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Frau stirbt nach Klinik-Absagen: Gesundheitsministerin spricht von Systemversagen

Die Frau konnte aus Kapazitätsgründen in keinem spezialisierten Spital behandelt werden.
Die Frau konnte aus Kapazitätsgründen in keinem spezialisierten Spital behandelt werden. ©Symbolbild: APA/HELMUT FOHRINGER
Der Tod einer Mühlviertlerin, die Mitte Oktober mit einem Aorteneinriss ins Krankenhaus Rohrbach gekommen war und aus Kapazitätsgründen von keinem spezialisierten Spital weiterbehandelt werden konnte, wirft Fragen auf.

Der Aufsichtsratsvorsitzende der Oberösterreichischen Gesundheitsholding (OÖG), Franz Mittendorfer, will die Sache aufarbeiten und u.a. auch beim trägerübergreifenden Notfallmanagement nachschärfen.

Die Frau war am 14. Oktober wegen Schmerzen in der Brust ins Spital in Rohrbach gekommen. Dort wurde ein Aorteneinriss festgestellt, die Patientin hätte in eine Spezialklinik gebracht werden müssen. Weder im Linzer Kepler-Uniklinikum (KUK) noch im Klinikum Wels-Grieskirchen, im Uniklinikum St. Pölten und im Krankenhaus Passau konnte man sie übernehmen. Erst in den Salzburger Landeskliniken erklärte man sich bereit - da war die Frau allerdings nicht mehr transportfähig. Sie starb im 55. Lebensjahr.

"Umfassende Analyse zu Abläufen" in Auftrag gegeben

Der am Sonntag bekanntgewordene Fall zog zahlreiche politische Reaktionen nach sich, die zuständige Landeshauptmannstellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP), teilte mit, sie habe die Gesundheitsholding - den Träger von KUK und Klinikum Wels-Grieskirchen - angewiesen, die Geschehnisse aufzuklären und lege Wert darauf, dass eine umfassende Analyse zu den Abläufen gemacht werde. Auch der Aufsichtsrat der OÖG - Träger des KUK und des Klinikums Wels-Grieskirchen - will Antworten von der Geschäftsführung.

Auch Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) pochte auf eine "lückenlose Aufklärung und eine umfassende Analyse aller Umstände, die zu diesem tragischen Fall geführt haben". Auch wenn die Länder als Spitalserhalterinnen zuständig seien, so "ist das jetzt ein Auftrag an alle Verantwortungsträger im Gesundheitsbereich". Sie werde kommende Woche in einem gemeinsamen Termin mit allen Gesundheitslandesrätinnen und -räten beraten, "wie wir das regionale und überregionale Versorgungsmanagement verbessern und Krisenmechanismen stärken können".

Es werde eine Sondersitzung des Aufsichtsrats geben, so Mittendorfer zur APA, zuerst brauche man aber eine detaillierte Stellungnahme der Geschäftsführung und eine Analyse, "wie konnte es dazu kommen?", etwa ob es Kommunikationsprobleme gegeben habe. Im Fokus hat er auch Nachschärfungen beim Management der Intensivbetten und beim trägerübergreifenden Notfallmanagement. So hätte etwa im vorliegenden Fall ein Spital kein Intensivbett gehabt, das andere kein OP-Team - hier könne man vielleicht "über seinen Schatten springen" und besser zusammenarbeiten, meinte er sinngemäß.

"Kein Zusammenhang" mit Reduzierung von OP-Zahlen

Die vom KUK vor wenigen Tagen gemachte Ankündigung, planbare Operationen zurückzufahren, um die Notfallversorgung gewährleisten zu können, sei keine Folge des Vorfalls, betonte Mittendorfer. Von gut 2.000 OPs pro Monat sollen rund 150 Eingriffe vorerst wegfallen, weil zu wenig Anästhesistinnen und Anästhesisten sowie OP-Pflegepersonal verfügbar sind. Verschoben würden demnach ausschließlich planbare Operationen, bei denen eine Verschiebung medizinisch vertretbar sei.

Ziel sei es, "die vorhandenen personellen Ressourcen verantwortungsvoll einzusetzen und gleichzeitig die Versorgungssicherheit für alle Patientinnen und Patienten aufrechtzuerhalten", hieß es in einer Aussendung des KUK in der Vorwoche, mit dem dritten Quartal 2026 hoffe man wieder auf das bisherige Operationsniveau zu kommen. Mittendorfer betonte, dass es hier um anderes Personal gehe als jenes, das im vorliegenden Fall benötigt worden wäre, "es besteht kein Zusammenhang".

