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SOS-Kinderdorf: Aufsichtsratschef Cernko räumt schwere Versäumnisse ein

©Screenshot ORF
Willibald Cernko spricht in der "ZiB 2" über Fehler, Vertuschungsvorwürfe und mögliche persönliche Konsequenzen.

Willibald Cernko, Aufsichtsratsvorsitzender des SOS-Kinderdorfs, hat am Freitagabend in der "ZiB 2" des ORF schwere Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen innerhalb der Organisation eingeräumt. Anlass des Interviews sind 187 dokumentierte Fälle von Gewalt und Missbrauch in Betreuungseinrichtungen des Kinderdorfs über mehr als ein Jahrzehnt hinweg.

Eingeständnisse im ORF-Interview

"Da sind schwere Fehler passiert", sagte Cernko im Gespräch mit Moderatorin Margit Laufer. "Ich bitte aber auch, uns die Chance zu geben." Er betonte, dass ein Großteil der Vorfälle vor dem Jahr 2021 liegt, ohne jedoch genaue Zeitpunkte oder interne Abläufe im Detail zu benennen. Auf die Frage, ob der Vorwurf der Vertuschung gerechtfertigt sei, antwortete Cernko: "Was man uns vorhalten kann, ist das Thema des Vertuschens – was diese Studie anlangt." Die Organisation habe Maßnahmen ergriffen, diese aber nicht öffentlich kommuniziert.

Die Begründung dafür sei Rücksicht auf die Betroffenen gewesen. "Es geht um junge Seelen, die nicht in die Öffentlichkeit gezerrt werden sollen", so Cernko.

Selbstkritik und Rückzugsüberlegungen

Cernko zeigte sich auch selbstkritisch. Die Aufgabe als Aufsichtsrat sei für ihn "möglicherweise in dieser Detailtiefe nicht gewachsen", sagte er. "Ich habe diese kleinen Zusammenhänge nicht gesehen." Auf die Frage nach einem möglichen Rücktritt antwortete Cernko, sein Mandat laufe noch bis 2026. Er wolle sich dafür einsetzen, dass der Aufsichtsrat künftig mit mehr fachlicher Expertise besetzt werde.

Externe Untersuchung unter Irmgard Griss

Zur Frage, ob die Geschäftsleitung zu spät reagiert habe, verwies Cernko auf eine laufende externe Untersuchung unter der Leitung der früheren Höchstrichterin Irmgard Griss. Diese solle unabhängig arbeiten und auch andere Standorte des SOS-Kinderdorfs prüfen. Ergebnisse seien noch nicht veröffentlicht worden.

"Einzelfälle nicht auszuschließen"

Cernko betonte, dass das SOS-Kinderdorf alles unternehme, um das Wohlergehen der aktuell betreuten Kinder zu sichern. Eine Garantie, dass es keine weiteren Einzelfälle gebe, könne man jedoch nicht geben. Er verwies auf das Engagement der rund 2.000 Mitarbeitenden, die rund 4.000 Kinder und Jugendliche betreuen. "Ja, da sind Übergriffe passiert, da sind schwere Fehler passiert, aber es gibt verdammt viele, die sich tagtäglich den Arsch aufreißen, um hier wirklich gute Arbeit zu machen."

(VOL.AT)

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