AA

Sozialhilfe in Österreich: Wer bekommt wie viel und warum?

Das sind die derzeitigen Regelungen bei der Sozialhilfe in Österreich.
Das sind die derzeitigen Regelungen bei der Sozialhilfe in Österreich. ©dpa/Andreas Gebert
Die Regierung plant eine Reform der Sozialhilfe in Österreich. Hier ein Überblick, welche Regelungen aktuell gelten.
Reform soll "mehr Gerechtigkeit" bringen
Aufregung um Wiener Migrantenfamilie

Die Bundesregierung hat in ihrem Regierungsprogramm eine Reform der Sozialhilfe verankert. Die "Sozialhilfe NEU" soll u.a. eine Vereinheitlichung der Tagsätze über alle Bundesländer hinweg bringen. Ebenfalls geplant sind Maßnahmen, die Erwerbsanreize von Eltern bringen sollen sowie eine von der Sozialhilfe losgelöste "Kindergrundsicherung". Die Umsetzung wird länger dauern, soll aber in dieser Legislaturperiode erfolgen.

Teils unterschiedliche Regelungen bei Sozialhilfe in den Bundesländern

Geregelt sind die bundesweiten Vorgaben im 2019 geschaffenen Sozialhilfe-Grundsatzgesetz (SH-GG). Die Bundesländer müssen diese Vorgaben näher umsetzen (Landesgesetzgebung), wobei ihnen zahlreiche Spielräume überlassen werden, was teils unterschiedliche Regelungen je nach Bundesland zur Folge hat. Bisher ist noch keine flächendeckende Umsetzung des SH-GG in allen Bundesländern erfolgt, in Wien gibt es nur eine teilweise Umsetzung, in Tirol gelten noch die alten Mindestsicherungsgesetze. Im Folgenden ein Überblick über die aktuelle Situation.

Anspruch, Höhe, Zuschläge: Die derzeitigen Sozialhilfe-Regelungen

Wer hat Anspruch?

Österreicher und Österreicherinnen sowie Inländern gleichgestellte Personen. Bürger bzw. Bürgerinnen aus EU- bzw. EWR-Staaten haben nur dann einen uneingeschränkten Anspruch auf die Sozialhilfe, wenn sie sich als Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerinnen in Österreich aufhalten - oder schon länger als fünf Jahre in Österreich rechtmäßig wohnen. Drittstaatsangehörige haben hingegen grundsätzlich nur dann einen Anspruch auf Sozialhilfe, wenn sie schon mehr als fünf Jahre rechtmäßig in Österreich gelebt haben.

Asylberechtigte haben ab dem Moment der Zuerkennung des Schutzstatus als Flüchtling Anspruch auf Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung. Keinen Anspruch haben Asylwerber und Asylwerberinnen sowie Personen mit dem Status "Vertriebene" (wie Flüchtlinge aus der Ukraine). Sie erhalten stattdessen Leistungen aus der sogenannten "Grundversorgung" (deutlich niedriger als die Sozialhilfe).

Gilt eine Arbeitspflicht?

Die Sozialhilfe bzw. die Mindestsicherung ist bei arbeitsfähigen Personen an die Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft gekoppelt. Ausgenommen davon sind Menschen im Pensionsalter, Personen mit Betreuungspflichten für Kinder, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (sofern keine geeignete Betreuungsmöglichkeit vorhanden ist) - und auch jene Betroffenen, die Angehörige pflegen, die ein Pflegegeld mindestens der Stufe drei beziehen. Ebenso keine Arbeitspflicht besteht für Bezieher, die Sterbebegleitung oder Begleitung von schwersterkrankten Kindern leisten oder jene, die in einer Berufs- oder Schulausbildung stehen, die schon vor dem 18. Geburtstag begonnen wurde - und all jene, die von Invalidität betroffen sind.

Der überwiegende Teil der Bezieher (55 Prozent) steht aber dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. 36,5 Prozent sind arbeitssuchend und beim Arbeitsmarktservice gemeldet, 8,5 Prozent sind berufstätig, haben aber einen so geringen Verdienst, dass sie auf Sozialhilfe angewiesen sind. Unter jenen, die keiner Arbeit nachgehen können, sind 43 Prozent im Vorschul- oder Pflichtschulalter oder in Pension.

Muss Vermögen verwertet werden?

Bevor Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung in Anspruch genommen werden kann, muss vorhandenes Vermögen verwertet werden. Allerdings gibt es Ausnahmen: Gegenstände, die zur Erwerbsausübung oder der "Befriedigung angemessener geistig-kultureller Bedürfnisse" erforderlich sind, müssen nicht veräußert werden. Ebenso ausgenommen sind Kraftfahrzeuge, die berufsbedingt benötigt werden oder die aufgrund besonderer Umstände erforderlich sind (etwa wegen Behinderung oder fehlender Infrastruktur). Behalten werden darf auch "angemessener Hausrat". Auch gibt es ein sogenanntes "Schonvermögen", das 2025 bei 7.254 Euro lag. Eigentumswohnungen oder -häuser müssen nicht verwertet werden, wenn sie für den unmittelbaren Wohnbedarf dienen.

Wie hoch ist die Leistung?

