht gelitten hat in der Krise, wie zum Beispiel Manager, hast du absolut gewonnen", meinte Stanits.

Selbst innerhalb der Top-Hotellerie läuft das Geschäft nur für Ausgewählte so richtig rund - über 80 Prozent berichten von "weniger" oder "viel weniger" Buchungen als im Vorjahr. 35 bis 40 Prozent haben derzeit einer ÖHV-Umfrage zufolge für Juli, August und September 2020 sogar weniger als die halbe Auslastung von Normaljahren, in den Städten sind es 75 Prozent, die aus heutiger Sicht nicht einmal die Hälfte der Buchungen des Vorjahres schaffen. "Im August haben wir normalerweise die höchste Auslastung, also 80 Prozent", so der Branchensprecher, in den anderen beiden Sommermonaten erreiche die Belegung in den Hotels normalerweise 70 bis über 70 Prozent.

"Mit diesem Ungleichgewicht hat niemand gerechnet" - man habe erwartet, dass sich das Geschäft gleichmäßiger verteilt. Die ohnedies nur verhaltene Zuversicht der Hoteliers für die Zeit nach dem behördlich verfügten Lockdown zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie ist bei sehr vielen - zumindest für den heurigen Sommer - weiterhin gedämpft.

Ferienhotellerie im Westen entwickelt sich sehr unterschiedlich

Im Westen Österreichs entwickle sich die Ferienhotellerie regional sehr unterschiedlich - bekannte Destinationen und Aktivhotels hätten auch sehr gute Auslastung, Hotels mit organisiertem grenzüberschreitendem Radtourismus, Busgruppenhotels und Hotels, die vorwiegend organisierte Gruppen im Sommer haben, hätten aber nur Auslastungen zwischen 30 und 40, manche bis zu 50 Prozent, erklärte Kraus-Winkler. Auch jene Destinationen, die bisher überwiegend von internationalen Gästen gebucht waren, tun sich schwer. Die Ferienhotels in den östlichen und südlichen Bundesländern inklusive Salzburg hingegen seien insgesamt "recht zufrieden".

Seit dem Pfingstwochenende (29. Mai) dürfen die Beherbergungsbetriebe wieder Gäste empfangen. "Nach zehn Wochen 'zu' kommt jetzt so eine schlechte Auslastung, dass die Kosten für das Offenhalten höher sind als die Umsätze", umriss Stanits die Problematik. "Vielleicht ändert sich noch was durch kurzfristige Buchungen", hofft der Hotelierssprecher.

Während in der Hotellerie überwiegend die Top-Adressen gesucht seien, gebe es gleichzeitig eine relativ starke Nachfrage nach Camping, "Glamping" (Glamorous Camping) und Urlaub am Bauernhof, merkte er an. Diesen Trend verdeutlichen auch die aktuellen Neuzulassungszahlen für Caravans und Reisemobile - im Juni gab es hier gegenüber dem Vorjahresmonat einen Zuwachs von knapp 60 bzw. über 70 Prozent, wie aus einer Auswertung des Caravaning Industrie Verbands (CIVD) hervorgeht. Es gibt einen regelrechten "Run" auf Freizeitfahrzeuge.

(APA/Red)

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