St. Pölten hatte Notfall, Wels-Grieskirchen kein Intensivbett

Aus dem Universitätsklinikum St. Pölten hieß es, dass die Anfrage aus Rohrbach um etwa um 21.30 Uhr eingegangen sei. "Zu dieser Zeit war die Dienstmannschaft gerade mit einem Notfall befasst", man habe daher keine Zusage für eine Übernahme einer externen Patientin tätigen können.

Die Herzchirurgie St. Pölten versorge regelmäßig Patientinnen und Patienten, die nicht aus Niederösterreich kommen, wenn Kapazitäten frei seien, "obwohl wie in diesem Fall Oberösterreich nicht zum Zuständigkeitsbereich laut ÖSG (Österreichischer Strukturplan Gesundheit, Anm.) gehört", wurde in einer schriftlichen Stellungnahme mitgeteilt. Man betonte: "Im konkreten Fall lag es nicht an der Verfügbarkeit der Intensivkapazität, sondern an einem akuten Notfall-Patienten, der das herzchirurgische Team beschäftigt hat."

Im Klinikum Wels-Grieskirchen hingegen lag es an einem fehlenden Intensivbett, dass man die Patientin nicht aufnehmen habe können, so Sprecherin Kerstin Pindeus zur APA. Als um ca. 21:30 Uhr angefragt wurde, ob man die Patientin übernehmen könne, seien alle sieben herzchirurgischen Intensivbetten belegt gewesen und somit die erforderliche intensivmedizinische Therapie nicht zur Verfügung gestanden.

Die OP könne nicht durchgeführt werden, ohne diese Nachsorge sicherzustellen, hieß es. Es gebe bereits eine bundesländerübergreifende Zusammenarbeit. Rund ein Viertel bis ein Drittel der behandelten Patienten mit derartigen Diagnosen im Klinikum Wels-Grieskirchen stammen aus anderen Bundesländern.

Salzburg hätte übernommen

Bei den Barmherzigen Brüdern in Linz hieß es, man verfüge gar nicht über die entsprechende Abteilung. Ein derartiger cardio-vaskulärer Notfall müsse in einer Herzchirurgie versorgt werden, das Spital habe aber lediglich eine Gefäßchirurgie und sei damit für den Eingriff gar nicht ausgerüstet, so Sprecherin Claudia Kolb. Dass dennoch angefragt worden sei, könne sie sich nur damit erklären, dass man sich in Rohrbach völlig verzweifelt an jeden Strohhalm geklammert habe.

Bei den Salzburger Landeskliniken betonte man hingegen, dass man die Patientin übernommen hätte. "Wir haben zugesagt", so Sprecher Stefan Tschandl zur APA, aber dann habe man aus Rohrbach die Information bekommen, dass die Frau nicht mehr transportfähig sei.

Das Klinikum Passau teilte am Montag auf APA-Anfrage mit, die Herzchirurgie sei laut diensthabendem Arzt am 14. Oktober gegen 21.30 Uhr vom Krankenhaus in Rohrbach kontaktiert worden. Zu diesem Zeitpunkt sei das Team der Herzchirurgie bereits mit einem sehr komplexen Eingriff befasst gewesen und man habe daher keine Zusage für eine unverzügliche Übernahme einer externen Patientin machen können. Das Klinikum Passau übernimmt immer wieder Notfallpatienten aus Österreich - von jenen, die heuer in der Zentralen Notaufnahme gelandet sind, hätten 2,5 Prozent ihren Wohnsitz in Österreich gehabt.

Kritik aus der Politik

NEOS-Landessprecher Felix Eypeltauer forderte nach dem Fall eine "ehrliche Reform" im Gesundheitssystem, die über die Finanzierungsseite hinausgehe. Denn "wenn in einer Notsituation quer durch mehrere Bundesländer keine Klinik aufnehmen kann, dann hat nicht das Personal versagt, sondern das System. Diese Tragödie zeigt, dass unser Gesundheitswesen strukturell überfordert ist."

"Schonungslose Aufklärung" forderte auch die Gesundheitssprecherin der oberösterreichischen Grünen, Ulrike Schwarz. "Ein tragisches Ereignis wie dieses darf schlichtweg nicht passieren in einem modernen Gesundheitssystem." Vor allem brauche man eine Strategie zur Behebung der infrastrukturellen und personellen Probleme in den Krankenhäusern und eine Weiterentwicklung des länderübergreifenden Notfallmanagements.

Die MFG mahnte zu "Besonnenheit und Respekt". Schuldzuweisungen und politische Instrumentalisierung seien der falsche Weg, "entscheidend ist nun eine sachliche und vollständige Aufarbeitung der Ereignisse", so die Landtagsabgeordnete Dagmar Häusler.

(APA)

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