Standorte über Jahre erfasst – Geheimes Mitarbeiter-Tracking bei Red Bull aufgedeckt

Die Ortung erfolgte demnach ohne Wissen der Betroffenen und außerhalb eines rechtlich zulässigen Rahmens.
Standortdaten weltweit gesammelt
Zwischen 2007 und 2014 wurden Standorte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Red Bull Media House in mehreren Ländern dokumentiert – darunter auch in Österreich. Laut einer internationalen Recherche, an der unter anderem der "Standard", das ZDF und "Der Spiegel" beteiligt waren, wurden Standortdaten sowohl von Dienst- als auch von Privatgeräten gespeichert. Die Daten stammen aus einem Ortungstool der Überwachungsfirma First Wap, deren Gründer der Tiroler Josef Fuchs war.
First Wap operierte von Jakarta aus und nutzte unter anderem Mobilfunknetze in Europa, etwa jenes der staatlichen Telecom Liechtenstein. Die Tracking-Vorgänge betrafen sowohl festangestellte als auch freie Mitarbeiter und führten in einigen Fällen zu detaillierten Bewegungsprofilen. Der analysierte Datensatz umfasst über 14.000 Telefonnummern und mehr als 1,5 Millionen Ortungsanfragen weltweit.
Zusammenarbeit mit First Wap bestätigt
Red Bull bestätigte gegenüber dem "Standard" eine frühere Zusammenarbeit mit First Wap in den Jahren 2008 und 2009. Dabei sei es laut Unternehmensangaben um technische Tests mit Transpondern an Schneemobilen und Motorrädern sowie um eine Marktanalyse für Indonesien gegangen.
Das Auftragsvolumen habe rund 6000 Euro betragen. Eine Beteiligung an Überwachungsvorgängen bestreitet das Unternehmen. Es lägen keine Unterlagen vor, aus denen hervorgehe, dass Red Bull, das Red Bull Media House oder Dietrich Mateschitz von entsprechenden Aktivitäten gewusst hätten.
Verhältnis zwischen Fuchs und Mateschitz unklar
Ob und in welcher Form Josef Fuchs direkten Kontakt zu Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz hatte, ist unklar. Einige der betroffenen Mitarbeiter gaben an, Fuchs persönlich gekannt zu haben. Auch auf sozialen Netzwerken bestanden Verbindungen.
Konkrete Belege für ein direktes Verhältnis zwischen Fuchs und Mateschitz gibt es allerdings nicht. Beide Männer sind inzwischen verstorben – Mateschitz im Jahr 2022, Fuchs ein Jahr später. Eine persönliche Stellungnahme ist daher nicht mehr möglich.
Führungskräfte besonders betroffen
Zu den georteten Personen zählen laut Recherche auffallend viele leitende Angestellte – etwa aus den Bereichen Recht, Medien, Marketing und IT. Auch der heutige Leiter des Red Bull Verlags befindet sich unter den namentlich nicht genannten Betroffenen. Einige sind bis heute in Führungspositionen tätig.
Der frühere Geschäftsführer des Red Bull Media House, Andreas Gall, sagte gegenüber dem "Standard", er sei über die Daten überrascht gewesen. Die damalige Zusammenarbeit mit First Wap habe sich aus seiner Sicht auf technologische Tests bei Veranstaltungen beschränkt. Von einer verdeckten Überwachung habe er nichts gewusst.
Datenschutzrechtlich bedenklich
Laut der Arbeiterkammer Wien wäre eine derart umfassende Ortung nur bei behördlicher Anordnung und mit richterlicher Genehmigung zulässig. Sollte sich ein Auftraggeber ermitteln lassen, könnten Betroffene zivilrechtlich vorgehen. Auch verwaltungsrechtliche Konsequenzen wie Geldbußen durch die Datenschutzbehörde wären möglich.
Netz über Liechtenstein geschlossen
Laut Telecom Liechtenstein bestand eine über 20-jährige Zusammenarbeit mit First Wap, die angesichts der Recherchen "per sofort suspendiert" und alle Dienste gesperrt wurde. First Wap selbst erklärte, man biete die Ortungstechnologie ausschließlich staatlichen Stellen an. Der analysierte Datensatz lässt allerdings nicht erkennen, wer die Ortungen konkret beauftragt oder durchgeführt hat.
Internationale Kooperation deckt Datenleak auf
Die Recherchen sind Teil des internationalen Projekts "Surveillance Secrets", koordiniert vom Investigativportal Lighthouse Reports. Beteiligt waren 14 Medien und 70 Journalisten – unter anderem vom "Standard", ZDF, "Spiegel", "Le Monde" und "Haaretz".
(VOL.AT)
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