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Streit zwischen Asylwerbern endete mit Bauchstich: Prozess in Wiener Neustadt

Die Angeklagten stehen in Wiener Neustadt vor Gericht.
Die Angeklagten stehen in Wiener Neustadt vor Gericht. ©APA/ROBERT PARINGER
Im September 2017 eskalierte in Baden ein Streit zwischen Asylwerbern. Einem 15-jährigen Afghanen wurde in den Bauch gestochen. Zwei Angeklagte müssen sich deshalb am Landesgericht Wiener Neustadt wegen versuchten Mordes vor Geschworenen verantworten.

Der für zwei Tage anberaumte Prozess begann am Dienstag und sollte am Mittwoch fortgesetzt werden. Schauplatz der Auseinandersetzung am Abend des 5. September war der Bahnhof der Kurstadt. Einer der jungen Männer habe den Burschen festgehalten, während der andere vier Mal auf ihn eingestochen haben soll. Nach damaligen Angaben der Stadtpolizei waren die mutmaßlichen Täter – ein 19-jähriger Afghane und 18-jähriger Iraner – nach den Messerstichen geflüchtet, wurden aber wenig später im Zuge einer Fahndung gestellt. Sie ließen sich widerstandslos festnehmen, waren aber nicht geständig. Das Opfer wurde schwer verletzt ins Spital gebracht.

Staatsanwalt sprache von “wuchtigem” Bauchstich

Der Staatsanwalt sprach am Dienstag von einem “wuchtigen” Bauchstich, durch den Dick- und Dünndarm derart verletzt wurden, dass akute Lebensgefahr bestand. Trotzdem gelang es dem 15-Jährigen noch, sich loszureißen und bis zu einem Taxistand zu flüchten. In der Folge wurde er im Spital notoperiert.

Bereits zuvor war es an jenem Abend in einem Fitnesscenter in Traiskirchen zu einer Auseinandersetzung zwischen dem erstangeklagten Afghanen und dem Opfer gekommen. Da der 15-Jährige in Begleitung war, zog der Beschuldigte zunächst den Kürzeren, fuhr jedoch in derselben Garnitur wie seine Kontrahenten nach Baden und rief einen Freund zur Unterstützung an. Der Iraner kam auch zum Bahnhof und hielt dann das Opfer fest, während der Erstangeklagte zustach, schilderte der Ankläger. Beide hätten sich nach ihrer Festnahme damit verantwortet, mit dem Messer “nur herumgefuchtelt” zu haben.

Mitangeklagter bekannte sich nicht schuldig

Der Rechtsbeistand des Afghanen sprach von absichtlich schwerer Körperverletzung. Er verwies auf die Vorgeschichte des Streits, räumte aber ein, dass sich sein Mandant aggressiv verhalten hatte.

“Ich wollte ihn nur verletzen”, beteuerte der 19-Jährige via Dolmetscher, keinen Tötungsvorsatz gehabt zu haben. Der Mitangeklagte bekannte sich nicht schuldig.

Einvernahme der Beschuldigten in Wiener Neustadt

Im Juli 1998 in Afghanistan geboren, keine Schulausbildung, seit zwei Jahren allein in Österreich – die Eltern habe er auf der Flucht verloren, schilderte der Erstangeklagte auf Richterfragen seine Lebensgeschichte. Acht Monate verbrachte der Analphabet im Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen, zuletzt wohnte er in Baden. Deutschkurs? “Zwei, drei Wochen”, ließ er via Dolmetscher wissen. Dennoch dürfte er ganz gut Deutsch verstehen, wie die Richterin anmerkte. Im Gefängnis – seit September in U-Haft – sei ihm nichts anderes übriggeblieben, niemand spreche seine Muttersprache, entgegnete der 19-Jährige, der einen negativen Asylbescheid beeinsprucht hatte.

Erste Auseinandersetzung mit Opfer in Traiskirchen

Seit einigen Monaten trainierte der Asylwerber in einem Fitnesscenter in Traiskirchen, wo sich an jenem Abend die erste Auseinandersetzung mit dem späteren Opfer und dessen Begleiter entwickelte – es ging dabei um seine damalige Freundin. Er sei vor dem Klub zusammengeschlagen worden, erzählte der Angeklagte. Er habe Angst gehabt. Warum er dann dieselbe Zuggarnitur nach Baden wie seine Kontrahenten bestieg? “Ja, das war mein Fehler. Und auch, dass ich das Messer beim Döner-Stand gestohlen habe. Das war einfach spontan – blöd”, sagte der 19-Jährige und verwies auf seine Unbescholtenheit. Das sei alles unabsichtlich passiert – auch der Bauchstich. Er habe gar kein Blut gesehen. Auf die Frage, warum er dann dem schreienden Opfer nicht geholfen habe, meinte der Afghane, ihm mit dem Messer in der Hand nachzulaufen wäre “dumm” gewesen.

Zweiter Verhandlungstag am Mittwoch

Der ebenfalls unbescholtene Zweitangeklagte, im Irak geborener Kurde mit iranischer Staatsbürgerschaft, hatte eigenen Angaben zufolge für die Kurden gekämpft. Der 18-Jährige war der telefonischen Aufforderung seines Freundes, ihn am Bahnhof zu erwarten, gefolgt. Er begrüßte auch die beiden anderen, ihm ebenfalls bekannten Asylwerber, als diese den Zug verließen. Dann habe der Erstangeklagte ihm gesagt “schlag zu!”. In der Folge fixierte der 18-Jährige den Begleiter des 15-Jährigen am Boden – “weil er mich angegriffen hat.” Er habe daher nicht viel von dem ganzen weiteren Geschehen gesehen.

Am Nachmittag waren Zeugen geladen, auch das gerichtsmedizinische Gutachten stand an. Ein Urteil war am Dienstag nicht geplant: Am zweiten Verhandlungstag sollten morgen, Mittwoch, weiters ermittelnde Beamte Auskunft über den Fall geben.

APA/Red.

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