Das 2019 eingeführte Sozialhilfe-Grundsatzgesetz sieht Maximalbeträge statt Mindesthöhen vor. Für Alleinlebende und Alleinerziehende beträgt die Höhe im Jahr 2025 maximal 1.209 Euro. Für Paare wurde ein Maximalbetrag von rund 1.693 Euro festgelegt. Die Auszahlung erfolgt zwölf Mal pro Jahr. In Tirol, wo noch kein Sozialhilfe-Ausführungsgesetz erlassen wurde, weichen die Sätze von den restlichen Ländern mit Sozialhilfe ab (bei den Paaren rund 1.814 Euro Mindestsicherung statt rund 1.693 Euro Sozialhilfe).

Für Kinder gibt es zusätzliche Geldleistungen. Diese können die Länder frei bestimmen, da der Verfassungsgerichtshof im Dezember 2019 die im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz festgelegten degressiv gestaffelten Höchstsätze für Minderjährige aufgehoben hat.

Die durchschnittliche Leistungshöhe betrug laut Sozialministerium im Jahr 2023 pro Monat 802 Euro pro Bedarfsgemeinschaft (diese bezeichnen die Bezugsberechtigten und kann aus einer oder mehreren Personen, z.B. bei einem gemeinsamen Haushalt, bestehen). Am höchsten war die Leistung in Vorarlberg (921 Euro), am niedrigsten im Burgenland (671 Euro), in der Bundeshauptstadt Wien mit 805 Euro im Durchschnitt der Länder.

Wie hoch sind die Kinderzuschläge?

Für Kinder gelten je nach Bundesland unterschiedliche Regelungen. Im Grundgesetz waren ursprünglich Höchstsätze für Kinder vorgesehen - und zwar, dass für das dritte und jedes weitere Kind nur mehr 5 Prozent des Ausgleichszulagenrichtsatzes an Sozialhilfe gewährt wird. Diese Regelung wurde im Dezember 2019 vom Verfassungsgerichtshof gekippt, da diese als Schlechterstellung von Mehrkindfamilien und damit als verfassungswidrig bewertet wurde.

Die Kinderrichtsätze werden daher aktuell von den Ländern selbst festgelegt, es gibt keine Vorgabe des Bundes mehr. Eine gleich hohe Geldleistung für jedes Kind gibt es im Burgenland, in Kärnten, Salzburg und Wien. In den anderen Bundesländern werden die Leistungen mit zunehmender Kinderanzahl niedriger, z.B. bereits ab dem zweiten Kind in Niederösterreich und Oberösterreich bzw. ab dem dritten oder vierten Kind in Tirol bzw. Vorarlberg. In Wien beträgt der Zuschlag pro Kind aktuell 326,44 Euro und damit am höchsten, in Vorarlberg mit 232,13 Euro am niedrigsten.

Ferner können die Bundesländer für Alleinerziehende einen nach Kinderzahl gestaffelten Zuschlag gewähren. Die Zuschlagshöhe beträgt zwischen rund 145 Euro (1. Kind) und rund 36 Euro (ab dem 4. Kind) pro Monat und Kind (= Höchstsätze, Werte 2025).

Gibt es einen "Deckel" der Bezugshöhe?

Laut Sozialhilfe-Grundsatzgesetz gibt es bereits jetzt eine "Deckelung" der Geldleistung für "Bedarfsgemeinschaften", der auch abseits der Maximalbeträge für Alleinlebende und Paare gilt. Diese gilt aber nur für Erwachsene, die in Haushaltsgemeinschaften zusammenleben. Sie darf 175 Prozent des sogenannten Nettoausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinlebende nicht überschreiten - im Jahr 2025 sind das laut Sozialministerium rund 2.116 Euro. Für Familien mit Kindern gilt diese Grenze wegen des oben erwähnten Entscheids des Verfassungsgerichtshofs hingegen nicht.

Wie viele Betroffene leben von der Sozialhilfe alleine?

Nur 27 Prozent der Bedarfsgemeinschaften erhalten die Sozialhilfe in voller Höhe - und leben damit ausschließlich von dieser. Der Rest (73 Prozent) sind sogenannte "Aufstocker". Diese haben auch anderes Einkommen - etwa geringes Arbeitseinkommen, geringes Arbeitslosengeld oder geringe Notstandshilfe, Alimente, Krankengeld und anderes. Da dieses Einkommen aber auf einem Niveau ist, das nur zum Teil für die Bestreitung des Lebensunterhalts ausreicht, wird die Sozialhilfe hier ergänzend gewährt.

16,5 Prozent der Aufstocker verfügen laut Sozialministerium über ein (geringes) Arbeitseinkommen, 36,1 Prozent über Leistungen aus dem Arbeitsmarktservice. Weitere 47,4 Prozent haben sonstige angerechnete Einkünfte (Unterhalt, Pension, Kinderbetreuungsgeld oder anderes).

Wie hoch sind die Ausgaben?

Die Gesamtausgaben für die Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung betragen nur einen Bruchteil des Bruttoinlandproduktes. Im Jahr 2023 wurden dafür laut Sozialministerium 1,1 Mrd. Euro aufgewendet, das entspricht 0,23 Prozent des BIP. Gemessen an allen Sozialausgaben Österreichs (146 Mrd. Euro) machen die Ausgaben für Sozialhilfe und Mindestsicherung 0,8 Prozent aus.

(APA/Red)

  • VOL.AT
  • Österreich
  • Sozialhilfe in Österreich: Wer bekommt wie viel und warum?