Start für Prozess nach Terror-Plänen gegen Vienna Pride

Ob im Prozess um die Terror-Pläne gegen die Vienna Pride am Dienstag bereits Urteile gefällt werden, ist unklar. "Das hängt vom Verhandlungsverlauf ab", erklärte Gerichtssprecherin Birgit Eisenmagen auf Anfrage der APA am Freitag. Vorsorglich wurde ein weiterer Verhandlungstag für den 5. August angesetzt. Andreas Schweitzer, der Verteidiger des jüngsten Beschuldigten, geht davon aus, dass dieser Termin ebenfalls nötig sein wird.
Hinwendung zum IS laut Verteidiger "unüberlegte Aktion"
"Schuldig bekennen wird er sich nur, dass er Mitglied einer terroristischen Organisation war", meinte Schweitzer am Freitag im Gespräch mit der APA zur Verantwortung seines Mandanten. Die Hinwendung des im inkriminierten Tatzeitraum 14-Jährigen zum "Islamischen Staat" (IS) sei "eine unüberlegte Aktion im Zug jugendlichen Wahnsinns" gewesen: "Er war sich nicht der Folgen bewusst, die das nach sich zieht." Anschlagspläne habe der nunmehr 17-Jährige nicht verfolgt, an die konkrete Umsetzung inkriminierter Ausreisepläne zum IS habe er nie gedacht, hielt Schweitzer fest. Der Wiener Schüler hatte laut Anklage Erkundigungen bei einer IS-Propagandastelle eingeholt, wie man in ein vom IS besetztes Gebiet gelangen könne.
Attentat auf Vienna Pride stand laut Anklage nicht unmittelbar bevor
Ein Attentat stand der Staatsanwaltschaft St. Pölten zufolge zwar nicht unmittelbar bevor. Die drei seinerzeitigen IS-Anhänger hätten in einer einschlägigen Telegram-Gruppe jedoch "Anschlagspläne erörtert", wird in der Anklageschrift ausgeführt. Der Jüngste hatte sich im Internet neben IS-Propagandamaterial auch Bombenbauanleitungen beschafft und sich mit Gleichgesinnten in Chats ausgetauscht. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft handelte es sich bei allen drei Angeklagten um bis zu ihren Festnahmen gewaltbereite Anhänger des IS bzw. der daraus hervorgegangenen Gruppe "Islamischer Staat - Provinz Khorasan" (ISPK). Sie waren in der einschlägigen Telegram-Gruppe "psychology1444" auf gewaltaffine und stark radikalisierte ausländische IS-Anhänger gestoßen. Neben Propagandavideos und Spendenaufrufen wurden laut Anklage in Chats Anschlagspläne erörtert - ein Ukrainer kündigte etwa an, sich als Selbstmordattentäter in die Luft sprengen zu wollen.
19-Jähriger soll Erwerb von Waffen für Anschlag in Aussicht gestellt haben
Der 19-jährige Angeklagte - ein in St. Pölten lebender Lehrling, wie sein um zwei Jahre älterer mitangeklagter Bruder österreichischer Staatsbürger - stellte der Anklageschrift zufolge "in Aussicht, in der tschechischen Republik ein Sturmgewehr der Marke AK-47 und ein großes Messer für einen Terroranschlag zu erwerben und einen Anschlag auf die am 17. Juni 2023 in Wien stattfindende LGBTQ-Pride zu verüben". Er soll zumindest seit März 2022 das IS-Gedankengut verinnerlicht und auf Plattformen wie TikTok und Telegram oder über sein Playstation-Profil nach außen getragen haben, wo er den IS glorifizierte und dessen Ideologie verbreitete. Er und sein älterer Bruder sollen den zu einem Selbstmordattentat bereiten Ukrainer wiederholt in dessen Absichten bestärkt und zur Tatumsetzung gedrängt haben. Der 22-Jährige propagierte in einem Chat das "Anstechen" (sic) und Jagen von Ungläubigen. Beide Brüder fertigten außerdem Bilder und Videos an, auf denen sie jeweils mit erhobener rechter Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger posierten. Die sogenannte Tauhid-Geste wird von islamistischen Gruppen als Erkennungsmerkmal missbraucht.
Jüngster wollte laut Anklage mit 14 in IS-Gebiet
Der Jüngste der drei kündigte laut Anklage zwischen 30. Jänner und 2. Februar 2023 in einem Threema-Chat an, er werde in ein vom IS bzw. ISPK besetztes Gebiet ausreisen, um dort deren Kämpfer zu unterstützen. Er erkundigte sich darüber hinaus "konkret nach Tipps für den Bau von besonders zerstörerischen Sprengsätzen zum Zweck der Verübung eines Sprengstoffattentats sowie nach Tipps für das Zielen mit einer Waffe für das Verüben eines Attentats", wie in der Anklageschrift festgehalten wird. Dem inzwischen 17-jährigen Österreicher wird folglich auch die Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat (§ 278f StGB) angelastet. Dass seine Ausreisepläne nicht reine Fantasiegespinste waren, belegen nach Ansicht der Anklagebehörde Dokumente, die er sich im Internet besorgt und abgespeichert hatte. Der zu diesem Zeitpunkt 14-Jährige informierte sich etwa zu taktischem Vorgehen bei Kampfhandlungen, Methoden bei Hinterhalt-Operationen und "Vorbereitungs- und Ausrüstungsempfehlungen für den Mujaheddin-Anfänger", wie ein Dokument betitelt war, das bei den Ermittlungen sichergestellt werden konnte.
DSN informierte über Pläne für Anschlag auf Vienna Pride im Nachhinein
Bekannt wurden die mutmaßlichen Anschlagspläne auf die Vienna Pride 2023 erst am Tag nach der Regenbogenparade. Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) informierte die Öffentlichkeit in einer eilig einberufenen Pressekonferenz, man habe einen Anschlag vereitelt und Hausdurchsuchungen bei den drei Beschuldigten durchgeführt. Auf die drei aufmerksam gemacht worden war die DSN von einem ausländischen Partnerdienst, der Kenntnis von den Inhalten der Telegram-Chats erlangt hatte. Die Burschen saßen jedoch nicht lange in Haft - sie wurden wenige Tage nach ihren Festnahmen mangels dringenden Tatverdachts wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Angeklagten sollen inzwischen ihrem damaligen Gedankengut abgeschworen haben. "Die Berichte seines Bewährungshelfers und der Beratungsstelle Extremismus, wo er ein Deradikalisierungsprogramm durchläuft, sind ausgesprochen positiv", betonte Verteidiger Schweitzer, der Rechtsvertreter des 17-Jährigen, abschließend.
(APA/Red)
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