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Streit um Verkauf von Wiener Sozialwohnungen: Rückabwicklung gefordert

Streit um gemeinnützige Wohnungen beschäftigt das Wiener Rathaus.
Streit um gemeinnützige Wohnungen beschäftigt das Wiener Rathaus. ©pixabay.com
Derzeit beschäftigt der Verkauf von 3.000 Wiener Sozialwohnungen um 6 Millionen Euro an einen privaten Unternehmer die Stadtpolitik. Kritiker befürchten, dass die Gemeinnützigkeit aufgegeben werden könnte und fordern die Rückabwicklung.
Stadt leitet Prüfverfahren ein

Die FPÖ will nun den Stadtrechnungshof einschalten. Im Herbst soll die Landesregierung über die Genehmigung des Deals abstimmen.

Die Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD) veräußerte ihren gemeinnützigen Bauträger WBV-GÖD (heute WBV-GFW) bereits 2003. Das damals zum Zug gekommene Unternehmen verkaufte ihn schließlich an den jetzigen Inhaber Christian Hosp weiter. Der Kauf wurde Hosp laut eigenen Angaben von Heumarkt-Investor Michael Tojner empfohlen.

Verkauf von Sozialwohnungen wird untersucht

Der Revisionsverband der gemeinnützigen Bauvereinigungen nahm diesen zweiten Verkauf unter die Lupe. Der Bericht kam zu dem Schluss, dass der neue Eigentümer auch im Baugewerbe tätig sei, was gemäß Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz verboten ist. Auch das Finanzamt kam laut einem Bericht der “Presse” kürzlich zu dem Schluss, dass der Verkauf nichtig sei.

Auch die gesetzlich erforderliche Genehmigung des Deals durch die Landesregierung steht noch aus. Eine im Mai in Kraft getretene Präzisierung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes stellte klar, dass diese notwendig ist. Die WBV-GFW beantragte daraufhin die nachträgliche Genehmigung. Im Herbst wird der Antrag der Landesregierung, also allen Stadträten (inklusive den nicht amtsführenden), voraussichtlich zur Abstimmung vorgelegt. Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ), der die zuständige Aufsichtsbehörde, die MA 50 untersteht, wird davor eine Empfehlung abgeben. Derzeit würden die Stellungnahmen und Gutachten zu der Frage geprüft, hieß es aus dem Büro der Stadträtin gegenüber der APA.

Die FPÖ kündigte indessen an, die Causa durch den Stadt-RH prüfen zu lassen. Das Prüfansuchen soll spätestens Ende der Woche eingebracht werden, sagte eine Sprecherin der APA. Auch die NEOS forderten in einer Aussendung am Dienstag Klarheit von der SPÖ, ob sie für eine Rückabwicklung des Kaufs ist.

Streit um Sozialwohnungen – WBV-GFW will Gemeinnützigkeit ausbauen

In der Debatte über den umstrittenen Verkauf Wiener Sozialwohnungen hat sich am Dienstag die Wohnbauvereinigung WBV-GFW zu Wort gemeldet. Eigentümer Christian Hosp verwies in einer Aussendung auf das laufende Prüfverfahren der MA 50 und betonte, dass die Gemeinnützigkeit nicht angetastet werde, sondern im Gegenteil ausgebaut werden solle.

“Keinerlei Risiko” für die Mieter

Für die Mieter bestehe “keinerlei Risiko, an ihrem Status und den Bedingungen für ihre Wohnungen ändert sich nichts”. Er habe die WBV-GFW erworben, um sie langfristig zu behalten und “die Bautätigkeit im gemeinnützigen Bereich – somit die Aktivitäten zur Schaffung von leistbarem Wohnraum – zu verstärken”, so Hosp.

Aussagen wie “Wien privatisiert Sozialwohnungen” seien falsch – die Eigentumsübertragung sei zwischen rein privaten Unternehmen, die den Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) unterliegen, erfolgt. Die Stadt Wien habe lediglich die Einhaltung der Gesetze zu prüfen, so Hosp. Ein von der MA 50 eingeleitetes Prüfverfahren über die Erfüllung sämtlicher Anforderungen durch den neuen Eigentümer laufe.

Zur Rolle von Heumarkt-Investor Michael Tojner hielt Hosp fest, dass dieser ihm beratend zur Seite stehe, jedoch “weder direkt noch indirekt Anteile an der WBV-GFW hält oder Einfluss auf deren Gebarung nimmt”. Er selbst sei kein Angehöriger des Baugewerbes, betonte Hosp. Laut dem WGG sind Unternehmen des Baugewerbes vom Erwerb einer gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft ausgeschlossen.

Kaufpreis von 6 Millionen Euro

Auch auf den Kaufpreis von 6 Mio. Euro geht Hosp ein: Dieser sei gesetzlich determiniert gewesen, da das WGG die Berechnung des Kaufpreises von gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften zwingend vorschreibe. Als Bemessungsgrundlage sei das eingezahlte Stammkapital heranzuziehen.

Kritik an dem Deal kam am Dienstag auch von der Liste Pilz, deren Klubobmann Wolfgang Zinggl eine parlamentarische Anfrage “zu anhängigen Verfahren rund um fragwürdige Immobilien-Deals” einbringen wird, wie er in einer Aussendung ankündigte.

AR-Vorsitzender erhebt schwere Vorwürfe

Im Streit um die Sozialwohnungen der WBV-GFW (früher WBV-GÖD) hat nun der Aufsichtsratsvorsitzende der Wohnbaugesellschaft, Stefan Gregorich, gegen den neuen Eigentümer Christian Hosp schwere Vorwürfe erhoben.

“Die heutigen Darstellungen von Christian Hosp weise ich als Aufsichtsratsvorsitzender der WBV-GFW zurück. Emailverkehr etwa belegt, dass Christian Hosp letztlich ein ‘Strohmann’ Michael Tojners ist”, so der AR-Vorsitzende Gregorich in einer Aussendung. Hosp hingegen hatte heute betont, Heumarkt-Investor Michael Tojner stehe ihm beratend zur Seite, halte jedoch “weder direkt noch indirekt Anteile an der WBV-GFW” und nehme keinen Einfluss auf deren Gebarung.

Als Sozialdemokrat verstehe er nicht, warum die SPÖ als einzige Partei in Wien sich hier auf die Seite des Investors Tojner stelle, empörte sich Gregorich. “Die Finanz, der Revisionsverband und das Wirtschaftsministerium haben veranschaulicht, dass die Transaktionen rückabzuwickeln sind. Dazu bekenne ich mich ohne Wenn und Aber”, entgegnet Gregorich die Darstellung Hosps. Sollte es nicht zu einer Rückabwicklung kommen, werde man rechtliche Schritte prüfen müssen. “Fakt ist, dass gegen die Paragrafen 9, 10 und 10a Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz verstoßen wurde”, so Gregorich.

Er fordert die Rückabwicklung der “absolut nichtigen” Transaktionen. “Es sei festgehalten, dass Christian Hosp aufgrund der vorgenannten und offiziellen Gutachten und Stellungnahmen nicht legitimiert ist für die WBV-GFW (vormals WBV-GÖD) zu sprechen”, schließt die Aussendung Gregorichs.

(APA/Red)

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