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Tote wegen fehlender Spitals-Kapazitäten: So dramatisch ist die Lage in Vorarlberg

Mag. Alexander Wolf über die aktuelle Versorgungslage für Patienten.
Mag. Alexander Wolf über die aktuelle Versorgungslage für Patienten. ©Hartinger
Monatelange Wartezeiten, überlastete Ärzte, geschlossene Stationen: Österreichs Spitäler geraten an ihre Grenzen. Patientenanwalt Wolf schlägt Alarm – und spricht über tragische Fälle, die "auch in Vorarlberg möglich wären".

Zwei Menschen sterben, weil in österreichischen Spitälern kein Operationssaal frei war. Patientenanwalt Mag. Alexander Wolf warnt: "Auch in Vorarlberg könnte so etwas passieren." Warum er kein Licht am Ende des Tunnels sieht – und wer wirklich schuld ist.

Lange Wartezeiten: "Schaden für den Patienten"

Auch wenn solche Extremfälle im Ländle bislang nicht bekannt seien, sieht er die Lage insgesamt kritisch: "Wir haben in Vorarlberg zwar keine Todesfälle aufgrund fehlender OP-Kapazitäten, aber grundsätzlich wäre das natürlich möglich."

Wolf spricht offen über die Probleme, die sich in den letzten Jahren zugespitzt haben. "Wir sind derzeit mit langen Wartezeiten konfrontiert – teilweise über Monate, in manchen Fällen sogar über Jahre", sagt er. Ein Beispiel aus seiner Praxis verdeutlicht das Ausmaß: "Wir haben einen Fall, bei dem ein Patient über zwei Jahre auf eine Operation warten musste."

Auch wenn nicht jeder Fall lebensbedrohlich ist, bleibt laut Wolf eines klar: "Allein dadurch, dass man länger mit Schmerzen konfrontiert ist, entsteht ein Schaden für den Patienten." Er betont, dass sich die Folgen solcher Verzögerungen nicht nur auf die Lebensqualität, sondern auch auf die Prognose auswirken können.

Wenn die Diagnose zu spät kommt: "Dramatische Folgen"

Besonders gefährlich werde die Situation, wenn nicht nur Operationen, sondern auch Untersuchungen auf sich warten lassen. "Wenn jemand etwa ein Jahr auf eine Darmspiegelung warten muss, und in dieser Zeit ein Tumor wächst, dann kann die verspätete Diagnostik dramatische Folgen haben", so Wolf.

In solchen Fällen könne sich der Verlauf einer Krankheit erheblich verschlechtern. "Das kann sich auf die Prognose auswirken und im schlimmsten Fall lebensverkürzend sein", warnt er.

Patientenanwalt Mag. Alexander Wolf. ©vhm

"Wenn Kapazitäten fehlen, kann auch ein dringlicher Fall zu spät dran sein"

Auch bei dringenden Operationen könne eine lange Wartezeit kritisch werden. Wolf nennt ein hypothetisches Beispiel: "Wenn jemand in Innsbruck – dort haben wir ja die Herzchirurgie – auf eine Herzoperation warten muss und der Termin erst in drei, vier oder fünf Monaten ist, dann kann es passieren, dass der Patient in der Zwischenzeit verstirbt."

Die Frage sei, was noch als "adäquate" Wartezeit gelte. "Es gibt natürlich Dringlichkeitssysteme, aber wenn Kapazitäten fehlen, kann auch ein dringlicher Fall zu spät dran sein", sagt Wolf.

Wer trägt die Verantwortung?

Auf die Frage, wer im Ernstfall die Verantwortung trage, hat der Patientenanwalt eine klare Meinung: "Der Arzt meiner Ansicht nach nicht", stellt er fest. "Er kann nichts dafür, dass es zu langen Wartezeiten kommt."

Stattdessen sieht er die Verantwortung beim Rechtsträger – also bei der Krankenhausbetriebsgesellschaft. Oder im Fall von Dornbirn, bei der Stadt Dornbirn, als Träger des Krankenhauses, selbst. "Wenn ein Krankenhaus seinen Versorgungsauftrag nicht erfüllt und dadurch ein Schaden entsteht, muss man darüber diskutieren, ob ein Organisationsverschulden vorliegt", erklärt Wolf.

Er verweist darauf, dass es Managementaufgabe sei, die vorhandenen Ressourcen so zu organisieren, dass Patientenschäden vermieden werden. "Dafür hat man ja ein Management", sagt er deutlich.

"Mach eine Faust, wenn du keine Finger hast"

Warum sich die Situation in den vergangenen Jahren so verschlechtert hat, ist für Wolf eindeutig: "Wir haben schlicht zu wenig Personal."

Ob Österreich im internationalen Vergleich wirklich so schlecht dasteht, könne er nicht sagen, "aber augenscheinlich ist, dass gewisse Abteilungen oder Betten geschlossen sind, Operationen verschoben werden und Patienten lange warten müssen".

Der Personalmangel ziehe sich dabei durch alle Bereiche. "Man kann keine Operation durchführen, wenn zwar genügend Ärzte vorhanden sind, aber kein Pflegepersonal oder kein Intensivbett", sagt Wolf. "Ich sage immer: 'Mach eine Faust, wenn du keine Finger hast.'"

"Kein Licht am Ende des Tunnels"

Auch wenn bundesweit über Maßnahmen zur Entlastung diskutiert wird, bleibt Wolf pessimistisch: "Die Situation wird immer noch prekärer. Wir sind mit Stationsschließungen konfrontiert, mit Personalengpässen – ich sehe derzeit kein Licht am Ende des Tunnels."

Tragödien wie jene in Salzburg und Oberösterreich könnten laut Wolf künftig zwar teilweise verhindert werden, aber nicht alle. "Gewisse Todesfälle sind einfach schicksalhaft", sagt er.

(VOL.AT)

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