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Styx - Kritik und Trailer zum Film

In seinem zweiten Langfilm erzählt Regisseur Fischer ("Was du nicht siehst") von einer Frau um die 40, die in Köln als Rettungsärztin arbeitet. Und die von Gibraltar aus mit einer Jacht in See sticht: Rikes Ziel ist die Insel Ascension Island. Der Urlaubstörn aber findet ein jähes Ende, als Rike auf ein beschädigtes Flüchtlingsboot trifft.

Das Deck des Boots ist fast zu klein für all die Lebensmittel, die von Rike darauf gestapelt werden, bevor sie in See sticht. Was entspannend werden soll, entwickelt sich zur Herausforderung, wie sie es selbst als Notfallmedizinerin noch nie erlebt hat. “Styx”, deutsch-österreichischen Koproduktion des Regisseurs Wolfgang Fischer, kommt am Freitag in die heimischen Kinos.

Styx: Kurzinhalt zum Film

Zwischen himmelhohen Frachtschiffen manövriert die 40-jährige, deutsche Ärztin allein ihre Zwölf-Meter-Yacht “Asa Gray” aus dem Hafen von Gibraltar mit Kurs auf ihr Urlaubsziel Ascension im Atlantik. Sie ist geübt im Segeln. Selbst als ein schwerer Sturm über das Boot hinweg zieht, sind die Handgriffe der Ärztin so präzise wie bei der Stabilisierung eines Unfallopfers in ihrer Heimat noch kurz davor.

Plötzlich steht sie aber einer Situation gegenüber, die selbst sie hilflos macht: 150 Meter vor ihrer spiegelblanken Jacht liegt ein überladener rostiger Fischkutter, auf dem Menschen, offenbar Flüchtlinge aus Afrika, im Gegenlicht wie Scherenschnitte in ihre Richtung gestikulieren. Manche springen ins Wasser, einen etwa 14-jährigen Buben rettet sie an Bord.

Sie versorgt ihn professionell wie alle Patienten, mit denen sie in ihrem Beruf zu tun hat, stellt aber wie zu diesen auch zu ihm keine emotionale Beziehung her. Die Situation wird zunehmend bedrohlich, zumal der Kleine nicht so reagiert, wie man es von einem dankbaren Patienten erwartet. “Mischen Sie sich nicht ein, fahren Sie weiter”, hatte ihr zuvor die Küstenwache über Funk geraten. Das Meer ist zum Styx geworden, dem Fluss, der das Reich der Lebenden von jenem der Toten trennt.

Styx: Die Kritik

Regisseur Wolfgang Fischer, ein gebürtiger Niederösterreicher, arbeitet in “Styx” die Ohnmacht des einzelnen heraus, das Paradoxon, wie unbarmherzig die Weite des Meeres die Möglichkeiten des Handelns einengt. Rikes schwimmende Wohlstandsinsel begegnet auf hoher See der Realität dieser Erde. Wie eine blitzendweiße Provokation aus der Welt des Überflusses liegt die Jacht dem fahruntüchtigen Kahn gegenüber, und doch sitzt darin eine ratlose Frau, deren Beruf das Helfen ist, die aber mit den anderen unterginge, würde sie es tun. Letztlich eine Parabel auf die Situation Europas: Einer darf an Deck, der Rest wird auf Abstand gehalten.

Susanne Wolff gibt die Frau überlegt und professionell, vermeidet jede Gutmenschen-Verzweiflung, bis es auch bei ihr das übersteigt, was sie sich als Ärztin zumuten kann. Gedion Oduor Wekesa spielt den Buben mit nachvollziehbarer Glaubwürdigkeit, was jeden Zusammenprall zwischen den beiden auf dem Boot so verständlich wie unausweichlich macht.

Dem Film gelingt es, die Klippen von Rührseligkeit und Klischee zu vermeiden. Viel wird nicht gesprochen, das Klatschen des Wassers an den Schiffskörper reicht aus, sanftes Schlagen von Metall an Metall. Und doch wird man weder seekrank noch müde beim Zuschauen, weil sich, nicht träge, nicht hektisch, eher im Gleichklang der Wellen, die Geschichte entwickelt. Die Spannung trägt, der Rhythmus stimmt. Die humanitäre Katastrophe auf dem Meer: Heruntergebrochen auf das Individuum und aus anderer Perspektive wahrgenommen als gewohnt. Für seine Leistung wurde “Styx” Mitte der Woche erst beim Lux-Filmpreis des Europäischen Parlaments auf den zweiten Rang gereiht.

>> Alle Spielzeiten auf einen Blick

(APA/Red)

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