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Testamentsfälschungen - Staatsanwaltschaft ermittelte fast zwei Jahre

Nach fast zwei Jahren Ermittlungsarbeit hat die Staatsanwaltschaft Feldkirch gegen neun Beschuldigte, darunter mehrere Justizbedienstete, Anklage erhoben, die am Bezirksgericht Dornbirn über Jahre Testamente gefälscht und so einen Schaden von rund zehn Mio. Euro verursacht haben sollen.
Sie werden wegen Amtsmissbrauchs und gewerbsmäßig schweren Betrugs unter Ausnützung einer Amtsstellung angeklagt, so die Anklageschrift des sachbearbeitenden Staatsanwalts Manfred Bolter.

Die Öffentlichkeit erfuhr erstmals Ende November 2009 von der Causa. Damals liefen die zunächst geheim geführten Ermittlungen bereits monatelang. Einer Richterin am Bezirksgericht Dornbirn waren im Februar 2009 bei der Bearbeitung eines Verlassenschaftsfalls Ungereimtheiten aufgefallen. Die Richterin begann zu recherchieren und entdeckte, dass sich mehrere Testamente in ihrer Struktur verdächtig ähnlich waren. Als Verlassenschaftskuratoren tauchten immer wieder die Namen der selben Justizmitarbeiter auf. Die Richterin erstattete Anzeige bei der Staatsanwaltschaft, was die Erhebungen ins Rollen brachte.

Die Staatsanwaltschaft Feldkirch und das LKA Vorarlberg ermittelten zunächst in zehn Fällen gegen zwei Bedienstete des Bezirksgerichts Dornbirn, die gemeinsam mit einer weiteren Person seit Jahren Testamente und Verträge gefälscht haben sollen, um sich und andere Personen zu begünstigen. Die Affäre weitete sich jedoch aus, bald standen vier Justizmitarbeiter in Verdacht. Laut Aussagen des geständigen Hauptverdächtigen waren auch zwei inzwischen verstorbene Anwälte in die Fälschungen involviert. Es mehrten sich die Hinweise, dass die Fälscher ihr System von Vorgängern übernommen haben könnten.

Die Zahl der gefälschten Testamente verdoppelte sich nach einer Sonderrevision des Oberlandesgerichts Innsbruck am Bezirksgericht auf 20, Gelder und Liegenschaftsanteile in Millionenhöhe wurden sichergestellt. In einigen Fällen reichten die Erhebungen bis ins 19. Jahrhundert zurück, die Staatsanwaltschaft Feldkirch sah sich einem Berg von über 10.000 Akten gegenüber.

Zum wachsenden Kreis der Verdächtigen stieß im Februar 2010 eine aktive Richterin des Landesgerichts Feldkirch, die Gerichtsmitarbeiter beauftragt haben soll, ein Testament in ihrem familiären Umfeld zu fälschen, um ihre Angehörigen zu begünstigen. Die seither suspendierte Richterin beteuert ihre Unschuld, wird aber vom geständigen Hauptverdächtigen belastet. Ihr Fall wurde wegen Befangenheit an die Staatsanwaltschaft Steyr abgegeben, die die Frau im April 2011 unter anderem wegen Amtsmissbrauchs anklagte.

In der Feldkircher Anklageschrift, in der die übrigen Fälle gefasst sind, werden insgesamt neun Personen für Taten in den Jahren 2001 bis 2008 angeklagt. Vor Gericht verantworten müssen sich dann zwei inzwischen suspendierte und ein pensionierter Gerichtsmitarbeiter, sowie ein ehemaliger Vertragsbediensteter des Bezirksgerichts. Ebenfalls angeklagt werden ein mehrfach als Erbe eingesetzter Buchhalter und Familienmitglieder der Verdächtigen. Geständig zeigten sich bisher lediglich zwei der Justizbediensteten.

Dass die Strafprozesse in Feldkirch verhandelt werden, ist sehr unwahrscheinlich. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch beantragte, die Fälle in das beim Landesgericht Salzburg anhängige Verfahren gegen die verdächtige Richterin miteinzubeziehen. Die Causa wird aber auch die Vorarlberger Gerichte noch lange beschäftigen, vor allem auf die Zivilgerichte dürfte viel Arbeit zukommen. Diese werden zu klären haben, was etwa mit Grundstücken geschieht, die Personen unrechtmäßig erbten und weiterverkauften. Es gibt über 100 Geschädigte. In ersten Zivilprozessen wurden einigen der Betroffenen bereits Entschädigungszahlungen zugesprochen.

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