Stiefvater von Sechsjähriger angeklagt, die Notsignal gab
Wie Salzborn mitteilte, gibt es auch schon einen Prozesstermin. Die Verhandlung wurde für den 16. Dezember anberaumt. Der gebürtige Iraker, der in Wien keinen ordentlichen Wohnsitz hat und einschlägig vorbestraft ist, befindet sich wegen Tatbegehungs- und Fluchtgefahr in der Justizanstalt (JA) Josefstadt in U-Haft.
Der Mann soll am vergangenen Wochenende seine Frau und die zwei Kinder - neben der Sechsjährigen ein Säugling - abgepasst, bedroht und zum Einsteigen in sein Auto gezwungen haben. Weil er der Frau dabei ein Messer gegen den Hals gedrückt haben soll, geht die Staatsanwaltschaft von schwerer Nötigung aus. Rund eine Stunde soll der Mann dann mit den drei gekaperten Personen gegen deren Willen quer durch Wien gefahren sein, was im Strafantrag als Freiheitsentziehung qualifiziert wird.
Verteidiger: "Er hat keine Straftat gesetzt"
Der 39-Jährige wird sich nicht geständig verantworten. "Er hat keine Straftat gesetzt", meinte sein Verteidiger Sebastian Lesigang, nachdem er den Mann am Freitag in der JA Josefstadt besucht hatte. Weder habe der Angeklagte die Frau und die Kinder bedroht noch zum Einsteigen in seinen Pkw gezwungen: "Er hat sie nicht entführt." Der Mann habe "selbst die Polizei gerufen", nachdem ihm aufgrund einer abrupten Bremsung das nachfolgende Fahrzeug ins Heck gefahren sei, sagte Lesigang im Gespräch mit der APA.
In der Vergangenheit dürfte die Beziehung des Angeklagten zu der 34-Jährigen jedoch von Gewalt geprägt gewesen sein. Im Strafregister des 39-Jährigen scheint zumindest eine darauf hin deutende Vorstrafe aus dem Jahr 2020 auf. Die 34-Jährige hatte schon vor längerem eine Einstweilige Verfügung (EV) gegen den Mann erwirkt, die ein Kontakt- und Annäherungsverbot beinhaltete. Da der 39-Jährige sich nicht daran hielt, wandte sich die zweifache Mutter neuerlich Hilfe suchend an die Behörden, wobei in diesem Zusammenhang dem sechsjährigen Kind das SOS-Signal bei häuslicher Gewalt beigebracht wurde, um in einer allfälligen Notlage auf sich aufmerksam machen zu können. Die EV wurde im Oktober verlängert.
Harmloser Unfall als Rettung
Dass der 39-Jährige am Sonntag während seiner Fahrt durch Wien einen Unfall mit Blechschaden baute, dürfte die 34-jährige Frau und ihre Kinder vor möglicherweise Schlimmerem bewahrt haben. Vor einem Einkaufszentrum am Neubaugürtel in Rudolfsheim-Fünfhaus kam es zu dem an sich harmlosen Auffahrunfall. Der 39-Jährige konnte keinen Führerschein vorweisen, weshalb der Unfallgegner die Polizei rief.
Den einschreitenden Beamten fielen zunächst die verängstigt wirkende Frau und die Kinder auf der Rückbank des Autos auf. Stutzig wurden die Beamten, als die Sechsjährige wortlos den Daumen in die Handfläche legte und mit den Fingern den Daumen umschloss - das Notsignal für häusliche Gewalt. Bei der Durchsuchung des Wagens fanden die Polizisten dann drei Messer, eines davon in einem Kinderwagen.
(S E R V I C E - Hilfeangebote des Vereins AÖF: Die Frauen-Helpline gegen Gewalt 0800/222-555 steht rund um die Uhr, mehrsprachig, anonym und kostenlos allen Frauen, Angehörigen und Interessierten zur Verfügung: ; beim Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) unter
Die Wiener Polizei ist Ansprechpartner für Personen, die Gewalt wahrnehmen oder selbst Opfer von Gewalt sind. Der Polizei-Notruf ist unter der Nummer 133 jederzeit erreichbar. Die Kriminalprävention des Landeskriminalamt Wiens bietet darüber hinaus persönliche Beratungen unter der Hotline 0800/216346 an.
Weitere Anlaufstellen für Gewaltopfer: Gewaltschutzzentrum Wien: 01/585-32-88 - 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien: 01-71719 - Wiener Frauenhaus-Notruf 057722 - Österreichische Gewaltschutzzentren: 0800/700-217)
Onlineberatung HelpChat "Halt der Gewalt" (tägl. 18-22 Uhr und jeden Fr. von 9-23 Uhr): )
(APA)
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