Mit der 36. Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) sollen Gemeinden die Möglichkeit bekommen, Fahrverbote und weitere Verkehrsbeschränkungen mit Kameras zu überwachen. Dies soll u. a. die Verkehrsberuhigung von Innenstädten ermöglichen, werde aber nach aktuellem Stand zu einer Zunahme von Verboten und Strafen sowie zu einem "Regel-Chaos" führen, hieß es vonseiten des ÖAMTC bei einem Pressegespräch. Demgegenüber brauche es einheitliche gesetzliche Rahmenbedingungen.
Ursprünglich sei im Rahmen der Novelle nur die Kameraüberwachung von Innenstadtfahrverboten geplant gewesen. "Nun soll ein Rahmen geschaffen werden, mit dem Gemeinden Fahrverbote, aber auch Geh- und Radwege, Busspuren und Fußgängerzonen mit Kameras überwachen können", sagte der Jurist des Mobilitätsclubs, Matthias Wolf, am Dienstag. Die Einzelheiten sowie die Ausnahmen der Fahrverbote werden von den zuständigen Bezirkshauptmannschaften oder dem Magistrat festgelegt.
Kameras würden dann alle Kennzeichen registrieren, die in solche Zonen einfahren. Wenn diese auf einer Ausnahmeliste stehen, bekomme man keine Strafe, sonst werde sie jedoch automatisch zugestellt. So ein Modell lehne der ÖAMTC grundsätzlich nicht ab: Aber die Gesetzesnovelle sehe keine einheitlichen Vorgaben für die Kameraüberwachung vor. "Das heißt, dass wir am Ende des Tages von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedliche Regelungen haben werden", so Wolf.
ÖAMTC befürchtet zunehmende Unübersichtlichkeit
In diesem Kontext befürchtet der ÖAMTC eine wachsende Unübersichtlichkeit: Beim Parken würden in Wien und Graz schon jetzt teurere Gebühren für SUVs diskutiert, im Ortskern von Laa an der Thaya seien etwa nur E-Mopeds erlaubt und international verbieten Städte wie Madrid und Barcelona in bestimmten Bereichen die Einfahrt von Verbrenner-Autos. "Im Grunde sind unterschiedliche Regel-Konzepte vorstellbar, aber wenn alles gleichzeitig kommt, ist Chaos vorprogrammiert", sagte Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung. Dabei sei auch fraglich, ob Verbote und Ausnahmen verständlich kommuniziert werden können.
Hinzu komme, dass die Hürden für die Verhängung von Fahrverboten für die Gemeinden relativ gering sind. Deswegen warnte Wiesinger vor einem starken Zuwachs von Fahrverboten. "Dabei kann es durchaus auch verkehrsfremde Motive geben", sagte er. Denkbar seien etwa "Wahlzuckerl" oder die Konkurrenz mit Nachbargemeinden.
Zusätzlich könne die Einführung solcher Fahrverbote soziale Konsequenzen haben: "Damit schafft man ein Privileg im Bereich der Mobilität, für diejenigen, die es sich ohnehin schon leisten können, im Stadtzentrum wie beispielsweise im ersten Wiener Gemeindebezirk zu wohnen", so Wiesinger weiter. "Als Mobilitätsclub wollen wir keine solche Zwei-Klassen-Mobilität!"
Blick ins Ausland
In Italien können Gemeinden schon jetzt mit der "zona traffico limitato" (ZTL; dt.: "verkehrsberuhigte Zone") in eigener Regie und nach eigenen Regeln verkehrsberuhigte Zonen erstellen und überwachen, erklärte Michele Germeno, ÖAMTC-Vertrauensanwalt in Italien. Schon über 130 Gemeinden haben rund 370 solcher Zonen eingeführt. Aufgrund mangelnder Transparenz und hoher Strafen seien sie Dauerthema bei italienischen Konsumentenschutz-Organisationen.
"Das durch die Ahndung lukrierte Geld bleibt in der Gemeinde", so Germeno. Mailand habe im Jahr 2024 so insgesamt rund 204 Millionen Euro eingenommen, die Gemeinde Bellagio am Comer See mit ihren rund 3.500 Einwohnern 966.000 Euro.
Weil sie uneinheitlich geregelt und zudem oft nur auf italienisch beschildert seien, führen die Verordnungen bei Touristinnen und Touristen oft zu Verwirrung. Im Jahr zahlen rund 7.000 bis 8.000 Österreicherinnen und Österreicher eine solche ZTL-Strafe im Rahmen von 83 bis 332 Euro, schätzt der ÖAMTC auf Basis der jährlich zu diesem Thema durchgeführten 300 Beratungen.
(APA/Red)
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