Sie sollen eine kriminelle Organisation gebildet haben sollen und befinden sich seither in U-Haft.
“Alle wesentlichen Vorwürfe haben sich mit Brief und Siegel der Oberstaatsanwaltschaft in Luft aufgelöst”, meinte Pilz vor Journalisten. Dessen ungeachtet müssten “unschuldige und unverdächtige Menschen weiter im Gefängnis sitzen”.
Unter Federführung der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hatten nach langwierigen Ermittlungen der Sonderkommission (Soko) Tierschützer für die Aktivisten die Handschellen geklickt. Von 2000 bis April 2008 sollen sie Brand- und Buttersäureanschläge und sonstige Sachbeschädigungen durchgeführt haben, die sich vornehmlich gegen Textil-Handelsketten richteten. Der von den Ermittlern bezifferte Schaden: Mehr als 600.000 Euro.
Neun der zehn Aktivisten haben gegen ihre Anhaltung Haftbeschwerde eingelegt, da sie sich als völlig schuldlos erachten. Tatsächlich ist die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien bei der Prüfung des Akts nun zum Schluss gekommen, dass es in einigen den Tierschützern zugeschriebenen Aktionen am behaupteten dringenden Tatverdacht mangelt.
Vom Tisch scheint etwa das angebliche In-Brand-Setzen einer Jagdhütte zu sein, die dem Gutachten eines Sachverständigen zufolge auch aufgrund des vorangegangenen Beheizens eines Ofens durch Jäger niedergebrannt sein kann. Ein Tierschützer war als möglicher Täter in Verdacht geraten, weil er kurz nach dem Feuer beim Vorbeischieben seines Fahrrades an der Brandstelle beobachtet wurde und überdies eine lokale Wanderkarte sein Eigen nannte.
Für die OStA kein überzeugendes Argument: Die Sicherstellung eines Umgebungs-Planes allein könne keinen dringenden Tatverdacht begründen, zumal sich der Mann im fraglichen Zeitraum an einer sogenannten Jagdstörung beteiligt hätte.
Auch ein Buttersäure-Anschlag auf eine “Kleiderbauer”-Filiale in Graz muss nach Ansicht der OStA nicht zwangsläufig den verdächtigten Tierschützern zugeschrieben werden, “da die bloße Anwesenheit in der Steiermark (…) und eine Befürwortung der Aktion einen solchen (Tatverdacht, Anm.) nicht zu begründen vermag”.
Schließlich hält die OStA in einer weiteren Stellungnahme fest, dass bei Hausdurchsuchungen, die der Sicherstellung von Beweismaterial dienen sollten, teilweise Rechte der Betroffenen verletzt wurden, indem unnötigerweise Türen eingetreten und den Tierschützern die Ergebnisse der Durchsuchungen nicht zeitgerecht und unvollständig zur Kenntnis gebracht wurden. In einem Fall vermisst die OStA den für eine Hausdurchsuchung erforderlichen “Anfangsverdacht eines strafbaren Verhaltens, der auf einer entsprechenden Sachverhaltsgrundlage fußen würde”, weshalb diese “unzulässig” gewesen sei.
“Ich bin seit 21 Jahren Abgeordneter, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt”, konstatierte Pilz. Er forderte die sofortige Freilassung der Tierschützer, da auf Basis der OStA-Feststellungen die Behauptung nicht länger aufrechterhalten werden könne, diese hätten wiederkehrend schwerwiegende strafbare Handlungen geplant oder begangen: “Alles andere wäre ein Rechtsbruch!”
Die gesamten Ermittlungen wären “ein abgekartetes Spiel zwischen Verfassungsschutz, Innenministerium und Staatsanwaltschaft”, sagte Pilz. Man habe die langwierigen Erhebungen gegen die Tierschützer mit einem Erfolg legitimieren wollen und daher “einen Tatverdacht konstruiert”. Es sei nicht zum ersten Mal passiert, dass sich ein Staatsanwalt “politisch missbrauchen lässt”.
Es gelte nun abzuklären, wer für diese Vorgangsweise die politische Verantwortung trage, wobei Pilz insbesondere den ehemaligen Innenminister und nunmehrigen Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (VP) erwähnte: “Mir ist völlig egal, ob Platter nach Tirol geflüchtet ist. Er wird sich in keinen Winkel dieser Republik flüchten können! Der Machtmissbrauch hat im Innenministerium begonnen und ist von der Staatsanwaltschaft fortgesetzt worden.”
Es sei jedenfalls “höchste Zeit, dass die Justizministerin eingreift und gesetzeskonforme Zustände herstellt”, meinte Pilz abschließend.
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