St. Gallen stoppt Fleisch-Verkauf - Mit "Ewigkeitschemikalie" belastet

Die Entdeckung von PFAS-belasteten Böden im Jahr 2021 auf der Eggersrieter-Höhe hat zu einer umfassenden Untersuchung im gesamten Kanton St. Gallen geführt. Dabei wurden weitere "Hotspots" in den Gemeinden Mörschwil, Eggersriet, Untereggen, Goldach, Altenrhein und St. Margrethen gefunden, wie es in einer Aussendung des Kantons St. Gallen heißt. Die Belastung erstreckt sich nicht nur auf den Boden, sondern auch auf Fleisch, Milch und Quellwasser.
PFAS-Werte in Vorarlberg
In einer Studie des Umweltinstituts Vorarlberg wurde festgestellt, dass in fast 80 Prozent der Bodenproben in Vorarlberg PFAS-Chemikalien nachgewiesen wurden. Die Untersuchungen, die zwischen 2018 und 2021 durchgeführt wurden, ergaben hohe Konzentrationen insbesondere in den Gemeinden Fußach, Gaissau, Höchst und im Raum Rankweil. Im Vergleich zu sieben anderen Bundesländern zeigte sich, dass die PFAS-Konzentration in Vorarlberg während der untersuchten Zeiträume, zu den höchsten in ganz Österreich gehörte, wie der ORF Vorarlberg im März 2024 berichtet hat.
"Das PFAS-Problem wurde lange Zeit unterschätzt", erklärte Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker der Umweltschutzorganisation Global 2000, gegenüber dem ORF. Christof Strabler, Hochschullehrer an der Fachhochschule Vorarlberg, strich hingegen die Vorteile der Chemikalien heraus: "Die Eigenschaften von PFAS sind beispiellos. Sie bringen Leistungsfähigkeit in Produkte, die unser tägliches Leben einfacher, sicherer und komfortabler machen."
PFAS - Eine "Ewigkeitschemikalie"
PFAS (Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) sind sehr schwer abbaubare Chemikalien, deshalb der Beiname "Ewigkeitschemikalie". Sie werden seit Jahrzehnten industriell genutzt, zum Beispiel in wasserabweisenden Regenjacken, teflonbeschichteten Bratpfannen, Windrädern, Lithium-Ionen-Akkus, Mikrochips, Fast-Food-Verpackungen, Feuerlöschschäumen und sogar in FFP2-Masken vor. Diese Chemikalien gelangen in die Umwelt und können in der Nahrungskette sowie im Menschen nachgewiesen werden. Für den Menschen stellen sie ein mögliches gesundheitliches Risiko dar.
PFAS-Verunreinigung in St. Gallen
Als mögliche Ursache für die Verunreinigung wird der Einsatz von mit PFAS belastetem Klärschlamm als Dünger vermutet, der seit 2006 jedoch nicht mehr verwendet wird.
Massive Konsequenzen für betroffene Landwirte
Die Untersuchungsergebnisse haben unmittelbare Folgen für die betroffenen Landwirte. Bisher sind fünf Betriebe betroffen, die aufgrund der erhöhten Werte im Schlachtvieh vorläufig keine Tiere mehr verwerten dürfen. Auch die Nutzung von lokalen Quellen wurde untersagt, stattdessen müssen die Gemeinden mit Trinkwasser versorgen. Für Milch gibt es derzeit noch keine Höchstwerte für PFAS, jedoch ist Rohmilch besonders kritisch. Die Tiere dürfen nicht mehr auf kontaminierten Böden weiden und Bodenverschiebungen sind untersagt. Zudem ist es ohne Erlaubnis des Kantons nicht erlaubt, Aushub zu entfernen.
Sanierung dauert Jahrzehnte
Die Sanierung der betroffenen Gebiete wird laut St. Galler Volkswirtschaftsdirektor Beat Tinner (FDP) Jahrzehnte dauern und ist ein komplexes Thema. Die Gesundheitsbehörden betonen, dass PFAS keine akute Gesundheitsgefährdung darstellen, jedoch könnten langfristige Auswirkungen auf den menschlichen Körper bestehen. Es gibt jedoch noch Lücken im Wissen über die Langzeitwirkungen von PFAS.
Die Untersuchungsergebnisse haben auch finanzielle Auswirkungen auf die betroffenen Landwirte. Wie die APA berichtet, erhalten sie vom Kanton in einem ersten Schritt Überbrückungskredite. In Zukunft könnte es auch A-fonds-perdu-Zahlungen, ähnlich wie während der Covid-19-Pandemie, geben. Die finanzielle Unterstützung wird jedoch nicht dauerhaft möglich sein, betont Tinner.
Die Schweizer Gesundheitsbehörden fordern nun ein einheitliches Vorgehen auf nationaler Ebene, da die Belastung von PFAS-Böden kein Problem ist, das allein den Kanton St. Gallen betrifft. Es sei wichtig, dass der Bund einen nationalen Aktionsplan zur Bewältigung der Problematik erstellt.
Bauern sehen Lebenswerk dahinschwinden
Wie "fm1today.ch" berichtet, sehen die betroffenen Landwirte ihre Lebensgrundlage dahinschwinden. "Jetzt produziere ich nur noch Abfall", wird einer der Betroffenen zitiert. "Wir durften lange keinen Kontakt zu den Bauern aufnehmen, bis wir uns selbst etwas mehr Wissen über die Situation verschafft haben. Die Bauern fühlen sich entsprechend alleine gelassen", so Bruno Inauen, der Leiter des Landwirtschaftsamt St. Gallen. Und weiter: "Für die Bauern ist es eine Ohnmachtsituation. Sie haben etwas in ihrem Boden, das sie wahrscheinlich nicht selbst hineingebracht haben und nun zu einem schlechten Produkt führt".
"Es gibt so schon viele Herausforderungen für die Landwirte, das bräuchte es jetzt nicht auch noch", schließt Inauen.
(VOL.AT)
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