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Terrorpläne in Wien: Verdächtige in U-Haft wegen "Silvestermeile"

Die Verdächtigen befinden sich in U-Haft.
Die Verdächtigen befinden sich in U-Haft. ©APA/HELMUT FOHRINGER (Symbolbild)
Drei Personen befinden sich mittlerweile in U-Haft, weil das Wiener Landesgericht im Hinblick auf die Silvesterfeierlichkeiten Tatbegehungsgefahr sieht.
Anschlag auf Wiener Stephansdom sei geplant gewesen

Im Zusammenhang mit den drei Terror-Verdächtigen, die wegen angeblicher Anschlagspläne auf den Stephansdom vor Weihnachten in einer Flüchtlingsunterkunft in Wien-Ottakring festgenommen worden sind, hat die Tageszeitung "Heute" am Freitag Details zu den Beschuldigten - ihre Herkunft und ihre Verbindungen - öffentlich gemacht.

U-Haft wegen "Silvestermeile" in Wien verhängt

In seinem U-Haft-Beschluss geht das Landesgericht davon aus, dass die Beschuldigten "auf freien Fuß gesetzt ihren Tatplan (schon wegen der zeitlich unverrückbaren Großveranstaltung 'Silvestermeile' am 31.12.) mit Hilfe derzeit teils noch unbekannter Täter umsetzen könnten". Das Gericht sieht außerdem Verdunkelungsgefahr. Die Verdächtigen könnten "versuchen, Beweismittel zu verbringen bzw. zu vernichten, wie es bereits seit dem 20.12.2023 mit vielen Inhalten der Mobiltelefone geschehen ist, bzw. weitere noch auszuforschende Mittäter warnen oder sich mit ihnen verabreden", wird in dem der APA vorliegenden U-Haft-Beschluss festgehalten.

Die drei Beschuldigten - laut "Heute" ein 28 Jahre alter gebürtiger Tadschike, seine um ein Jahr jüngere Ehefrau sowie ein 47-jähriger Mann mit tschetschenischen Wurzeln - sollen einem Länder übergreifenden radikalislamistischen Terror-Netzwerk, nämlich der Gruppe "Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK)" angehören, dem Anschlagspläne auf den Kölner Dom und den Stephansdom zugeschrieben werden. Der Verteidiger des 47-Jährigen, der Wiener Rechtsanwalt Florian Kreiner, trat dem im Gespräch mit der APA entschieden entgegen. Der 47-Jährige habe zufällig im selben Flüchtlingsheim wie der 28-Jährige gelebt und sei "sicher nicht" Teil einer Terror-Zelle gewesen, bekräftigte Kreiner: "Der Mann hält sich seit 2012 in Wien auf, hat drei Kinder und sich bisher nichts zuschulden kommen lassen." Er habe daher Beschwerde gegen die Verhängung der U-Haft eingelegt.

"Konspiratives Treffen" in Flüchtlingsunterkunft

Mittlerweile gesicherten Informationen zufolge, über die zuerst "Heute" berichtet hatte, dürfte es bereits am 8. Dezember 2023 in der Wiener Flüchtlingsunterkunft, in der später die Festnahmen erfolgten, zu einem ersten, angeblich "konspirativen Treffen" von ISPK-Sympathisanten gekommen sein. An diesem Treffen soll federführend ein 30 Jahre alter Tadschdike teilgenommen haben, der aus Deutschland angereist war und der den Stephansdom "in einer für Touristen untypischen Weise" gefilmt, auf Überwachungskameras überprüft und das Gemäuer abgeklopft haben soll. Der 30-Jährige, der dem deutschen Verfassungsschutz schon seit längerem bekannt war und daher observiert wurde, soll bis zum 20. Dezember mehrmals den in dem Ottakringer Flüchtlingsheim gemeldeten 28-Jährigen sowie dessen türkisch stämmige Ehefrau und womöglich weitere Beteiligte getroffen haben. Zwischenzeitlich flog der 30-Jährige für ein paar Tage nach Istanbul, kehrte am 18. Dezember nach Wien zurück, fertigte am 19. Dezember Fotos - und Videoaufnahmen vom Prater an - möglicherweise ein weiteres potenzielles Anschlagsziel - und kehrte am 20. Dezember nach Deutschland zurück.

Dort dürfte er zunächst bemerkt haben, dass er observiert wurde, und seine Kontaktpersonen in Wien gewarnt haben. Mittlerweile wurde er offenbar festgenommen, wie jüngst ein Bericht der "Bild"-Zeitung nahe legte. Das wollten am Freitag auf APA-Anfrage weder der DSN noch sonstige Behörden bestätigen. Der stellvertretende DSN-Chef Lohnegger räumte in diesem Zusammenhang immerhin ein, dass das aufgeflogene Netzwerk "in Bezug zur ISPK steht". Neben Österreich und Deutschland kam es nach aktuellen, offiziell nicht bestätigten Informationen auch zu Festnahmen in den Niederlanden.

Zum Thema "Polizeiliche Maßnahmen Silvester 2023" findet um 11.00 Uhr eine Pressekonferenz im Innenministerium statt. Die APA wird darüber berichten.

Der stellvertretende DSN-Chef Lohnegger bestätigte in diesem Zusammenhang, dass das aufgeflogene Netzwerk "in Bezug zur ISPK steht". Diese Gruppe beschäftige seit vergangenem März verstärkt den Staatsschutz. "Grundsätzlich ist die Sicherheitslage in Österreich und in ganz Europa als angespannt zu bezeichnen", legte Lohnegger dar. Terror-Organisationen, speziell der IS, hätten zuletzt verstärkt zu Anschlägen in Europa aufgerufen. Die Gefahr gehe von "radikalisierten Einzeltätern und Kleinstgruppen" aus, die sich in sozialen Netzwerken organisieren.

Im Fokus hätten die Gefährder "niederschwellige Angriffsziele", wozu "leicht zugängliche Menschenansammlungen" zählen, führte der stellvertretende DSN-Direktor aus. Daher habe man - rechtzeitig vor den Weihnachtsfeiertagen und dem Jahreswechsel und den damit verbundenen Festivitäten - "gezielte Gefährdungseinschätzungen" erstellt und umgesetzt. "Wir können für die entsprechende Sicherheit sorgen", bekräftigte Lohnegger. Bis zu einer Million Besucherinnen und Besucher werden allein am Wiener Silvesterpfad erwartet. Um deren Sicherheit zu garantieren, verstärken Exekutivbeamte aus Kärnten, der Steiermark, dem Burgenland und aus Niederösterreich ihre Kolleginnen und Kollegen in Wien.

Im Detail nahmen weder Lohnegger noch Karner zu den drei inhaftierten Terror-Verdächtigen sowie möglichen weiteren Mittätern Stellung. Im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen sei es "derzeit nicht möglich", dahin gehende Fragen zu beantworten, ersuchte Lohnegger die Medienvertreterinnen und -vertreter um Verständnis. Karner verwies auf einen "schmalen Grat, was an Kommunikation möglich ist". Es obliege der zuständigen Behörde - im konkreten Fall der Staatsanwaltschaft Wien, die die Ermittlungen leitet - "zu entscheiden, wie man mit Informationen, die in der Zeitung stehen, sensibel umgeht".

(APA/Red)

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