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Testamentsaffäre: Behörde bearbeitet 60 Verdachtsfälle

Feldkirch/VN- Staatsanwaltschaft: Neben 20 Testamenten wurden auch 40 Schenkungs- und Übergabeverträge gefälscht.
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Eine Woche vor seiner Pensionierung nahm der Leiter der Staatsanwaltschaft Feldkirch, Franz Pflanzner, am Mittwoch noch einmal zur Testamentsaffäre Stellung. Wie er im Gespräch mit den VN bestätigte, bearbeitet das Ermittlungsteam um Staatsanwalt Manfred Bolter derzeit 60 Verdachtsfälle. Das Schadensausmaß könne noch nicht genau beziffert werden, man gehe aber davon aus, dass es sich um mehrere Millionen Euro handelt. Laut Pflanzner kam es in insgesamt 20 Fällen zu unrechtmäßigen Vermögensverschiebungen. In den übrigen Fällen sei zum Großteil kein Schaden entstanden. „Das waren sozusagen Vorbereitungshandlungen für die Zukunft, sodass hier allenfalls nur von einem versuchten Betrugsstadium auszugehen ist. Übrig bleiben in diesen Fällen aber Amtsmissbrauchs- und Urkundendelikte, die ja gesetzt worden sind.“ Zudem hätten die Verdächtigen Urkunden- und Beglaubigungsregister am Bezirksgericht Dornbirn gefälscht. Die Betrugshandlungen seien „planmäßig organisiert“ worden, so Pflanzner. Die Verdächtigen dürften mit dem Vermögen anderer Leute „geradezu gespielt“ haben. „Derartige Fallkonstellationen sind mir in meiner gesamten Berufslaufbahn nicht untergekommen“, betont der Chefankläger.

600 Urkunden gefunden

Das Ermittlungsverfahren selbst gestalte sich „sehr aufwändig und schwierig“. Es werde tagtäglich daran gearbeitet, diese „üble Sache“ bis ins letzte Detail aufzuklären. Der Behördenleiter geht davon aus, dass die Ermittlungen bis im Herbst abgeschlossen werden können. Bis dato habe man unter anderem rund 240 Akten der Sonderrevision überprüft, 130 Anrufe bei der am Landeskriminalamt eingerichteten Hotline bearbeitet und Gerichtsregister bis ins Jahr 1960 überprüft. Auch etwa 600 Urkunden und Aktenkopien, die im Haus des Hauptverdächtigen gefunden worden waren, mussten von den Ermittlern unter die Lupe genommen werden.

13 Beschuldigte

Derzeit wird in der Affäre gegen 13 Personen ermittelt, fünf davon sind aktive oder ehemalige Justizmitarbeiter. Zwei der Hauptverdächtigen – der ehemalige Grundbuchsrechtspfleger Jürgen H. und der Immobilienkaufmann Peter H. – haben bereits ein Geständnis abgelegt. Sie sitzen in Untersuchungshaft. Auch gegen die suspendierte Vizepräsidentin des Landesgerichts, Kornelia Ratz, wird ermittelt. Sie wird vom Hauptverdächtigen schwer belastet. Die Vorwürfe, die Fälschung eines Testaments in Auftrag gegeben zu haben, bestreitet sie. Ob sich Ratz vor Gericht verantworten muss, ist noch nicht entschieden.

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