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"Sport nicht mehr Nummer 1"

Nikola Hartmann beendet morgen mit WM-Einsatz in Dänemark ihre Ringer-Karriere.

Im Alter von 17 Jahren holte sich Österreichs Paraderingerin in Stavern (Nor) ihren ersten von insgesamt fünf Weltmeistertiteln. Nach weiteren zwölf Medaillengewinnen, davon neun Goldenen, bei WM und EM, stellt die erfolgreichste Ringerin Europas morgen nach ihrem 16. WM-Einsatz die Ringerschuhe in die Ecke.

VN: Mit welchen Erwartungen reisen Sie nach Dänemark?
Hartmann:
Natürlich wäre eine Medaille ein Traum. Es hängt aber viel von der Tagesform und Auslosung ab. Ich werde auf jeden Fall alle Kräfte mobilisieren, um mich standesgemäß zu verabschieden.

VN: Wie ist das Gefühl vor Ihrem letzten Auftritt?
Hartmann:
Ein sehr gutes! Ich muss niemandem mehr etwas beweisen und gehe ohne Druck an den Start. Mit fünf WM- und EM-Titeln habe ich sehr viel erreicht und gehöre zu den erfolgreichsten Athletinnen auf der Welt. Ich möchte bei diesem Wettkampf nochmals allen danken, die meine Karriere unterstützt haben – meiner Familie, den Freunden, dem Arbeitgeber und den Sponsoren.

VN: Ist die Nichtnominierung für Peking 2008 der Grund für Ihren Rücktritt?
Hartmann:
Nein, aber die Art und Weise, wie ich vom ÖOC ausgebootet wurde, hat mich sehr nachdenklich gemacht. Drei Jahre bis zu den Spielen in London sind einfach eine zu lange Zeit, dann wäre ich ja 37. Mir ist aber auch klar geworden, dass es im Leben noch etwas anderes gibt als den Spitzensport. Mit 34 Jahren verändern sich die Prioritäten und der Sport ist dann eben nicht mehr die Nummer 1.

VN: Was meinen Sie konkret damit?
Hartmann:
Ich möchte gerne eine Familie gründen. Vielleicht gibt es ja in 20 Jahren wieder eine Ringerin, die Hartmann heißt. Ich freue mich auf ein ganz normales Leben, ohne die täglichen Trainingseinheiten und Wettkämpfe.

VN: Ihr Resumée nach 17 Jahren Ringersport?
Hartmann:
Ich durfte große Erfolge feiern, darauf bin ich sehr stolz. Es war eine sehr schöne Zeit, in der ich viele Leute aus anderen Ländern und Kulturen kennengelernt und wertvolle Kontakte geknüpft habe.

VN: Welches war der schönste bzw. bitterste Moment in Ihrem Sportlerleben?
Hartmann:
2000, als ich Europa- und Weltmeisterin wurde, war mein schönstes Jahr. Leider war damals das Frauenringen noch nicht olympisch. Schwer war es für mich 2001, als ich mit eine Woche vor der WM eine schwere Knieverletzung zugezogen hatte. Der bitterste Moment war die Nichtnominierung für die Olympischen Spiele 2008, als das ÖOC meine Qualifikation einfach nicht akzeptierte.

VN: Entsteht durch Ihren Rücktritt eine Lücke oder sehen Sie in Österreich mögliche Nachfolgerinnen?
Hartmann:
Nein, und genau das beruhigt mich. Die Maierhofer-Schwestern, Martina Riegler oder die Tirolerin Marina Gastl haben bei entsprechender Einstellung das Potenzial, meinen Rücktritt zu kompensieren.

VN: Werden Sie dem Ringersport in irgendeiner Form erhalten bleiben?
Hartmann:
Ja, u. a. habe ich beim KSV Götzis das Training der Mädchen von acht bis zwölf Jahren übernommen. Alles was darüber hinausgeht, wird sich zeigen. Zusätzlich bin ich noch bis 2010 in der Athletenkommission im Vorstand des Weltverbands tätig.

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